Vergangenheitsbewältigung
Projekt „Zwangsarbeiterbaracke“ soll Geschichtsbewußtsein fördern
(iz/hk) Steigender Fremdenhaß und Nationalismus der letzten Jahre auch in Wilhelmshaven machen deutlich, daß die schwarzbraune Vergangenheit der Jadestadt noch längst nicht ausreichend verarbeitet wurde. Der Historische Arbeitskreis des DGB Wilhelmshaven hat dem Kulturausschuß ein Konzept für ein längst überfälliges Informations- und Dokumentationszentrum für die Greuel des Nationalsozialismus in unserer Stadt vorgelegt.
Daß Wilhelmshaven im Dritten Reich von Außenstellen einiger Konzentrationslager und anderen Gefangeneneinrichtungen übersät war, weiß heute kaum noch jemand. Doch diese Lager gab es zu Dutzenden, wie in verschiedenen Publikationen des Historischen Arbeitskreises belegt wird. Die Außenstelle des KZ Neuengamme am Alten Banter Weg wurde vor einigen Jahren als Gedenkstätte hergerichtet – fast alle anderen Spuren der faschistischen Zwangsherrschaft wurden vernichtet oder so genutzt, daß der Zusammenhang zur ehemaligen Funktion nicht mehr herstellbar ist.
Eine originale und verhältnismäßig gut erhaltene Baracke des ehemaligen Lagers „Schwarzer Weg“ befindet sich auf dem heutigen Gelände des Wilhelmshavener Tennis- und Hockey-Clubs (WTHC) am Ölhafendamm. In seinem Konzept stellt Hartmut Büsing für den Historischen Arbeitskreis dar, weshalb dieser Standort für eine Gedenkstätte mit Dokumentationshaus besonders gut geeignet ist.
Die bislang in Wilhelmshaven existierenden Gedenkstätten sind Uneingeweihten, nicht Ortskundigen kaum zugänglich bzw. bekannt. Dies sind z.B. das Denkmal auf dem Aldenburger Friedhof, der Synagogenplatz, die Gedenktafel an der ehemaligen Jahnhalle an der Weserstraße – heute Kammgarnspinnerei Müller und Raschig -, wo nach der „Reichskristallnacht“ Juden zum Abtransport nach Sachsenhausen zusammengetrieben wurden, der Wilhelm-Krökel-Platz im Banter Werftviertel (s.a. GEGENWIND 110, „Lebendige Geschichte“), oder das ehemalige Außenlager des KZ Neuengamme am Alten Banter Weg. Die WTHC-Baracke liegt hinsichtlich der Planungen für eine zentrale Gedenk- und Dokumentationsstätte, eingebettet in Wohnviertel und Vereinsbereich, äußerst günstig.
Hinzu kommt, daß der WTHC einer Erhaltung des historischen Gebäudes mit entsprechender Nutzung nicht nur positiv gegenübersteht, sondern sich auch seinerseits diesbezüglich an den Rat und die befassten Institutionen gewandt hat. Allerdings sind „behutsame Übereinkünfte“ hinsichtlich der Doppelnutzung für freizeitbezogene sportliche Zwecke und sensibler historischer Arbeit erforderlich.
Die inhaltliche Federführung kann und soll beim Küstenmuseum liegen (dort befinden sich verschiedene Ausstellungsstücke über die Vorgänge im KZ Wilhelmshaven). Die konkrete, praktische Arbeit soll dem Berufsförderungswerk des DGB übertragen werden. Weiterhin sollen lokale und internationale Gruppen der Jugend- und Erwachsenenbildung in die Sicherungs-, Aufbau-, Erhaltungs- und Ausbauarbeiten einbezogen werden. Dies ist ein wichtiges didaktisches Element der Gedenkstättenarbeit im Sinne von „learning by doing“.
Schließlich ist mit tatkräftiger Unterstützung der Stadt zu rechnen, wie schon bei anderen Projekten vorbildlich praktiziert. Angesichts aller genannten positiven Voraussetzungen besteht trotz der angespannten Finanzlage der Stadt eine realistische und vertretbare Möglichkeit, dem bereits 1984 formulierten Wunsch des Historischen Arbeitskreises nachzukommen, eine Gedenkstätte und ein Dokumentationshaus für die Verbrechen der Nationalsozialisten in unserer Stadt zu errichten. Ein entsprechender Beschluß sollte auch deshalb bald erfolgen, um die (noch) gute vorhandene Bausubstanz. für die weitere Nutzung zu erhalten.
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