Pumpwerk
Apr 302003
 

Aus fürs Pumpwerk?

Das Kommunikationszentrum Pumpwerk im Würgegriff der Betriebswirtschaft

(hk/iz) Das Pumpwerk als Hort der subversiven Kräfte ist schon lange tot, aber das Pumpwerk als kulturelles und den BürgerInnen zur Verfügung stehendes Zentrum gibt es noch – oder doch nicht?

Die Gerüchteküche in Wilhelmshaven brodelt – das Pumpwerk steht, zumindest mit seiner jetzigen Konzeption, auf wackeligen Füßen. Hauptverantwortlich dafür soll die Politik von Aida Kleinschmidt sein, die seit ca. 10 Monaten die Geschicke der Wilhelmshavener Touristik & Freizeit GmbH lenkt. Vorher hieß die WFT ‚WPG’, davor ‚Freizeit in Wilhelmshaven’ und ganz am Anfang ‚Freizeit’. Kleinschmidts Vorgänger hießen Verena Powollik, Martin Linne und Rüdiger Kramp.
Vor einem halben Jahr führte der Gegenwind ein Gespräch mit Frau Kleinschmidt. Schon damals wurde klar, dass unter ihrer betriebswirtschaftlichen Führung so einiges, was das Pumpwerk für uns so liebenswert macht, in Zukunft nicht mehr sein wird.
Aida Kleinschmidt damals zum Gegenwind: „Kultur gibt es nicht zum Nulltarif – sie muss sich rechnen.“ Und „Das Geld fürs Pumpwerk muss ja verdient werden – und da wird es zukünftig eben auch Veranstaltungen geben, (…) die nicht ins bisherige Konzept des Pumpwerks passen.“

Was ändert sich? 

Tasso Olbertz, im Pumpwerk in erster Linie für die Musikveranstaltungen zuständig, zeichnete die Linie schon im August 2002 vor: „Veranstaltungen, die von vornherein einen Zuschussbedarf hätten, werde man sich in Zukunft nicht mehr leisten können. Das Konzept zielt deshalb auf hohe Qualität und Bekanntheitsgrad von Musikern, als Garant dafür, den Musentempel zu füllen.“ (Nach WZ vom 23.08.02)
Auf Musikveranstaltungen abseits vom Mainstream werden die Pumpwerk-BesucherInnen wohl zukünftig verzichten müssen – es sei denn, man findet einen oder mehrere Sponsoren, die einen eventuellen Verlust auf ihren Schultern tragen.
pumpwerk_1Das letztjährige Wochenende an der Jade brachte einen Vorgeschmack davon, wie das Pumpwerk sich hier einbringen wird: „In der Plastikwelt aus aufblasbaren Kulissen und Buden konnten die Kinder ihren Serienhelden nacheifern und wie ‚Action Man’ ihre Kräfte testen oder die Hüpfburg erobern. Da wurden vor laufender Kamera 50 Kinder in einen Übertragungswagen gepfercht und andere mehr oder weniger lustige Spiele veranstaltet. Zur Erfrischung gab’s Kakao vom Sponsor Nestlé und für den Kommerzkanal (Super RTL) ein gutes Image. (…) Vom alten Charme blieben nur der renovierte Peter-Lustig-Wagen von Pumpwerk-Hausmeister Kalli Gerdes und die erstmals angebotene Bastelwerkstatt ‚Schiff Ahoi’ von Hajo Tröger.“ (WZ vom 8. Juli 2002)
Noch prägender wird der Einschnitt im Bereich der Nutzung des Pumpwerks als Veranstaltungsort für Bürgerinitiativen, Vereine usw. sein. Das Pumpwerk ist die Geburtsstätte der Bürgerinitiative Umweltschutz, die Friedensbewegung hat hier ihre Wurzeln, viele ausländische Vereine wären ohne das Pumpwerk nicht möglich gewesen. Neben dem ausgefeilten Kulturprogramm waren es gerade diese Aktivitäten, die dem Pumpwerk weit über die Grenzen der Stadt den Ruf, ‚etwas Besonderes’ zu sein, begründeten. Diese Aktivitäten machten aus dem Pumpwerk erst ein sozio-kulturelles Zentrum. Ist es das heute noch?

Die soziokulturellen Zentren und Initiativen Niedersachsens arbeiten seit 1983 in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammen und haben sich 1985 als eingetragener Verein zusammengeschlossen. Ziel des Zusammenschlusses ist es, Erfahrungen der alltäglichen Arbeit auszutauschen, miteinander Vorhaben zu entwickeln, gemeinsame Fortbildungen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu veranstalten und die gemeinsamen Interessen nach außen zu vertreten − insbesondere gegenüber der Landespolitik und den Landesbehörden.
Förderkriterien für Projekte und Investitionen sind Innovation, die Bestandssicherung soziokultureller Arbeit, der Ausbau der soziokulturellen Infrastrukturen, Förderung der Hilfe zur Selbsthilfe und die Unterstützung von Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit in der Kulturarbeit. Die Vorhaben sollen für die weitere Entwicklung der Soziokultur im Land Niedersachsen beispielgebend sein.

Ein solches Zentrum wird das Pumpwerk wohl in Kürze nicht mehr sein. Seit dem 1. Januar gibt es die Miet- und Benutzerverordnung, nach der alle Veranstaltungen im Pumpwerk abgerechnet werden müssen. Danach kostet die Inanspruchnahme des Pumpwerks jetzt 650 Euro – zuzüglich der Reinigungskosten (etwa 100 Euro). Für Wilhelmshavener Gruppen gibt es einen Zuschuss von 50 % – doch das sind auch noch 325 Euro (wenn man die Reinigung des Gebäudes hinterher selbst organisiert)! Welche Gruppe kann sich denn so etwas leisten? Nun könnte man den Betrag ja durch Eintrittsgelder wieder reinholen – doch dann gelten wieder andere (teurere) Bedingungen. Und wer will schon Geld dafür bezahlen, um an Informationen über die Planungen zum Bau eines Superhotels am Südstrand zu kommen? Wie viele solcher Veranstaltungen finden jährlich im Pumpwerk statt? Zehn, vielleicht fünfzehn – für lumpige 4.000 oder 5.000 Euro bringt die WTF diesen Grundpfeiler des Pumpwerks zum Einstürzen?
Die Wilhelmshavener Gruppen haben, wenn die WTF ihren knallharten Kurs fortsetzt, keine Möglichkeit mehr, ihr Wissen, ihre Vorstellungen, ihre Lebensart bekannt zu machen. Die „Perspektive“, die für solche Veranstaltungen immer nur die zweite Wahl war, ist inzwischen geschlossen – nun wird es gar keine Wahl und Information mehr geben. War das vielleicht das Ziel der Leute, die Frau Kleinschmidt den harten betriebswirtschaftlichen Besen in die Hand drückten? Es gab ja schon immer eine erkleckliche Zahl von Politikern und Wirtschaftsvertretern, denen die Inhalte des Pumpwerks nicht in den Kram passten.
Wen wundert es da, dass die Mitarbeiter des Pumpwerks in den letzten Wochen und Monaten mit recht unzufriedener Miene ihren Job machen?! Ansprechbar auf dieses Thema ist momentan (?) keiner – schon gar nicht vom Gegenwind.
Natürlich ist auch das privat betriebene Metropol von den Einschnitten betroffen. Der Umsatz ist stark von den Veranstaltungen im Pumpwerk abhängig – und wenn es da im Monat nur etwas mehr als eine Hand voll Veranstaltungen gibt, wirkt sich das natürlich auf den Umsatz aus. Der Wirt mag sich derzeit nicht dazu äußern. Doch es gibt Gerüchte, dass die Leute, die auch die Stadthallengastronomie betreiben, ins Metropol geholt werden sollen.

Resümee:

pumpwerk_2Wenn die WTF das Pumpwerk weiterhin als einen abzunagenden Knochen ansieht, wird Wilhelmshaven in kürzester Zeit das durch das Pumpwerk aufgebaute Image verlieren. Hier ziehen dann nur noch die Stars durch, die man in Oldenburg, Bremen, Aurich, Leer, Meppen und Lingen auch sehen kann – das Pumpwerk als Glied einer Supermarktkette.
Oder glaubt hier jemand, dass der JadeWeserPort ein positives Image befördert? „Ey – geil- da gibt es einen Containerhafen“?
Die Stadt sollte das wenige, was sie an positiven Zeichen in die Welt senden kann, pflegen und behüten – das Pumpwerk-Team sollte sie vom Hausmeister bis zur Leitung mit Gold aufwiegen und gegen alle Angriffe der WTF schützen. Wenn diese Leute, die mit ihrem Herzen und ihrem Verstand etwas Einmaliges aufgebaut haben, aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu Kartenknipsern degradiert werden, wird Wilhelmshaven endgültig wieder die hässliche Garnisonsstadt, in der es außer einem beeindruckenden Walpenis und einem kanonenbestückten Spielplatz nichts Erwähnenswertes gibt.

Ist ja ihr Job!

Diesen Satz hört man oft, wenn es um die Aufgaben der Frau Kleinschmidt geht. Doch der Job einer Geschäftsführerin der WTF kann es nicht sein, alles durch eine betriebswirtschaftliche Brille anzusehen und zu behandeln. Frau Kleinschmidt ist hier nicht verwurzelt, sie hat vielleicht in 5 Jahren, wenn das Pumpwerk „erfolgreich“ tot saniert ist, einen anderen hoch dotierten Job in einer anderen Stadt. Das Pumpwerk muss, auch wenn es schon heute viel von seinem ehemaligen Charme verloren hat, vor dieser kommerziellen Sicht geschützt werden. In einem Kommentar schrieben wir in unserer Ausgabe vom November 2002: Dem Pumpwerk ist es zu verdanken, dass unsere Stadt weit über die regionalen Grenzen, sogar weit über nationale Grenzen einen Namen hat. Das Pumpwerk ist mehr wert als ein Dutzend millionenschwerer Imageförderprogramme – das Pumpwerk bestimmt in vielen Bereichen das Image unserer Stadt!
Die Umsetzung der politischen Vorgaben obliegt der WPG und damit Aida Kleinschmidt. Von ihr erwarten wir, dass sie mit dem Pumpwerk anders umgeht, als wäre es irgendein betriebswirtschaftlich bewertbares Objekt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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