Faule Säcke und Superhelden
Mrz 162005
 

Gnadenlos

soll alles auf den Prüfstand, was zwecks Entlastung des städtischen Haushaltes eingespart werden könnte. Auch Personal, „unabhängig vom Ansehen der Person“.

Dieser Aufforderung des Oberbürgermeisters folgend, schlug die Verwaltung u. a. vor, den Rat von 44 auf 38 Mitglieder zu verkleinern. Das nahm der SPD-Unterbezirksvorstand persönlich: Da könne man besser „einen Sachbearbeiter oder einen Hausmeister bei der Stadt“ einsparen, erklärten der Vorsitzende Norbert Schmidt und Pressesprecher Hans Hartmann (WZ vom 28.2.05). Ratsmitglieder erhielten nur eine monatliche Aufwandsentschädigung für Fahr-, Telefon- und andere Mehrkosten, die ihnen durch die Tätigkeit entstehen (Anm. d. Red.: monatlich pauschal 250 Euro zzgl. 16 Euro pro Rats- bzw. Ausschusssitzung). Den Lebensunterhalt und die Altersversorgung müsse ein Ratsherr durch eine ganztägige berufliche Tätigkeit außerhalb der Ratstätigkeit erwirtschaften.
Ratsmitglieder sind laut SPD „für jeden Bürger leicht zugängliche Ansprechpartner, die selbst dann noch geduldig zuhören müssten, wenn Bürger gelegentlich gar unzumutbare Regelungen erwarteten“, und könnten „in den Amtsstuben schneller vorsprechen und sich informieren“. In der Praxis laufen leider nur sehr wenige Ratsmitglieder regelmäßig in den „Amtsstuben“ auf, wie unsere Nachfragen ergaben.
Der Sparvorschlag der Verwaltung beinhaltet keinerlei Bewertung der Ratsarbeit, doch die Politik reagiert beleidigt und holt zum großen Gegenschlag unterhalb der Gürtellinie aus: „Über Einsparpotentiale auch beim Stadtrat selbst nachzudenken erscheine für die Verwaltung nicht unbillig zu sein, da dann die Macht der Verwaltung steige und weniger kritische Nachfrager die Verwaltung belästigten.“
Ratsherr Tjaden (WALLI) hat nicht den Eindruck, dass Verwaltungsmitarbeiter sich durch seine regelmäßigen Nachfragen belästigt fühlen – im Gegenteil: Sie freuen sich, dass man ihre Kompetenz erkennt und nutzt, und sind in der Regel nett, hilfsbereit und geduldig. Im Übrigen sind sie, wie die Ratsmitglieder, auch Menschen, die für Lebensunterhalt und Altersversorgung arbeiten, und die eine oder der andere geht in der Freizeit einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach, für die es weder Freistellungen noch Aufwandsentschädigungen gibt.
Derzeit scheint man in großen Teilen des Rates von einem partnerschaftlichen Umgang mit der Exekutive weit entfernt zu sein. Der Personalrat wünscht sich, dass Kontakte und Kommunikation enger werden.
Hoffentlich unterbleiben dann zukünftig solche unappetitlichen Vorstöße bestimmter Parteien, die dem Bürger vermitteln, Ratsmitglieder seien Superhelden und städtische Mitarbeiter faule Säcke. (red)

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top