Wattenmeer
Jun 261996
 

Schwarze Flecken im Watt

Die Rettung kam von Senckenberg

(hk) Seit vielen Jahren beobachten die offiziellen und inoffiziellen Umweltschutzorganisationen das Entstehen sogenannter Schwarzer Flecken im Wattenmeer. Erreichten sie in den letzten Jahren maximal die Größe eines Fußballes, haben sie in diesem Jahr die Größe von Fußballfeldern, zum Teil erstrecken sie sich über Quadratkilometer. Über 20% des Wattenmeeres an der ostfriesischen Küste besteht aus solchen schwarzen Flecken.

Diese Schwarzen Flecken sind Wattenbereiche, in denen alles Leben abgestorben ist. Über die Ursachen wird noch gestritten und geforscht. Das Zusammenspiel zwischen Überdüngung durch die über die Tiefs, Flüsse und Klärwerke ins Wattenmeer gelangenden Nährstoffe; ins Wattenmeer über die Luft eingebrachte Schadstoffe aus Auto-, Kraftwerks- und Industrieabgasen und ein ungewöhnlicher langer und harter Winter wird allgemein als Ursache für das großflächige Sterben des Wattenmeeres angesehen. Gestritten wird nun darüber, wer wieviel Anteil hat. Ein Streit um den Bart des Kaisers. Denn am Winter können wir nichts ändern. Ändern lassen sich aber die Schadstoffmengen, die über Luft und Wasser ins Wattengebiet gelangen.
Wer einmal mit offenen Augen durch Friesland/Ostfriesland fährt, dem wird auffallen, daß sich die Landschaft in vielen Bereichen verändert hat. Wo früher Kühe auf grünen Wiesen grasten, steht Mais, eine Futterpflanze die Indikator für Massentierhaltung ist. Mais braucht den Boden nur, damit die Wurzeln irgendwo einen Halt finden. Gedüngt werden diese Felder mit den nährstoffreichen Abfällen aus der Massentierhaltung.
Und dieser Dünger gelangt ohne Umwege auch ins Wattenmeer.
Natürlich sind diese Meldungen eine Katastrophe für die Fremdenverkehrsindustrie. Seit Jahren beginnt die Saison mit Horrormeldungen: Seehundsterben, sterbende Brandgänse, Schaumteppiche, Giftbeutelchen (Apron-Plus) und in diesem Jahr die Schwarzen Flecken. So ist es auch nicht unverständlich, daß so mancher Tourismus-Manager darin eine Kampagne der neidischen süddeutschen Fremdenverkehrsindustrie oder gar einen Komplott der Nationalparkverwaltung Wattenmeer zur Erlangung höherer Forschungsmittel vermutet.
Zur endgültigen Beruhigung benutzte die Presse eine Verlautbarung des Senckenberg Institutes vom 17.6., indem die Natur (strenger Winter, keine Frühjahrsstürme, warmes Wetter) zum Hauptschuldigen des großflächigen Absterbens des Wattenmeeres erklärt wurde. Schadstoffeinträge spielen nach Meinung der Senckenberg-Wissenschaftler nur eine Nebenrolle. Das Wattenmeer wird, so Senckenberg, durch die gesetzlich vorgeschriebenen Herbststürme gerettet werden und im nächsten Jahr ist wieder alles in Ordnung.
So soll es denn wohl sein.

Daten aus dem Wattenmeer
Im Sediment wird kaum noch Sauerstoff gemessen. Der Sauerstoffgehalt des bei Ebbe in Senken u.ä. zurückbleibenden Wassers liegt um die Hälfte unter den normalen Werten. Die Wattbewohner, vorwiegend Pierwurm und Seeringelwurm, aber auch Muscheln kommen an die Oberfläche und verenden dort. Die verendeten. Tiere liegen dicht an dicht auf dem Watt. An einigen Stellen liegen eimerweise Tierkadaver, sie bedecken zum Teil vollständig die Böden der Priele. Die Herzmuscheln, die den Winter überstanden haben, verenden jetzt an Sauerstoffmangel. (hk)

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