Nix mehr für lau in WHV
Neue Gebühren in der Stadtbücherei
(sch) Da haben sich unsere demokratisch gewählten Repräsentanten wieder einmal etwas Feines ausgedacht: Der Stadtrat beschloss kürzlich eine Änderung der Entgeltordnung für die Stadtbücherei. Ab sofort kostet das Ausleihen von CDs (0,20 €), DVDs (1,00 €) und Computerspielen (1,00 €) richtig Geld, obwohl man ja schon für die Jahreslesekarte (16 bzw. 8 €) zur Kasse gebeten wird.
Was unsere Ratsherren und Ratsfrauen mit dieser Entscheidung angerichtet haben, ist ihnen vermutlich gar nicht wirklich bewusst – soviel zu ihrer Verteidigung. Die Stadtbücherei war bisher sicherlich einer der wenigen Pluspunkte unserer Stadt, und die Musikbücherei insbesondere ist eine hervorragende Einrichtung, vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene. Man kann dort nach Belieben stöbern und entdeckt immer wieder CDs, die man sich zwar nie kaufen würde, die aber trotzdem absolut hörenswert sind. Das Tolle an der Musikbücherei war bisher, dass man ausprobieren durfte nach Herzenslust. Immer wieder stößt man dort auf Bands und Künstler, die in keinem Laden zu finden sind. Und wenn doch, sind einem die Namen einfach kein Begriff und ein Kauf für teures Geld wäre besonders bei den heutigen Preisen zu riskant. Doch in der Musikbücherei nahm man mit, was auch immer interessant klang, und fand so des Öfteren ungeahnte Schätze.
All dies ist in Zukunft nicht mehr ohne weiteres möglich. Natürlich, 0,20 € ist nicht unbedingt viel Geld für eine CD, aber man wird wohl in Zukunft immer erst zweimal nachdenken, bevor man sich entscheidet, ob man einen bestimmten Tonträger entleiht oder sich das Geld spart. Die neue Entgeltordnung bedeutet das Ende der Freiheit, der Spaß geht verloren, es gibt halt nichts mehr umsonst.
Gerade heute, da man sich wieder einmal verstärkt um die demografische Entwicklung der Stadt sorgt, ohne wirkliche Lösungsvorschläge parat zu haben – was auch nicht unbedingt einfach ist – ist die Einführung von neuen Gebühren in der Stadtbücherei sicherlich das falsche Signal. Die Anziehungskraft der Bücherei für Jugendliche wurde damit entschieden gesenkt, was die Attraktivität der Stadt für diese für die Zukunft so außerordentlich wichtige Gruppe mehr als zuvor gegen Null streben lässt. Diese Entwicklung ist zwar bestimmt kein Grund, um aus Wilhelmshaven wegzuziehen, wird den Abschied andererseits so manchem auch nicht gerade erschweren.
Ein weiterer fataler Aspekt der neuen Entgeltordnung ist die Verdoppelung der Gebühr für die Fernleihe. Wo bisher 1,50 € fällig wurden, müssen ab sofort 3,00 € abgedrückt werden, will man sich wissenschaftliche Literatur bestellen, die in Wilhelmshaven nicht zu kriegen ist; 3,00 € pro Bestellung, versteht sich. Für Studenten oder Schüler, die gerade an ihrer Facharbeit basteln, ist diese Gebühr ein herber Schlag. Da hört man allerorten von der Bedeutung des „Rohstoffes Bildung“ für Deutschland und von der gezielten Förderung von Wissenschaft und Forschung, wird aber selbst immer stärker zur Kasse gebeten und somit bei der eigenen Arbeit behindert, sobald man sich in dieser Richtung engagiert. Es kommt einem manchmal so vor, als habe unser Stadtrat ein unglaubliches Talent dafür entwickelt, genau an den falschen Enden zu sparen.
Da passt es ins Bild, dass die FDP die Entgeltpflicht am liebsten auch auf Druckmedien ausdehnen würde, damit ein jeder begreift, dass es in Wilhelmshaven nicht alles umsonst gibt. Da wird die Vermittlung der Erkenntnis „Man bekommt im Leben nichts geschenkt“ über die Notwendigkeit der Möglichkeit zur freien Informationsbeschaffung gestellt. Nur weiter so, auf das es auch der letzte versteht: Es gibt nix mehr für lau in WHV!
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