Parcours durch die Ämter
Noch immer gibt es keine Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit
(ub) Der Sozialausschuß hatte zu seiner Januarsitzung Vertreter des Arbeitskreises „Wohnraum für alle“ eingeladen, damit diese die gemeinsam mit dem Allgemeinen Sozialdienst der Stadt Wilhelmshaven erarbeitete Konzeption „Fachstelle Wohnraumhilfe“ vorstellen konnten. Seit Jahren fordern pädagogische Fachkräfte und auch Politiker aller Fraktionen eine ämterübergreifend koordinierte Hilfe für wohnungslose Menschen in dieser Stadt.
Derzeit gibt es in Wilhelmshaven kein generelles Wohnraumproblem. Im Gegenteil: Lt. Aussage der Vertreter des Arbeitskreises „stehen zur Zeit ca. 1000 Wohnungen“ leer. Trotzdem registriert die Anlaufstelle für Wohnungslose des Diakonischen Werkes eine konstante Zahl von städtischen Wohnungslosen (221 im Jahr 1994). Denn, so der Arbeitskreis „Wohnraum für alle“: „Tatsächlich steht jedoch nur den kaufkräftigen, sozialakzeptierten Nachfragern genügend Wohnraum offen“. Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die, zum Teil hoch verschuldet, z.B. durch Zwangsräumung ihre Wohnung verloren haben, verlieren auf der Suche nach Hilfe leicht die Orientierung im Ämterirrgarten.
Das Problem: „Es gibt mehrere kommunale Ämter, die zum Teil gleichzeitig, zum Teil aber auch nacheinander in die Bearbeitung der Wohnungsnotfallproblematik involviert sind. Vielfach beschränkt sich die ämterübergreifende Zusammenarbeit nur auf Einzel- oder Ausnahmefälle… “ (aus der Fachstellenkonzeption). Die Folge: Dem Hilfesuchenden ist oftmals unklar, wer z.B. Finanzierungshilfe leistet zur Zahlung der ersten Monatsmiete oder einer Kaution. Hat der Antragsteller den Ämterparcours durchlaufen, ist die zur Anmietung gefundene Wohnung schon wieder weg. Die Aufenthaltsdauer in der Notunterkunft Czech, Gökerstr. 109, wird so unnötig verlängert. „Der städtische Haushalt wird auch in diesem Bereich immer mehr belastet und das sogar zum Schaden der betroffenen Personengruppen“ (ebenda).
Bereits 1987 hat der Deutsche Städtetag den Kommunen die Einrichtung einer Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit empfohlen. Ziel einer solchen Fachstelle soll es sein, die bestehende Obdachlosigkeit
abzubauen und die Entstehung von Obdachlosigkeit im Vorfeld zu verhindern. Verwaltungsinterne und externe Fachkräfte betonen die Effizienz einer solchen Fachstelle, „wenn die personellen und finanziellen Ressourcen (gebündelt) bereitgestellt werden, d.h., daß die bisherigen Kompetenzen verteilt auf unterschiedliche Ämter zu einer Fachstelle zusammengefaßt werden“ und „alle wohnungswirtschaftlichen und wohnungssichernden Aktivitäten der Stadt zusammengefasst oder zumindest abgestimmt werden“ (ebenda).
Die Mühlen von Verwaltung und Politik mahlen in Wilhelmshaven bisweilen besonders langsam. Seit Ende der achtziger Jahre engagiert sich der Arbeitskreis „Wohnraum für alle“, eine entsprechende Fachstelle einzurichten. Mehrfach schon sind Bemühungen, diese Fachstelle in die Wege zu leiten, gescheitert. Bei der Vorstellung des Konzeptes jetzt im Sozialausschuß gab es Zustimmung von allen Seiten. Lediglich ein Vertreter des Rechnungsprüfungsamtes konnte in seiner – nach Worten eines Ausschußmitglieds – von „jeglicher Fachkenntnis ungetrübten“ Stellungnahme keine soziale Verbesserung für wohnungslose Menschen, geschweige denn einen wirtschaftlichen Nutzen für den kommunalen Haushalt in der Installation einer „Fachstelle Wohnraumhilfe“ erkennen.
So wird vermutlich bald der Arbeitskreis „Wohnraum für alle“ das zehnjährige Bestehen der Fachstellendiskussion feiern können, ohne daß eine nennenswerte Bewegung in dieser Frage entstanden ist. Denn, so eine Ratsvertreterin gegenüber dem GEGENWIND: „Wenn das Rechnungsprüfungsamt sich quer stellt, läuft im Moment gar nichts“.
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