Friedenstraße
Dez 062000
 

...und kein Ende

Ausgerechnet die Friedenstraße sorgt seit Jahren für Unfrieden

(noa) Nach längerer Ruhe um die Frage des Durchbaus der Friedenstraße ist das Thema seit einigen Wochen wieder aktuell. Dafür sorgen in einer Art großer Koalition Karl-Heinz Föhlinger (SPD) und Hans-Peter Molitor (CDU) plus sechs Bürgervereine.

Bislang verläuft die Friedenstraße von der Freiligrath- bis zur Friedrich-Paffrath-Straße, und sie wird vergleichsweise wenig genutzt. In den 60er Jahren wurde die Trasse Friedenstraße als Autobahnzubringer zwischen Friesendamm und Autobahn konzipiert; die Autobahn wurde dann anders gebaut, und die Pläne lagen auf Eis. Zwischenzeitlich wurde der Durchbau bis zur Landesstraße 810 geplant. Sollte sie jemals tatsächlich wie geplant gebaut werden, würde sie auf der anderen Seite der Friedrich-Paffrath-Straße zwischen Wiesenhof und Neuende weiterführen und die verlängerte Peterstraße kurz vor dem neuen Kreisverkehr im Neubaugebiet erreichen.
Der Bauausschuss hat in seiner September-Sitzung ein einstimmiges Votum für die Übernahme der im Flächennutzungsplan enthaltenen Trasse im Bereich der Wohnstadt West in die Bebauungspläne abgegeben, aber empfohlen, den Bereich zwischen diesem neuen Stadtteil und der Friedrich-Paffrath-Straße zunächst auszusparen. Würde dem entsprochen, hätten wir in Wilhelmshaven zwei Straßen mit demselben Namen, da der Zusammenhang zwischen der bisherigen und der dann neuen Friedenstraße nicht zu sehen wäre. Allerdings haben wir etwas Ähnliches an anderer Stelle schon: Auch die Brommystraße ist zwischen Mühlenweg und Kirchreihe durch das Brommygrün unterbrochen und treibt ortsunkundige Menschen, besonders solche, die mit dem Auto unterwegs sind, schier zur Verzweiflung. So wäre es dann auch mit der Friedenstraße.
Stadtbaurat Kottek findet den kompletten Durchbau der Friedenstraße nur dann sinnvoll, wenn im Bereich Sportforum erheblich mehr los sein wird als bisher. Demgegenüber wollen die Befürworter den Durchbau auf jeden Fall – und offenbar auch um (fast) jeden Preis. Um den Preis etwas seltsamer Argumente jedenfalls:
Zunächst mal hat Hans-Peter Molitor sein „Erstaunen“ darüber geäußert, dass die Durchbau-Gegner schon am 10. September auf ein Schreiben reagieren konnten, das „nachweislich“(!) erst einen Tag später verteilt wurde. Sollten die Gegner ein U-Boot in die Befürworter-Reihen geschmuggelt haben? Denen ist ja alles zuzutrauen: Als „kleine Gruppe“ machen sie „ein Theater“. Sie haben doch beim Kauf ihres Hauses bzw. Grundstückes gewusst, dass da eine Straße geplant ist, also dürfen sie jetzt nicht dagegen sein. „Dieser Protest ist einfach nicht in Ordnung.“ 6000 Menschen würden durch den Durchbau entlastet, aber die Bürgerinitiative gegen den Durchbau habe nur 30 Mitglieder. („WZ“ v. 28.9.2000)
Das Argument, die durch den Durchbau Betroffenen hätten es vorher gewusst und dürften deshalb jetzt nicht dagegen sein, ist etwa genauso schlau wie das (von niemandem eingebrachte, sondern nur zu Vergleichszwecken von der Verfasserin erdachte) Argument, die Bewohner der Wohnstadt West seien in ein unerschlossenes Gebiet gezogen, also dürften sie jetzt keinen bequemen Weg nach Hause fordern.
Naja, bis zur Ratssitzung Mitte Oktober haben die nur 30 Gegner immerhin mehr als 1000 Unterschriften gesammelt und dem Oberbürgermeister übergeben (vgl. „WZ“ v. 18.10.2000), und der Rat folgte an diesem Tag dem Beschlussvorschlag des Bauausschusses, zunächst nur die Wohnstadt West mit einem Stück Friedenstraße zu versorgen und den Durchbau bis zur Friedrich-Paffrath-Straße erst einmal zu lassen und die tatsächliche Verkehrsentwicklung abzuwarten.
Solange die (alte) Friedenstraße an der Friedrich-Paffrath-Straße endet, ist eine Zunahme des Verkehrsaufkommens dort jedoch nicht zu erwarten. Baute man nun durch, würden vermutlich etliche Leute mehr sie nutzen, um von Heppens nach Schaar oder von Neuengroden in den Wiesenhof zu gelangen, ohne die Bismarckstraße benutzen zu müssen. (Dieses Argument haben die Durchbau-Befürworter bisher noch nicht entdeckt. Sie könnten ja sagen: Man gibt uns keine Chance.)
Die Ratsentscheidung vom Oktober wäre vermutlich auch ohne die 1000 Unterschriften so gefallen. Trotzdem gab es aus der Befürworterfront Empörung dagegen: „Solidaritätsunterschriften sollten nicht verwertet werden“, fordert Alfred Klöfer, Bewohner der (zwar inzwischen etwas beruhigten, aber immer noch rege befahrenen) Schaarreihe, in einem Leserbrief in der „WZ“ v. 25.10.2000. Ein interessantes Argument – normalerweise wird gegen Interessengruppen damit polemisiert, dass sie nur eigennützig denken und egoistische Interessen verfolgen. Hier geht Herr Klöfer einen ganz anderen Weg: Nur die eigennützigen Interessen sollen zählen, und die Meinung aller anderen, die bestimmt, obwohl nicht unmittelbar betroffen, gute Gründe gegen den Bau einer weiteren Straße haben, soll nicht gehört werden.
Noch stärkere Geschütze gegen die Unterschriften führt CDU-Molitor ins Feld: Er hat munkeln gehört, dass die im Leserbrief so genannten „Solidaritätsunterschriften“ gar „Abhängigkeitsunterschriften“ seien, und: „Die CDU will Unterschriften prüfen.“ („WZ“ v. 2.11.2000)
So weit ist das Hauen und Stechen um die Friedenstraße bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe gediehen. Angesichts der Verbissenheit, die bisher geherrscht hat, darf zuversichtlich damit gerechnet werden, dass es noch eine Weile weitergeht, auch wenn es nach dem Ratsbeschluss keinen Sinn mehr hat.

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