Elternräte
Apr 292004
 

Buhmann Busemann

Elternräte kritisieren Kultusminister

(noa/StER) Ende März fand in Hannover eine Sitzung des Landeselternrats statt. Hier stellte sich der Kultusminister Bernd Busemann den Delegierten der Stadt- und Kreiselternräte aus ganz Niedersachsen. Auch Bernd Rahlf, Vorsitzender des Stadtelternrates Wilhelmshaven, war dort.

Busemann sprach auf der Sitzung über die Schulpolitik in Niedersachsen. „Die Schulreform wird zum 01.08.2004 zeitgerecht umgesetzt und die verschiedenen betroffenen Verwaltungsstellen wir Kultusministerium und die Bezirksregierungen sind im Zeitplan. Zur Zeit wird den Lehrkräften der aufzulösenden Orientierungsstufen mitgeteilt, an welche Haupt-, Realschule oder Gymnasium sie versetzt werden. In Niedersachsen werden insgesamt 170 Schulen eine Außenstelle bekommen, 135 bei den Gymnasien, 25 bei den Realschulen, eine davon bei der Freiherr-vom-Stein-Realschule (der Gegenwind berichtete darüber in der Ausgabe 197) und 10 bei den Hauptschulen.
Zum Schuljahr 2004/2005 werden die Klassenstärken verändert. Bei der Realschule und beim Gymnasium wird von z. Zt. 30 Schülern auf 32 erhöht und bei den Hauptschulen wird die Zahl auf 26 von 28 abgesenkt. Insgesamt soll die Unterrichtsversorgung bei allen Schulformen (…) auf 100% festgelegt werden. Bei den Sonderschulen kann diese Unterrichtsversorgung nicht gewährleistet werden, da es hier an qualifizierten Lehrkräften fehlt.
Der Minister kündigte für das Schuljahr 2005/2006 ein individuelles Förderkonzept für die Schülerschaft an, außerdem wird es einen neuen Erlass zum sonderpädagogischen Unterricht geben. Als besondere Eckpunkte der Schulpolitik stellte Busemann die zukünftige Einführung der Versetzungen ab Klasse 2 der Grundschulen, die Abschlussprüfungen zur Erlangung von Schulabschlüssen, die Einführung des Zentralabiturs ab 2007, die Einführung bundeseinheitlicher (? – (vermutlich eher landeseinheitlicher) Bildungsstandards in Niedersachsen und die Einführung des Leasingverfahrens für Lernmittel heraus. Ab 2005 wird stufenweise ein Schul-TÜV eingeführt, der die Schulen auf ihre Leistungsfähigkeit und Qualität überprüfen soll. Der Minister kündigte an, dass es bei der Handhabung der beweglichern Ferientage Änderungen geben wird. Es hat sich gezeigt, dass innerhalb einer Kommune unterschiedliche Zeiträume festgelegt wurden und dieses für viele Familien nicht praktikabel ist.“
Bis hierher zitierten wir aus der Presseinformation des StER Wilhelmshaven. Ab dann interpretieren wir den StER, der selber zu höflich ist, um zu schreiben, dass Busemann in der seinem Vortrag folgenden Diskussion heftig Wind von vorn bekam. Offenbar gab es kaum einen Punkt der von der Landesregierung und ihrem Kultusminister gepriesenen Reform, der nicht kritisiert worden wäre: Die Erhöhung der Klassenstärken in Realschulen und Gymnasien, die schlechte Unterrichtsversorgung an den Sonderschulen und die Abschaffung der Lernmittelfreiheit stießen auf Kritik. Auch über den Vortrag Busemanns hinaus gab es Unmut. So bemängelten die Elternvertreter die Verschlechterung bei den Vollen Halbtagsschulen, die schleppende Einführung der Ganztagsschulen und die Streichung der Förderstunden.
„Unser“ Elternsprecher Bernd Rahlf wandte sich gegen die geplante Kürzung bei den Beratungslehrern. 40% der Anrechnungsstunden für BeratungslehrerInnen sollen entfallen, kleinere Schulen sollen gar keinen Anspruch auf Beratungslehrerstunden mehr haben. Rahlf wies den Kultusminister darauf hin, dass angesichts zunehmender Drogenprobleme und wachsender Mobbing- und Gewaltfälle an Schulen in diesem Bereich nicht gespart werden dürfte. Busemanns begründete die Kürzung mit leeren Kassen und hoffte auf die Lösung dieser Probleme durch die gesamte Lehrerschaft.
Einen weiteren Kritikpunkt an der Schulpolitik der Landesregierung, der bei der Sitzung des Landeselternrates offensichtlich nicht zur Sprache kam, bringen zwei Sander Erzieherinnen in einem Leserbrief („WZ“ vom 12. März) vor: Für die Sprachförderung von Kindern, die die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen, dass sie dem Unterricht an der Grundschule folgen können, soll kein zusätzliches Geld aufgewendet werden, sondern es werden dafür Stunden für Arbeitsgemeinschaften gestrichen. Wörtlich heißt es in dem Leserbrief von Isabell Bruns und Sabine Stephan: „Die Folgen für unseren Einzugsbereich: Arbeitsgemeinschaften für ca. 90 SchülerInnen werden ersatzlos gestrichen“, und sie nennen als Beispiel den Schwimmunterricht für die vierten Klassen. Ihre Kritik richtet sich nicht gegen die Sprachförderung der sprachauffälligen Kinder an sich, sondern dagegen, dass er im letzten Moment (kurz bevor die Kinder in die Schule kommen) und von Lehrkräften, die den Kindern unbekannt sind, durchgeführt wird. Ihr interessanter Vorschlag lautet, dass diese Förderung im Kindergarten durch ErzieherInnen, die sich dafür qualifizieren können und wollen, durchgeführt werden sollte.

Bald wird Gelegenheit sein, Busemann die Kritik an seiner Schul„reform“ selber zu sagen. Wir zitieren wieder den StER:
„Der Stadtelternrat Wilhelmshaven hat den Kultusminister am Donnerstag, den 13. Mai 2004 um 19.00 in der Aula des Gymnasiums am Mühlenweg zu einer öffentlichen Veranstaltung mit anschließender Diskussionsrunde zu Gast. Zu dieser Veranstaltung, die mit der freundlichen Unterstützung des Wilhelmshavener Landtagsabgeordneten Dr. Uwe Biester (CDU) zu Stande kam, sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen.“

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