Zu früh gefreut
Ordnungsbehörden untersagen Demonstrationen gegen den Irak-Krieg
(iz) In der letzten Ausgabe berichteten wir zwar erfreut, aber mit einigem Misstrauen über das ungewohnt freundliche Verhalten der Polizei bei der ersten hiesigen Demonstration gegen den Irak-Krieg. Unser Misstrauen erwies sich leider als begründet.
Spontan, nicht abgesprochen, nicht angemeldet, hatten sich am Abend des 20. März etwa 200 Menschen zu einer Demonstration durch die Innenstadt in Bewegung gesetzt. Auf dem Rückweg nutzten sie die Fahrbahn der Peterstraße, ohne dass die erst spät dazugekommenen Polizisten sich einmischten. Sie sicherten einzig die letzten beiden Kreuzungen, die der Demonstrationszug überquerte.
Doch schon bei der zweiten Demo eine Woche später kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Beamten, wobei letztere nach Aussage von teilnehmenden BürgerInnen unangemessen reagiert haben sollen.
Nach diesen Erfahrungen wiesen bei der nächsten Kundgebung die Moderatoren der Redebeiträge (konkrete Veranstalter gibt es hier nicht – bei einem solchen Anlass ist das wohl nicht erforderlich) ausdrücklich darauf hin, dass anschließend kein Demonstrationszug mehr stattfinden sollte. Zwischenzeitlich hatten einige der Redner Anrufe vom Staatsschutz erhalten. Eine Woche später zitierten sie aus den Auflagen, die sie von den Ordnungsbehörden erhalten hatten. Unter anderem wurde vorgeschrieben, dass die Teilnehmer sich nach Abschluss der Kundgebung einzeln – und nicht als geschlossene Gruppe – vom Platz zu entfernen hätten.
Das friedlich-konstruktive Verhalten der Polizei beim ersten Mal hatte also wenig damit zu tun, dass die Missfallensbekundungen der BürgerInnen sich ausnahmsweise mal nicht gegen die Bundesregierung richteten. Und noch weniger damit, dass hierzulande plötzlich eine wirkliche Demokratie mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausgebrochen wäre. Folgender Eindruck drängt sich auf: Wider Erwarten war die Polizei wohl doch einigermaßen von der ersten Spontandemo überrascht worden, und vielleicht empfanden die Beamten unter dem damals noch taufrischen Schock des Kriegsausbruchs so etwas wie Solidarität. Und als dann der Krieg zur Routine wurde, entsann man sich wieder seiner Pflicht, die BürgerInnen in die Schranken zu weisen.
Auch bei vielen TeilnehmerInnen schien die Betroffenheit im Laufe des Krieges abzustumpfen. Als Bagdad eingenommen und damit nach offiziellen Verlautbarungen der Krieg vorbei war, fanden sich (nachdem es zu Kriegsbeginn 400 gewesen waren) gerade noch 30 Menschen zusammen. Diese beschlossen allerdings, die regelmäßige Versammlung (donnerstags um 18 Uhr auf der „Rambla“ zwischen Karstadt und Nordseepassage) bis auf Weiteres fortzusetzen. Denn es ist noch lange nicht alles vorbei: Für die Menschen im Irak und ihr Land wird der Krieg mit seinen verheerenden Folgen noch auf unbestimmte Zeit präsent sein und den Alltag bestimmen. Und der Rest der Welt muss weiterhin – kritisch, zornig, ängstlich – die imperialistische Politik eines George Walker Bush und seiner Vasallen beobachten, die jetzt schon darum pokern, welcher „Schurkenstaat“ als nächstes in Grund und Boden gebombt wird.
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