Frau Widerstand
Gegen die Menschlichkeit hat der Faschismus keine Chance
(ft) Jedes Jahr findet ein Bus aus dem benachbarten Holland den Weg nach Wilhelmshaven. Es sind ehemalige Gefangene des Arbeitslagers in Wilhelmshaven. Überlebende des Faschismus, die in der Baracke am Schwarzen Weg die schrecklichste Zeit ihres Lebens verbrachten. Sie und ihre Familien besuchen dann die Gedenkstätten in Wilhelmshaven. Immer dabei: Elli Abrahams aus Bockhorn. Sie rettete damals 4 Flüchtlingen das Leben.
Als sich gegen Ende des 2. Weltkrieges ein Zug mit Kriegsgefangenen des Außenlagers Wilhelmshaven in Richtung KZ Neuengamme in Bewegung setzt, muß er auf Grund eines Tieffliegeralarms in Sande stoppen. Diese Gelegenheit nutzen vier Zwangsarbeiter zur Flucht. Sie schlagen sich, verfolgt von der Polizei, Richtung Bockhorn durch. Dort steht die heute 84jährige Elli Abrahams im Garten. Ihr Mann ist im Krieg. Sie ist mit ihren 3 Kindern, das jüngste ist 8 Monate alt, allein zu Haus, als sie die vier Männer die Straße hoch kommen sieht. Die Männer tragen Häftlingskleidung und sind von der Zwangsarbeit gezeichnet. Elli Abrahams holt sie ins Haus; gibt ihnen Essen, neue Kleidung und ein Bad. Mit Schuhcreme übermalt sie das große weiße ‚H‘ auf den Häftlingsjacken.
Hilfeleistung am Feind führte im 3. Reich garantiert zur Todesstrafe. Doch die ‚Frau Widerstand‘, wie sie noch heute von den Holländern genannt wird, sagt: „Ich hatte Mitleid mit diesen jungen Männern, und dann denkt man nicht an ein Erschießungskommando oder an den Galgen. Ich habe nichts anderes getan, als ein bißchen Nächstenliebe gezeigt.“
Als die Zwangsarbeiter sich revanchieren wollen und Frau Abrahams den Garten umgraben, werden sie gesehen. Am nächsten Tag klingelt der Dorfpolizist an der Tür. Nur dem Umstand, daß Elli Abrahams‘ Schwiegervater Hausschlachter war und den Polizisten mit Speck versorgte, ist es zu verdanken, daß sie der Todesstrafe entgeht. Die Holländer machen sich Richtung Heimat auf, wenige Tage später ist der Krieg vorbei.
Ein versprochenes Päckchen Tee ist der Anlaß, daß Elli Abrahams ein paar Monate später mit ihren Kindern nach Holland fährt. Dort wird sie auf Händen getragen! Die ‚Häftlingsmutti‘ wird von allen als Lebensretterin gefeiert – die vier Holländer verdanken ihr ihr Leben.
So ist es heute noch auf den jährlichen Treffen an den Gedenkstätten. Douwe Halma, einer der vier Geretteten, sagt heute: „Die Frau verdient ein Denkmal.“
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