Zurück in die Zukunft?
(iz) Heute Nachmittag (26.11.2014) entscheidet der Rat über folgenden Beschlussvorschlag:
Er nimmt die Schenkung (Statue und Sockel) der August-Desenz-Drehorgel-Stiftung gemäß § 111 Abs. 7 NKomVG an.“
Aus der Begründung:
„Der deutsche Staatsmann Otto von Bismarck … wurde am 1. April (1905, red.) mit der Benennung des Bismarckplatzes und der Aufstellung eines von den Bürgern Wilhelmshavens gestifteten Denkmals (Georg Meyer, Berlin) geehrt. Das Denkmal ging im Zweiten Weltkrieg verloren. Der Platz und die Straße behielten ihre Namen – auch nach der stadtweiten Korrektur von Straßennamen 1945/46.
… 2010 hat sich eine Initiativgruppe rund um den Drehorgelspieler August Desenz gebildet, die anlässlich der 200. Wiederkehr des Geburtstages Otto von Bismarcks Spenden für die Errichtung einer Statue gesammelt hat. Damit soll an den Namenspaten erinnert und ein Beitrag zur Aufwertung des Platzes, auch im Hinblick auf eine spätere Neugestaltung, geleistet werden.
… Mit der Schenkung wird die Stadt Wilhelmshaven unterhaltungspflichtig. Es ist vereinbart, mit der Initiativgruppe eine Pflegepatenschaft abzuschließen. (Die Stadt wendet pro Jahr für 137 Denkmale und Kunstwerke im öffentlichen Raum 105.900 € auf. (Haushaltsplan 2013/14). Ein weiteres Objekt verursacht also nominell durchschnittliche Kosten von jährlich rd. 800 €).“
Besagte Initiativgruppe hat sich damals zerstritten, weil ein Mitglied lieber ein Stauffenberg-Denkmal auf dem Platz gesehen hätte.
August hat seitdem weiter an der Orgel gedreht. Keine Frage, er hat schon viel Gutes gestiftet. Aber ob er unserer Stadt mit der ollen Pickelhaube etwas Gutes tut, darüber lässt sich trefflich streiten. Auf der einen Seite veranstaltet man Streetart- und Holi-Festivals und Open Air-Konzerte, um die Stadt für die jüngere Generation attraktiver zu machen, und jetzt will man mit einem verstaubten Politiker „zurück in die Zukunft“? Als Reichskanzler hat Bismarck zwar die Sozialgesetzgebung auf den Weg gebracht, aber auch das repressive Sozialistengesetz („Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“).
Nebenbei bemerkt, stehen für die Verschönerung des Bismarckplatzes 200.000 Euro auf dem Haushaltsplan. Wäre es nicht sinnvoller, wenn die von Desenz angebotene Spende dafür verwendet würde?
Oder wie wäre es, mit einem „Walk of fame“ mal solchen Wilhelmshavener/innen (ob gebürtig oder zeitweise zugereist) ein Denkmal zu setzen, die im Bereich Kunst und Kultur weit über die Stadtgrenzen hinaus oder sogar international bekannt wurden? Thomas Hengelbrock (Dirigent), Rainer Fetting (Bildender Künstler), Andrea Sawatzki (Schauspielerin), „Monkeeman“ Ralf Lübke (Musiker), unseretwegen auch Hans Clarin (Schauspieler und Synchronsprecher), um einige zu nennen. Man könnte ihnen nach dem Vorbild in Hollywood besondere Pflastersteine auf dem neu gestalteten Bismarckplatz widmen oder auch kleine symbolische Skulpturen – einen Dirigentenstab, eine Gitarre, ein Mikrofon, Palette&Pinsel – mit Namensplakette.
Ist ja nur mal sone Idee.
Der Kultur- und Sportausschuss hat sich neulich mit den drei Stimmen der CDU-Mitglieder bei vier Enthaltungen dafür ausgesprochen, die Schenkung der Bismarck-Statue anzunehmen. Es steht zu erwarten, dass die Ratsmehrheit sich dem anschließen wird.
Zum Gegenwind-Artikel „Denkmal“ vom Mai 2010 Denkmal
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