Verkehrserziehung
Sep 231991
 

Knattertown

Oberverwaltungsgericht gibt Eigenheimbesitzern recht

(ub) „Viel Lärm von einem und um ein anachronistisches Vehikel, das schon längst im Verkehrsmuseum stehen müßte“, so bezeichnete ein Anlieger die Auseinandersetzung um den Mofa-Übungsplatz neben der Terrasse seines neugebauten Einfamilienhauses.

Mit einem Verbot der Durchführung von Mofa-Kursen beendete das Oberverwaltungsgericht Lüneburg vorläufig einen vehement geführten Streit zwischen Eigenheimbesitzern am Wohnweg „Im Ried“ und der Wilhelmshavener Verkehrswacht.
Ein vom Bauordnungsamt in Auftrag gegebenes Lärmgutachten unterstrich letztendlich die Argumente der beschwerdeführenden Anlieger des umstrittenen Objekts. Demnach verursachen die dort zu Verkehrsübungszwecken eingesetzten Mofas eine nicht zumutbare Lärmbelästigung.

Zeichnung: Erwin Fiege

Zeichnung: Erwin Fiege

Die juristische Odyssee der lärmgeplagten „Im Ried“-Anwohner begann schon bald nach dem Kauf der Grundstücke. Während der Verkaufsverhandlungen konnte das Liegenschaftsamt der Stadt die Kaufinteressenten noch beruhigen: Die von der Verkehrswacht betriebene Anlage sei lediglich ein Schulverkehrsgarten. Schulverkehrsgarten – wer denkt da nicht an vergnügte Schulkinder, die per Kettcar und Fahrrad ihre Runden drehen und an freundlich lächelnde Polizisten, die bunte Ampeln erklären und auf die Gefahren des Verkehrsalltages hinweisen.

Umso entsetzter reagierten die neuen Eigenheimbesitzer, als mit den ersten warmen Frühlingstagen plötzlich die schon ausgestorben geglaubten knatternden Ungetüme den Verkehrsgarten beackerten. Eine flugs beim Ordnungsamt eingereichte Beschwerde zeigte wenig Erfolg. Der Leiter des Ordnungsamtes der Stadt – seinerzeit pikanterweise auch Geschäftsführer der Verkehrswacht – erklärte sich für nicht zuständig und verwies die knatternde Angelegenheit an das Bauordnungsamt, welches prompt reagierte: Es erließ eine Nutzungsänderung für den Verkehrsgarten und legalisierte damit nachträglich den Betrieb der lärmenden Vehikel.

Zwar veranstaltet die Verkehrswacht schon seit Jahren in diesem Verkehrsgarten Kurse für Jugendliche, damit diese ihr motorisiertes Fahrzeug sicher durch den Verkehr lenken, allerdings ohne die für  das Betreiben einer solchen Anlage zuständigen städtischen Stellen darüber in Kenntnis gesetzt zu haben.
Folglich unterblieben bauliche Lärmschutzmaßnahmen sowie die Unterrichtung der am Kauf der benachbarten Grundstücke interessierten Bürger.

Durch die oben erwähnte nachträglich erlassene Nutzungsänderung des Bauordnungsamtes wurde die Nutzungszeit der von der Verkehrswacht betriebenen Anlage auf den Nachmittag festgelegt; gleichzeitig wurde die Nutzungsdauer gegenüber der bisherigen Praxis verdoppelt. Weiter verfügte das Amt eine räumliche Eingrenzung der Nutzung: Jetzt waren nur noch die Grundstücke der Hauptbeschwerdeführer vom Lärm der Mofas betroffen!

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hob jetzt in seiner Entscheidung hervor, daß hier schutzwürdige Interessen der Anlieger verletzt werden und ermahnte die Verkehrswacht zur nachbarschaftlichen Rücksicht.

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