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Mai 211990
 

Ihr EVU informiert
(nicht)

gw106_grüneWährend uns unsere Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Hochglanzbroschüren weismachen wollen, Atomstrom sei billig, umweltfreundlich und unverzichtbar, endete die erste unpolitische Preisberechnung der Welt in der nuklearen Pleite. Beim Versuch, die EVUs zu privatisieren, blieb Frau Thatcher auf sämtlichen englischen Atomkraftwerken sitzen.
Bis März 1990 war der Central Electricity Generating Board (CEGB) der einzige Stromerzeuger in England. 12 regionale Gesellschaften besorgten die Verteilung. Die 12 Verteilergesellschaften werden im Herbst 1990, die CEBG im Frühjahr ’91 zum Verkauf angeboten. Die 16 Kernkraftwerke, die knapp 20 Prozent des Stroms auf der Insel erzeugen, haben sich als unverkäuflich erwiesen und verbleiben im Besitz des Staates.gw93_grün
Ursprünglich hatte die Regierung die Absicht, auch das atomare Erbe loszuwerden. Die Kernkraftwerke sollten ebenfalls in den privaten Sektor abgeschoben werden. Aber je länger sich die Geldleute der Londoner City, welche die Aktien unterbringen sollten, in die Kalkulation vertieften und je länger sie rechneten , um so weniger gefiel ihnen , was sie entdeckten . Das Staatsunternehmen konnte zwar optimistische Annahmen machen über die Lebenszeit der Atommeiler, die Kosten für die Wiederaufarbeitung der Brennstäbe, die Entsorgung des atomaren Abfalls und den Abriß der Reaktoren. Aber die Bankiers kalkulierten sehr viel vorsichtiger. Sie fühlten keine Verantwortung für eine übergeordnete öffentliche Atompolitik.
Plötzlich wurden Berechnungen herumgereicht, wonach Atomstrom doppelt, ja dreimal so teuer sei wie elektrische Energie aus Kohlekraftwerken. Das hörte sich ganz anders an als frühere unbelegte Versicherungen, Atomstrom sei „wettbewerbsfähig“. Auch von gewaltigen Summen für den Abriß der Reaktoren ist nun die Rede.
Die in die Enge getriebene Regierung machte nach und nach immer mehr Konzessionen. Schließlich war der gesamte nukleare Komplex aus dem Verkaufsangebot entfernt und zwar einschließlich eines Kraftwerks (Sizewell B), das sich im Bau befindet und zum ersten Mal einen Druckwasserreaktor als Energiequelle hat. Das Argument, Atomstrom sei wettbewerbsfähig, ist begraben und damit höchstwahrscheinlich auch das britische Atomenergieprogramm. (nach: Die Zeit 18/90)

Grüner VW-Boß?

Daniel Goeudevert ist Mitglied des VW-Vorstandes. Während aber der Autoindustrie sonst wenig einfällt als mehr PS , neue Metalliclackierungen, mehr Straßen, äußert er öffentlich grünes Gedankengut. Wir zitieren wörtlich aus einem Vortrag in Wolfsburg:
„Unser Straßenverkehrssystem weist Schäden auf wie ein kranker Mensch. Gefäßverengungen verursachen Kreislaufstörungen . Das Versagen des Kreislaufsystems bedeutet den Tod für den menschlichen Organismus. Versagt der Verkehr, kollabiert die Industriegesellschaft.
… Verkehrsplaner, aber auch die Autoindustrie , unterliegen linearem Wachstumsdenken. Die Bahn, so scheint es, ist Opfer dieses linearen Wachstumsdenkens. Heute ist das Straßennetz in der BRD 17mal so lang wie das Streckennetz der Bahn , 80 Prozent der Menschen, die sich von einem Ort zum anderen begeben, benutzen das Auto. Die öffentlichen Verkehrsmittel im Nahverkehrsbereich werden von 12 Prozent in Anspruch genommen . Der Transport von Gütern findet zu 52 Prozent auf der Straße, zu 23 Prozent auf der Schiene statt. …
Frédéric Vester sagt, wir stünden vor der Tatsache, daß viele der auf Kurzzeitprofit angelegten technischen Entwicklungen und die damit verbundenen Eingriffe in die Umwelt zunächst für diese Umwelt, dann für die Lebensqualität ihrer Bewohner und im Endeffekt zunehmend auch wirtschaftlich höchst problematisch wurden, sei es der bewußte Kahlschlag lebenswichtiger Ökosysteme zur noch rascheren Rohstoffausbeutung oder der unbewußte Kahlschlag durch Abgase, Wildverbiß und Bachbegradigungsprogramme. Diesen Beispielen ist auch unser Straßenverkehrssystem zu zuordnen. …
Die dringende Notwendigkeit, unser jetziges Verkehrssystem in ein ökologisches umzuwandeln, erfordert wesentlich mehr Öffentlichkeit. Das Umweltbewußtsein in der Bevölkerung ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. …
Was fehlt, sind gezielte Informationen über Möglichkeiten und die Vorteile neuer umweltschonender Verkehrsmittel. … Das ökologische Verkehrssystem benötigt in unserer Gesellschaft einen Interessenvertreter, einen Anwalt, der glaubhaft die Notwendigkeit einer Restrukturierung vertritt.“

viSdP: B. Richter, WHV

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