Arbeitsamt
Nov 292001
 

Geld gut angelegt?

Arbeitsamt fördert die Arbeitslosigkeit mit Maßnahmen zu ihrer Senkung

(noa) „Arbeitsamt setzt jetzt auf maßgeschneiderte Lösungen“. Dies war die wohl interessanteste Aussage des Wilhelmshavener Arbeitsamtes auf seiner alljährlichen Pressekonferenz im Februar 2001. Von den 31 Millionen DM, die für das laufende Jahr für die berufliche Weiterbildung von Arbeitslosen vorgesehen waren, ist sicher ein großer Teil sehr sinnvoll ausgegeben worden. Anrufe von GEGENWIND-Lesern deuten jedoch darauf hin, dass ein Teil auch „in den Sand gesetzt“ wurde.

Viermonatige Lehrgänge zur beruflichen Weiterbildung und Wiedereingliederung von Arbeitslosen, die schon eine Ausbildung in einem handwerklichen Beruf absolviert haben, werden im Auftrag des Arbeitsamtes vom Institut Freund durchgeführt. Die TeilnehmerInnen bekommen Überbrückungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Der Lehrgang beginnt mit einem vierwöchigen Block, in dem theoretischer Unterricht stattfindet. Danach wird der Hauptanteil der Zeit in Betriebspraktika investiert. Die ca. 20 TeilnehmerInnen haben in zwei Betrieben je sechs Wochen Gelegenheit, sich von ihrer besten Seite zu zeigen und den Arbeitgeber von sich zu überzeugen. Jedenfalls soll es der Sinn der Maßnahme sein, dass ein Praktikum in eine Festanstellung mündet. Bei knapp der Hälfte der TeilnehmerInnen des letzten derartigen Kurses hat das auch geklappt. Doch andere wurden mit viel Lob und mit Versprechungen, es sehe gut aus, bei der Stange gehalten, um am Ende zu erfahren, dass es gar keine freien Arbeitsplätze gibt.
„Die Firmen nutzen die Gelegenheit, Gratisarbeitskräfte zu bekommen. Die erste Frage in meinem ersten Praktikum war, ob dem Betrieb irgendwelche Kosten, etwa für Versicherungen, entstehen“, so ein frustrierter Teilnehmer gegenüber dem GEGENWIND. In seinem zweiten Betrieb war ihm schon schnell klar, dass auch hier kein fester Arbeitsplatz herauskommen würde, doch er durfte sich dann keinen anderen Praktikumsplatz für die restliche Zeit suchen – Verträge zwischen den Betrieben, dem Institut und den Maßnahmeteilnehmern legen die Praktikumsdauer von sechs Wochen fest.
Selbst wenn jemand schon nach weniger als sechs Wochen einen Arbeitsvertrag in seinem Praktikumsbetrieb bekommen könnte, ist er durch seinen Vertrag gebunden. Entweder das Institut als Maßnahmeträger oder das Arbeitsamt wirken auf den Arbeitgeber ein, die vorgesehene Praktikumszeit einzuhalten. Dass der Maßnahmeträger kein Interesse daran hat, einen Teilnehmer vor Ablauf des Kurses in eine Festanstellung gehen zu lassen, ist verständlich: Institute, die im Auftrag des Arbeitsamtes solche Maßnahmen durchführen, werden pro Teilnehmer bezahlt (im Fall der Maßnahme, von der hier die Rede ist, 2.500 DM pro Monat und Teilnehmer), und jeder, der vorzeitig aufhört, schmälert die Einnahmen, während die Kosten für das Institut unabhängig von der Teilnehmerzahl bestehen bleiben.
Dass auch das Arbeitsamt den schnellen Erfolg einer solchen Maßnahme selber verhindert, ist weniger verständlich. Es scheint so, als fördere es mit seinen Bemühungen zur Senkung der Arbeitslosigkeit diese eher – der Eindruck, dass Betriebe, die jederzeit ausgebildete Kräfte beschäftigen können, ohne Lohn zahlen zu müssen, bald lernen, keine Mitarbeiter einzustellen, sondern eben Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen, drängt sich auf.
Maßgeschneiderte Lösungen – vordergründig sieht ein Kursus mit betreuten Praktika vielleicht so aus. Doch in einer berufsgemischten Gruppe von 20 Leuten kann in 300 Stunden Theorieunterricht kein Training in berufsspezifischen Kenntnissen – wie im Abschluss-Zertifikat bescheinigt wird – stattfinden; es war stattdessen ein wenig Hauptschulstoff in Mathe und Deutsch, der da wiederholt wurde.
Ein Witz ist jedoch die Bescheinigung eines „Internet-Führerscheins“ im Zertifikat – wenn es beim Institut Freund einen Computer mit Internet-Anschluss gibt, dann steht er nicht in einem Schulungsraum!

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