Illusionen
Heftige Schläge gegen Wilhelmshavener Träume
Ein Gastbeitrag von Joachim Tjaden – Vom 15.04. bis 16.04. fand das 10. Langeooger Gespräch statt, fantastisch organisiert vom Wirtschaftsförderkreis Harlingerland e.V. Es trafen sich über 150 hochkarätige Interessierte aus Wirtschaft, Politik, Tourismus und Geschäftswelt der Städte und Gemeinden aus dem gesamten Nordwesten.
Schirmherr der Veranstaltung war Walter Hirche, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Nachdem der erste Tag mit Referaten angefüllt war, welche die Themen Tourismus und Wirtschaft im Zusammenhang mit dem geplanten Bau des JadeWeserPort von (fast) allen Seiten beleuchteten, diente der 2. Tag dazu, das Thema in Arbeitsgruppen zu behandeln.
Gruppe 1: Industrielle und gewerbliche Potentiale durch den JadeWeserPort
Ganz sicher lag es nicht an den Veranstaltern und auch nicht an der Gesprächsleitung durch Dr. Fritz Kleinsteuber, dass diese Arbeitsgruppe aus der 2-stündigen Arbeit keinerlei Ergebnisse vorlegen konnte.
Einziges „Ergebnis“: Man weiß nicht, was, wie oder wo. Man weiß nicht, wer, mit wem und wofür. Sicher war dies nicht das gewünschte Ergebnis, zeigt es doch deutlich auf, dass sich die Vertreter der Regionen bisher noch nicht mit dem Themenkomplex befasst hatten. Die Erkenntnis der absoluten Hilflosigkeit kann allerdings, wenn die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden, trotzdem ein gutes Ergebnis dieser Arbeitsgruppe werden.
Der Knüller des Tages kam dann aber doch aus dieser AG. Dr. Kleinsteuber versuchte das Thema Gewerbe- und Industrieansiedlung und die Hierarchie der möglichen Gewerbe-/Industriegebiete zur Diskussion zu stellen. Da hielt es Dr. Erdmann aus dem niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft nicht mehr auf seinem Stuhl. Leicht böse übernahm er die Gesprächsleitung, zeigte eine Grafik des JWP – was nicht gerade den Eindruck eines Spontanauftritts vermittelte – und machte den Anwesenden eines ganz deutlich: Zuerst werden die allein Niedersachsen gehörenden Flächen, besonders die 170 ha Hafengroden, bis auf den letzten Quadratmeter vermarktet, bevor Flächen der Städte und Gemeinden vermarktet werden dürfen. Und diese Vermarktung wird vom Land Niedersachsen selbst, ohne die Städte und Gemeinden, gemacht. Da redet uns niemand rein.
Wolfgang Frank, der sich schon relativ sicher auf dem Geschäftsführerstuhl der zukünftigen Grundstücksvermarktungsgesellschaft JWP sitzen sah, verfolgte diesen KO-Schlag gegen u.a. Wilhelmshaven mit fassungslosem Erstaunen. Der neben ihm sitzende Wilfrid Adam zeigte keine Reaktion, er hatte wieder einmal nicht verstanden, worum es hier ging und welche erheblichen Folgen das für Wilhelmshaven haben wird.
Damit hat Wilhelmshaven keine – wenn auch schon vorher illusorische – Möglichkeit mehr, die schon investierten und noch zu investierenden Mittel wieder einzuspielen.
Hinzu kommt, dass Wilhelmshaven absolut keinen Einfluss auf die Vermarktungsstrategie Niedersachsens nehmen kann.
Einen Ausweg gibt es ganz sicher nicht. Der Rat hat mit seinem Beschluss zur Gründung einer Grundstücks- und Vermarktungsgesellschaft mit dem Land Niedersachsen alle möglichen Flächen in diese Gesellschaft eingebracht.
Wilhelmshaven hatte einmal einen Traum: Das große Geschäft mit den angrenzenden Grundstücken des Voslapper und Rüstersieler Grodens.
Nun erledigen sich auch alle angedachten Planungsarbeiten der Stadt bezüglich Strukturkonzept Voslapper/Rüstersieler Groden und der angrenzenden Gebiete. Auch der Wirtschaftsförderung Wilhelmshaven sind auf lange Jahre die Hände gebunden.
Da aus den Vorträgen auch deutlich wurde, dass die Vermarktung von Flächen am und um den JadeWeserPort eine langwierige Angelegenheit ist, wird dieser machtlose Zustand Wilhelmshavens langfristig erhalten beleiben.
So geht es, wenn eine Kreisklassenmannschaft gegen einen Niedersachsenmeister spielen will und nicht einmal die Spielregeln kennt!
Ein weiteres Trauerspiel fand in der Arbeitsgruppe 2 –Tourismus – statt. Hier sollten Konzepte für die Region entwickelt werden. Mit Erstaunen stellten die teilweise hochkarätigen Vertreter der AG fest, dass das Oberzentrum Wilhelmshaven es nicht für nötig hielt, einen WTF-Vertreter zu entsenden. Damit scheiterte die AG ganz deutlich an der Ignoranz Wilhelmshavens, was dann auch entsprechend angesprochen wurde.
- Die erheblichen Investitionen Wilhelmshavens in das Projekt JWP (mehrere Millionen Euro – welche ohnehin nur teilweise hätten refinanziert werden können), bleiben auf lange Jahre im Schuldenberg der Stadt verankert.
- Jeder weitere Euro für den JWP wird zur Fehlinvestition.
- Jede weitere Planungsarbeit der Stadt bezüglich JWP ist vollkommen unsinnig, und die vorliegenden Pläne können über lange Jahre in den Schubladen verstauben.
Als Gegner des JWP freue ich mich natürlich über diese Entwicklung, bestätigt sie, was ich schon lange Jahre sage, und könnte sie zudem die Wilhelmshavener JWP-Befürworter auf den Boden der JWP-Tatsachen bringen. Dass dies sehr unsanft geschieht, ist wohl mehr als gerecht.
Als Bürger und Ratsherr der Stadt Wilhelmshaven bin ich über derartigen Dilettantismus der Wilhelmshavener Verantwortlichen entsetzt.
- Helmut Werner – JWP Realisierungsgesellschaft
- Prof. Dr. Knut Scherhag – vertritt die Fächer Allgemeine Wirtschaftslehre und den tourismuswirtschaftlichen Schwerpunkt an der Fachhochschule Wilhelmshaven
- Wilhelm Loth – Geschäftsführer der Staatsbad Servicegesellschaft mbH und Aufsichtsratsvorsitzender der Nordsee GmbH
- Dr. Bernt Mester – Bremer Lagerhaus Gesellschaft
- Dr. Fritz Kleinsteuber – bis vor einem Jahr Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Indonesischen Handelskammer in Jakarta
- Frank Tazelaar – Strategie Department of Port of Rotterdam
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