Entsorgungsbetriebe
Jul 141999
 

"Starker Tobak"

Die Auseinandersetzungen um die Neugestaltung der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) verdeutlichen tief sitzende Differenzen zwischen Personalräten der Stadt und der ÖTV-Führung

(ub) Die Beschlüsse des

Wilhelmshavener Stadtrates bezüglich der Neustrukturierung der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) haben die Müllwerker der Wilhelmshavener Entsorgungsbetriebe (WEB) in helle Aufregung versetzt. Sie fürchten, dass ihnen erst die Arbeit weggenommen wird und dann unvermeidlich Arbeitsplätze bei den WEB abgebaut werden. Ihr Zorn richtet sich jetzt aber gegen ihre Gewerkschaftsvertretung. Von Vertrauensbruch, gar Verrat ist die Rede.  

Bislang war das Aufgabengebiet der im Juli 1993 gegründeten Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) auf die Beseitigung bzw. Verwertung von Baurestmassen beschränkt. 76 % der Anteile waren in städtischer Hand. Die Schortenser Gesellschaft für Materialkreislauf- und Abfallwirtschaft mbH & Co. KG (GMA) hielt lediglich 24 % der Anteile. Durch die vom Rat beschlossene sogenannte Neustrukturierung der AWG fallen der privaten GMA 49 % zu. Das Aufgabengebiet der AWG wird erheblich erweitert

Zukünftige Aufgabengebiete der AWG:
  • der Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen
  • die Aufbereitung und Verwertung von Baurestmassen
  • die Erfassung und Verwertung von Pflanzenabfällen
  • die Erfassung, Aufbereitung und Verwertung von Gewerbe- und Bauabfällen…
  • die Erfassung von Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushalten, Gewerbe und Industrie
  • Reinigungs- und Unterhaltungsdienste
  • die verwertungsorientierte Einsammlung sperriger Abfälle
  • die Vorbehandlung von Restabfällen

Oberstadtdirektor Arno Schreiber verweist in einem Schreiben an den Dienststellenpersonalrat der WEB Detlef Schue darauf, dass „der Gesetzgeber Abfälle aus der alleinigen Zuständigkeit der Kommune herausdefiniert (hat). Diese, so Schreiber, sollen durch Reformierung der AWG „in einer kommunal bestimmten, privaten Gesellschaft in Wilhelmshaven gehalten werden“. In dem von der Stadt Wilhelmshaven und der GMA auf Grund der Anteilsumverteilung und Festlegung der Aufgabenbereiche der AWG zu schließenden Vertrag sehen Stadt und GMA „in der gemeinsamen Ausweitung der bisherigen Aktivitäten der AWG eine gute Grundlage, zusätzliche Arbeitsplätze in Wilhelmshaven zu schaffen…“ Auch ÖTV-Geschäftsführer Jürgen Harms verweist gegenüber dem Gegenwind darauf, dass auch nach Anteilsumverteilung die öffentliche Hand in dieser Abfallwirtschaftsgesellschaft die Mehrheit behält. Dies sei, so Harms, in vielen anderen Kommunen schon nicht mehr der Fall.
Auf Grund oben genannter Veränderungen lud Dr. Jens Graul u. a. den ÖTV-Sekretär Michael Ramke und den ÖTV-Geschäftsführer Jürgen Harms zu einem vertraulichen Gespräch ein. Harms: „Wir sind wegen der bei der AWG zu erwartenden Personalentwicklung gefragt worden, ob die ÖTV sich vorstellen kann, die tariflichen Interessen der AWG-Kollegen zu vertreten. In diesem Zusammenhang von Verrat gegenüber den ÖTV-Mitgliedern zu sprechen, ist schon starker Tobak.“
Jürgen Harms bedauert insbesondere auch die Art und Weise der Auseinandersetzung. Über einzelne Schritte der WEB-Kollegen habe er „erst aus der Presse“ erfahren. Ein für Gewerkschafter „unüblicher Umgang“, der „der gewerkschaftlichen Sache insgesamt Schaden zufüge.“ Im Jeverschen Wochenblatt vom 19. Juni 1999 sprach Harms von Anschuldigungen, die „schon unter die Gürtellinie (gehen)“, und drohte entsprechende Folgen an.

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