Schulbesetzung
Nov 042009
 

Wir bleiben alle

Projekt: „Unsa Haus-Schule befreit“

(mt/hk) „Dieses Haus ist besetzt!“ und „Wir bleiben alle!“ war auf den Schildern zu lesen, welche am 17. Oktober an der ehemaligen Grundschule Allerstraße befestigt waren. In der Nacht waren die linken Aktivisten gekommen, um die Schilder aufzuhängen und die Schule  zu besetzen.  „Es war ein klares Signal an die Stadt, die Missstände unserer  Stadt  nicht länger zu dulden!“, so die Stellungnahme der Aktivisten.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAEin klares Signal, das gaben auch die örtlichen Einsatzkräfte, welche die Besetzung erst am nächsten Morgen durch eine Polizeistreife bemerkten, indem sie das Gebäude umstellten und letztendlich räumten.  Mehre uniformierte und zivile Polizisten sowie der Staatsschutz waren vor Ort. Zwei Personen, wahrscheinlich aus dem linken Spektrum, vermutete man  in dem Haus, berichtete der Einsatzleiter. Sie seien durch  ein eingeschlagenes Fenster eingestiegen. Eindeutig wissen taten es die Einsatzkräfte nicht. Um 11:45 Uhr wurde geräumt – vorsichtshalber schickte man erst einmal fünf Spürhunde ins Haus. Doch das Haus war leer.  Die Hausbesetzer hatten wohl den Hinterausgang gewählt, um sich die Konfrontation mit den Hunden und den Polizisten zu ersparen. In der Wilhelmshavener Zeitung las sich der Vorgang so: Es war eine zerbrochene Fensterscheibe an der leerstehenden Schule Allerstraße, die die Polizei am Sonnabendmorgen auf den Plan rief. Die Beamten hatten Grund zur Annahme, dass Mitglieder der sogenannten „Linken Szene“ das Haus besetzt hatten. Im Internet kursierten zuvor entsprechende Ankündigungen und Aufforderungen, so ein Polizeisprecher. Darum wurde die ehemalige Grundschule weiträumig abgesperrt. Ein starkes Polizeiaufgebot durchsuchte das Gebäude mit Spürhunden. Das gesamte Gebäude sei aber leer gewesen, so ein Polizeisprecher. Es gebe auch keine Hinweise auf Aktivitäten jedweder Art in der ehemaligen Schule. Lediglich einige Plakate an den vernagelten Fenstern der Schule zeugten von Plänen möglicher Hausbesetzer. „Wir waren wohl schneller“, vermutet die Polizei. Die Ermittlungen dauern an. Die Stadt hat Strafantrag gestellt. In der Wilhelmshavener Zeitung vom 31.10. war folgende Meldung zu lesen: Gegen die mutmaßlichen Hausbesetzer der Schule Allerstraße (wir berichteten), wurde seitens der Stadt keine Strafanzeige erstattet. Das Gebäude der ehemaligen Grundschule gehöre nicht mehr der Stadt Wilhelmshaven. Darum könne sie keine Strafanzeige erstatten.

Es sei keine Spaßaktion gewesen, sondern ein politisches Statement, erklärten die Aktivisten. Man wolle nicht länger zusehen, wie viele öffentliche Gebäude dieser Stadt ungenutzt verfallen, wenn man sie doch sinnvoll nutzen könne. In der Tat stehen seit der Zusammenlegung der Grundschulen in Wilhelmshaven viele ehemalige Schulen ungenutzt herum und verfallen. In den umliegenden Häusern fanden die Bewohner der Südstadt ein Informationsblatt in den Briefkästen, in dem über Sinn und Zweck der Hausbesetzung informiert wurde.

Wir zitieren einige Passagen:

Was wollen wir erreichen?
Wir wollen mit unserer Aktion ein selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum in Wilhelmshaven entstehen lassen. Ein Gebäude wie diese ehemalige Schule, welche ansonsten nutzlos herumsteht und mit der Zeit verfallen würde, wird so wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies heißt dass jede und jeder, die/der will, nun diesen Raum nutzen kann wie er/sie das will. Derzeit schaffen wir die Infrastruktur dazu. Wir bieten dies nicht als Dienstleistung, sondern weil wir das Zentrum auch selbst nutzen sollen. Darum laden wir alle ein, mit uns den neuen Bürgertreff zu gestalten, aufzubauen, in Schuss zu halten und natürlich zu verbessern. Es soll ein gemeinsames Projekt sein – im Gegensatz zu dem verbreiteten Konsumverhalten a la wir bieten etwas an und Menschen kommen zu uns, lassen sich berieseln (konsumieren) und zahlen dafür etwas. Davon gibt es schon genug. (…)

Wer sind wir?
Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von politisch, künstlerisch und/oder sozial aktiven Menschen. Wir kommen aus Whv und Umland – freuen uns aber auch über Besucher/innen von überallher, die unsere Forderungen nach Autonomie unterstützen. (…) Wir wollen grundsätzliche Menschenrechte wie das Recht auf Wohnen selbst verwirklichen und leer stehenden Raum der Öffentlichkeit zur selbstverwalteten Nutzung zurückgeben.

Die Hausbesetzer wollen verschiedene Ideen für die Nutzung des Gebäudes umsetzen, wenn man sie nur ließe. So wollen sie ein selbstverwaltetes Kulturzentrum entstehen lassen. Auch wolle man einen „Umsonstladen“ eröffnen, in dem alle möglichen Waren wie z.B. Kleidung, elektronische Geräte oder Lebensmittel  zum Nulltarif angeboten werden. Jeder könne dann Dinge, die er nicht mehr benötigt, abgeben und ein anderer, welcher diese Dinge benötigt, kann sie abholen. Ein anders Projekt wäre ein Café ohne Konsumzwang, in dem man Getränke zum Selbstkostenpreis erwerben oder selbst mitbringen kann. Auch eine „Volxküche“, kostenlose Rechtsberatung, Sprachkurse, Buchlesungen sowie viele weitere Projekte seien geplant und wären nach Meinung der Hausbesetzer realisierbar. Genügend Personen, die mitmachen würden, gibt es nach Meinung der Aktivisten. Die „bunte Gruppe“ sieht viele Probleme in der Stadt, welche einer Lösung bedürften, wogegen die Kommune aber alles tut, um diese zu vergrößern. Angesichts der Untätigkeit und Willenlosigkeit der Stadt, diese Probleme anzupacken, würden die Aktivisten es nun selbst in die Hand nehmen, und sie rufen alle Bürger auf, ihnen dabei zu helfen.

Als „Motto“ haben die Aktivisten sich die „Resolution der Kommunarden“ von Bertolt Brecht erwählt. In dem Text heißt es:

In Erwägung, dass wir der Regierung
W
as sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.

Auf geht’s!

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