So ein Spielverderber
oder: Gedanken eines WZ-Redakteurs beim Schreiben eines Kommentars
Zum Kommentar „Schaden angerichtet“ von Jürgen Westerhoff in der WZ vom 20.5.95
(noa) Kaum in Wilhelmshaven angekommen, verläßt Thomas Bockelmann das Theater schon wieder, statt zu warten, bis unsere einzige Tageszeitung auch seine Arbeit vernichtend kritisiert. Das setzt die WZ unter Zugzwang.
Also wirklich! Wir waren ja ehrlich sehr froh, daß Immelmann endlich gegangen ist. Den Dreh, nach jahrelangen Beschimpfungen zu einem zivilisierten Ton in den Theaterkritiken zu finden, hätten wir nicht mehr gekriegt.
Und als dann Bockelmann kam, haben wir uns erst mal erholt, haben die Kugelschreiber entgiftet. Wir waren noch so weit über der Gürtellinie – stimmt doch, oder? Wir waren doch immer lieb zu ihm!
‚Und da fällt es dem Bockelmann ein, „sich bereits während der Anfangsphase eines neuen Arbeitsvertrages bei erstbester Gelegenheit am nächstbesten größeren Haus zu bewerben“! Wir sind gekränkt! Es bringt uns aus dem Tritt. Wie kriegen wir jetzt den Dreh von Lob und Streicheleinheiten zum Giftspritzen?
Vielleicht könnte man die Tatsache, daß „in seiner ersten Saison mit 78.221 Zuschauern weniger Besucher als in der letzten Immelmann-Spielzeit ins Theater kamen“, so rüberbringen, daß die WZ-Leser nicht gleich merken, daß wir es versäumt haben, ihm das beizeiten aufs Butterbrot zu schmieren? Soll ja auch keiner auf die Idee kommen, wir wollten Immelmann jetzt auf einmal loben! Au ja, so machen wir’s: Wir halten ihm vor, daß wir ihm das aus Nettigkeit „nicht zum Vorwurf gemacht“ haben, und erwähnen „den beachtlichen Sympathie-Kredit, mit dem er hier empfangen worden war.“
Könnten wir in diesem Zusammenhang seine Arbeit nicht auch rückwirkend kritisieren? Irgendwie sowas wie: So gut ist er ja gar nicht, wir haben’s nur nicht gesagt … ? Ja, so klingt das gut: „Seine eigenen Regiearbeiten waren ordentlich bis gut (drei plus), andere Inszenierungen gerieten nicht sonderlich (vier minus), richtige Highlights fehlten. Intendantenschelte gab es dennoch nicht.“
Die richtige Kritik so in der Güte der Immelmann-Niedermache muß ich auch schon anbahnen; jetzt muß ja alles schneller gehen als sonst. Genau, so mach‘ ich’s: „.nachvollziehbar … , daß die Ankündigung des Intendanten, er werde sich in der kommenden Spielzeit trotz der Wahl in Münster uneingeschränkt für die Landesbühne einsetzen, mit großer Skepsis zur Kenntnis genommen wird. Selbstverständlich wird Bockelmann nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem. Kopf bei seiner neuen Aufgabe sein.“ Na warte, Bürschchen! Einfach zu gehen, bevor wir das beschlossen haben!
Sorry, the comment form is closed at this time.