Theda
Mrz 261997
 

Logo_KuddlHeut kann ich dir leider nurn paar Zeilen schreiben, weil ich ja nu jeden Tag zu Tant Lisbeth ins Krankenhaus muß – hat die sich doch auf ihre alten Tage noch den Blinddarm rausnehmen lassen und darf sie ja nu nich lachen, weil das so wehtut, und deswegen kann sie nu auch keine Wehzett lesen und muß ich sie immer unterhalten.Die Wehzett is ja immer noch ganz anne Sturmspitze vonne Rechtschreibreform, neulich hat der Tschüß, einer von ne Redaktörs, auch mal so’n Artikel darüber geschrieben, aber hat der immer von Druckfehler gesprochen und zum Schluß so’n ganz kreatiefen Absatz angehängt, der war angeblich gebührenfrei, aber hab‘ ich mein Geld für den Absatz trotzdem am Schalter nich wiedergekriegt – ich mein ja, die soll’n man bloß nich ihr Licht so untern Scheffel stellen, wenn man so’ne neue kulturelle Entwicklung wie daß plötzlich alles ganz anners geschrieben werden tut, so selbständig vorantreibt, mit Grammatik und alles, dann soll man da ruhig‘ n büschen mit angeben, harn ja sonst sowieso nicht viel zum Angeben bei der Wehzett. Ich leg dir mal so‘ n tüpischen Artikel aus unserm Blatt mit innen Brief, kannste mal sehen, was das fürne Pionierleistung ist, in so wenig Text soviel Kreatiefität.

fahrerflucht

Sonst gibts sowieso nich viel Neues, mein Kuddl, höchstens, daß bei den Ratssitzungen in letzter Zeit immer so viele Zuschauer und Rinnens sind, die haben aber meistens wegen irgendwas, was meistens die Verwaltung verbockt hat, immer so schlechte Laune und verbreiten die da dann auch, daß ich mir überlegt hab, bei der nächsten Bürgersprechstunde mal’n Vorschlag vorzuschlagen. Erinnerst du dich noch an den Satz von uns Eberhard, dass man ins Gelingen verliebt sein soll, damit’s Kohle gibt? Und da hab ich mir nun überlegt, wenn da sowieso immer so’n Zirkus ist, dann können sie für ihre Ratssitzungen ja auch gleich Eintritt nehmen, vielleicht kommen dann so’n paar Schlechtgelaunte überhaupt nicht, und die Stadtkasse hat wieder’n bißchen Geld und kann vielleicht auch’n büschen Kakao und Butterkuchen kaufen, damit sie endlich ihr Jugendparlament tagen lassen können. Und außerdem kann man das Ganze auch als ständige Veranstaltung in den ‚Kompaß‘ aufnehmen,oder vielleicht sogar innen ‚Gegenwind‘ .
Und noch was zu Kohle: Die Expo für Wilhelmshaven is ja nu doch fast gesichert, hat nämlich der Emtevau, das is so’n Männergesangverein, versprochen, daß er all seinen Gesang und seine Töne ausschließlich dem Expofong zugute kommen lassen will, und das is doch ein guter Anfang und muß der August nich alles allein zusammenorgeln. Sollten sich man noch viele ein Beispiel dran nehmen, von Ballermann hab‘ ich zum Beispiel schon lange nix mehr gehört, und dann gibt’s ja noch so viele andere Vereine, die unter irgendeinem Motto was für die Expo tun könnten, die Brieftaubenzüchter, ‚unsere Tauben fliegen für die Expo‘, und wenn sie dann ausgepowert sind, kann man immer noch ‚Täubchenburger Expo‘ draus machen, die Briefmarkensammler, ‚Gönn dir’n Zacken für die Expo‘, die Schachfreunde, ‚Matt in drei Zügen mit der Expo‘, die Kaninchenzüchter, aber da müssense gut über’n Motto nachdenken, weil ‚Rammeln für die Expo‘ gefällt wahrscheinlich doch nicht jedem. Siehst du, mein Kuddl, wie ich mich so richtig ins Gelingen verliebe?
So, nu muß ich aber dringend los, nächs Mal gibt‘ s dann wieder mehr!

Tschüß und dicken Knutsch!

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