Juristisch glückliche Seh-Hunde
leben am Wilhelmshavener Südstrand. Derzeit teilen sich im Seewasseraquarium vier Robben ein 30m²-Becken. Für den Kulturausschuss eine kritische Situation – nicht aus Tierliebe, sondern weil die Verlängerung der Betriebsgenehmigung des Aquariums über den 1. Mai 1999 hinaus in Frage steht. Nach dem neuen Tierschutzgesetz müssten vier Tieren nämlich mindestens 60m² zur Verfügung stehen.
Sofern die WZ vom 12.3. die “Sachverständigen” richtig zitiert, befand einer, nämlich Gastronom Roland Rath, die Tiere deshalb für glücklich, weil sie im Unterschied zum alten Aquariumbau Tageslicht haben – also Seh-Hunde sind. Dieter Slickers, Fachbereichsleiter Kultur, ermunterte die Tiere zum Glücklichsein, solange es keine Ausführungsbestimmungen zum neuen Tierschutzgesetz gibt.
Die ebenfalls zitierte (positive) Stellungnahme der Oberen Naturschutzbehörde (Naturschutzdezernat der Bezirksregierung) kann es noch gar nicht geben, weil die Ortsbesichtigung erst demnächst stattfinden wird. Die Prüfung wird sich nicht auf Zahlen bzw. Flächen beschränken. Zu sogenannten Mindeststandards gehört auch die intensive Arbeit mit den Tieren, sie wollen beschäftigt sein, wie es in Seehundaufzuchtstationen üblich ist.
Es ist traurig, dass hier die Tiere den (schlechten) Verhältnissen angepasst werden und nicht umgekehrt. Die Tiere haben es unbequem, weil die Verantwortlichen zu bequem sind, nach Lösungen zu suchen. Erst durch drohende Schließung rückt die Befindlichkeit der Robben ins Interesse von Rat und Verwaltung, dabei gab es schon mehrfach offizielle Beschwerden z. B. von einem Zoodirektor. Zwei Tiere abzugeben, ist vielleicht “nicht einfach”, aber auch nicht unmöglich, wenn man sich bemühen würde. Den hier geborenen “Mecki” hätten Fachleute noch auswildern können, statt ihn für die Besucher aufzubewahren, weil er so “niedlich” und “den Wilhelmshavenern ans Herz gewachsen” ist. Was sind das für Herzen?
“Tierschutz” nach dem Bambi-Prinzip: Der Seehund als Kultur- und Kommerzobjekt., der nicht im Umwelt-, sondern im Kulturausschuss abgehandelt wird.
Das Aquarium besitzt Tradition, die aber nicht mit Starrsinn und Bequemlichkeit verwechselt werden darf. Gerade vor dem Hintergrund der Expo und der Zusammenarbeit mit umliegenden wissenschaftlichen Bildungseinrichtungen gäbe es ganz andere, moderne Wege, Menschen an die Natur heranzuführen – Attraktionen, für die keine Tiere leiden müssen. (iz)
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