Tschingderassabumm
Jun 032003
 

Fahnenmeer bei Ebbe

(iz) Wilhelmshaven feiert mal wieder eins seiner Jubiläen, nach deren Häufigkeit die Stadt ca. 1000 Jahre alt sein müsste. In diesem Jahr heißt es: 150 Jahre Jadevertrag. Zum kaiserlichen Tschingderassabumm passen natürlich Fahnen. Regionale KünstlerInnen sind der Einladung gefolgt, Flaggenmotive zu entwerfen. 10 davon wurden prämiiert und mit Unterstützung von etwa 60 hiesigen Sponsoren gedruckt.

Mal unabhängig von der grundsätzlichen Kritik an solcher Art „Imagekampagnen“, die über Varel hinaus den Rest der Welt kaum erreichen: Von einem FahnenMEER erwartet man was anderes, etwas Wogendes soweit das Auge reicht, oder das zumindest diesen Eindruck vermittelt. Jeweils ein paar Fahnen an neun voneinander entfernten Standorten im Stadtgebiet vermitteln eher den Eindruck, dass dieses „Meer“ den Gezeiten unterliegt und immer, wenn man gerade guckt, Ebbe ist.
Laut Dr. Daniel Spanke, Leiter der Kunsthalle, „haben Fahnen und Flaggen ganz eigene Bildtraditionen, mit denen sich die Künstlerinnen und Künstler auf spannende Art auseinander gesetzt haben.“ Wenn er schon keinem weh tun will: Wie sieht’s bei den Künstlern aus? Wir haben sie extra nicht gefragt, was sie uns mit ihren Werken sagen wollen, weil wir meinen, dass Bilder selbst zum Betrachter sprechen sollten. Wesentlich scheint uns, dass ein Bild für eine Flagge plakativ sein muss. In den verschiedensten Formen, die das Tuch draußen je nach Windstärke annimmt, sollte die Botschaft stets erkennbar sein. Form und Inhalt müssen stimmen: Unter diesem Aspekt fielen uns die schwarz-rot-goldenen Schiffe von Dirk-Agge Bothe zuerst ins Auge. Komplizierte Strukturen wie z. B. auf der Vorlage von Ellen Litzius – acht kleine Aktfotos, zumal in Schwarzweiß, entflattern dem Blick des Betrachters. (Den Inhalt können wir übrigens weder als werbend noch kritisch Wilhelmshaven zuordnen). Borghild Eckerman, Loko Süderdiek und Leonard Wübbena haben schlicht aber gekonnt klassische Flaggenmuster aufgenommen.
Hintergründige Kritik ist uns jedoch nur aus dem (gerade weil kindlich-naiv wirkenden) Motiv von Bothe entgegen gesprungen. Springen muss die Kritik auch; wer bleibt schon länger vor einer Flagge stehen? Andererseits: Wer erwartet Kritik von einer Flagge, die traditionell das ungebrochene Selbstbewusstsein ihrer Träger symbolisiert? In diesem Fall: „Kunst und Wirtschaft eine Region zeigt Flagge“ (Zitat Pressemitteilung Spanke).
Da uns Desenz und Co. nicht sponsern, konnten wir unsere Lieblingsflaggen leider nicht abdrucken. Im Original sind 30 Wettbewerbsbeiträge noch bis zum 8. Juni in der Kunsthalle zu sehen.

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