Eindrücke eines Zaungastes
Seit Wochen tobt im Rathaus ein Machtkampf zwischen der SPD- und der Jamaika-Fraktion. Zugespitzt hat sich die Auseinandersetzung auf die zukünftige Funktion des obersten Wilhelmshavener „Wirtschaftsförderers“ Wolfgang Frank. Vordergründig geht es dabei um juristische Spezialitäten, die der Landtagsabgeordnete Dr. Uwe Biester (CDU) angerichtet hat. Dahinter lugt jedoch ein Interessenkonflikt zwischen der schwarz-gelben Landesregierung und der bedrohten SPD-Dominanz in den Amtsstuben und Gremien unserer Stadt hervor.
Herr Frank erscheint dabei als Speerspitze der SPD, der die Kreise der Landesregierung stört.
Als Zaungast gewinnt man den Eindruck, dass es im Drehbuch dieser öffentlichen Aufführung um die Priorität bei der Ansiedlung von hafenbezogenen Betrieben im Rahmen des jüngst genehmigten – jedoch noch nicht juristisch abgesegneten – JadeWeserPorts geht:
Bekannt ist, dass die Stadt – bzw. deren Stadtwerke GmbH – 100 Hektar des südlichen Teils des Voslapper Grodens aufgekauft hat, um ihn als hafenaffine Gewerbefläche zu vermarkten.
Die Landesregierung hat aber im Falle der Realisierung des JadeWeserPorts über das eigentliche Terminalgelände und die Verkehrs-Anschlussflächen hinaus gleichfalls noch ca. 172 Hektar an Freiflächen auf dem gegebenenfalls aufzuspülenden Hafengroden anzubieten. Und sie ist der Ansicht, dass zunächst ihr Hafengroden voll ausgebucht sein muss, bevor die Stadt mit der Vermarktung des südlichen Teils des Voslapper Grodens beginnt.
Dagegen scheint sich der Geschäftsführer der Stadtwerke Holding Wolfgang Frank mit der geschwächten SPD im Rücken verzweifelt zu wehren – schließlich muss der 8 Mio. € schwere Geländekauf im Voslapper Groden gerechtfertigt und die Story von der Clusterwirkung des JWP mit Initialzündung für die Nachfrage nach hafenbezogener Gewerbefläche weiter durchgehalten werden.
Diesbezügliche Nachrichten fallen aber immer bescheidener aus:
Die Umschlagfirma Eurogate, die den Terminal-Betreibervertrag in der Tasche hat, spricht nur noch von 1.000 zusätzlichen Arbeitplätzen außerhalb des Terminals, wobei nicht mal die Arbeitsplätze im Tertiärbereich wie Malerarbeiten und Catering ausgelassen werden (s. Gegenwind Nr. 223).
Auch das jüngste Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) beschreibt die schlechte Aussicht Wilhelmshavens, dass durch die Verwirklichung des JWP zwangsläufig neue Wertschöpfungsketten entstünden. Diese Offenbarung sucht sie anschließend jedoch mit der Aufforderung an die Jade-Weser-Region, die Ärmel aufzukrempeln, notdürftig zu übertünchen (s. Gegenwind Nr. 225).
Von berufener Seite kommen also immer eindeutigere Bestätigungen dafür, dass die Ansiedlungsbemühungen von JWP-orientierten Betrieben ein sehr mühsames und langwieriges Geschäft ohne Erfolgsgarantie werden dürften.
Bei gleichzeitiger Vermarktung des Hafengrodens durch das Land und des Voslapper Grodens durch die Stadt könnte nicht nur ein – den Kaufpreis drückendes – Überangebot entstehen; es müssten darüber hinaus doppelte infrastrukturelle Vorleistungen erbracht werden. Von Amortisierung des Landkaufs oder gar Gewinnausschüttung für die Stadt kann unter solchen Bedingungen keine Rede sein. Vorzeitig Geld in die Infrastruktur des Voslapper Grodens zu stecken, hieße, mit der Wurst nach dem Schinken zu schmeißen. Übrigens sollte man nicht vergessen, dass der Voslapper Groden Süd ein bei der EU registriertes Naturschutzgebiet ist, das nur bei Bedarfsnachweis gegen kostspielige Kompensationsmaßnahmen umgewidmet werden kann. Es läge also nahe, dass man im Falle der Realisierung des JWP den Südteil des Voslapper Grodens erst mal außen vor lässt und sich zunächst mal anschaut, wie sich der Grundstücksverkauf auf dem JWP-Hafengroden entwickelt. Ein solches Moratorium böte den hiesigen Hafenprotagonisten zudem die Chance, die Fehlinvestitionen in ein fiktives Hafengewerbegebiet Voslapper Groden Süd bei mangelndem Bedarf allmählich in Vergessenheit geraten zu lassen. (jm)
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