Radio Jade
Mrz 042017
 

Funkstörung

Grundig Röhrenradio. Foto: Imke Zwoch

Foto: Imke Zwoch

(iz) Bei der Jahreshauptversammlung des Radio Jade Lokalrundfunk e.V. am 2. März wurde fast der gesamte Vorstand neu besetzt. Neuer 1. Vorsitzender ist Wolle Willig. Eine laut Tagesordnung vorgesehene umfangreiche Satzungsänderung wurde auf Antrag vertagt, der Entwurf soll vom neuen Vorstand überarbeitet werden.

Die Stimmung war ziemlich angespannt, das Verhältnis zwischen dem bisherigen 1. Vorsitzenden Hans Peeks und dem 3. Vorsitzenden Michael Konken lässt sich wohlwollend ausgedrückt als zerrüttet bezeichnen. Beide nahmen kein Blatt vor den Mund. Peeks machte deutlich, warum er nicht mehr für den Vorsitz kandidieren wollte. Er beklagte die uneffektive Vorstandsarbeit, fehlende Diskussionen und schlechte Kommunikation. Auch Stephan Hanke, Karin Emmelmann und Nobert Schneider wollten nicht wieder kandidieren.

Konken fokussierte sich in seinem Bericht zunächst auf das Positive. Radio Jade feiert in diesem Jahr sein 20jähriges Bestehen – Sendestart war am 30.8.1997 und am 30.8.2017 wird das Jubiläum groß im Pumpwerk gefeiert. In der Reichweitenanalyse des niedersächsischen Bürgerfunks (15 Sender) blieb Radio Jade auch 2016 unter den Spitzenreitern (Platz 3 mit 35.000 HörerInnen). Konken lobte Karsten Hoeft für die Organisation des Projekts „Engagierte Stadt“, das einige Fördermittel mit sich bringt. (Anm. d. Red.: Das Projekt hat damals noch Katharina Guleikoff als Chefredakteurin und Geschäftsführerin an Land gezogen, nach ihrem Wechsel zu Radio Nordseewelle wird es dankenswerterweise von Karsten weitergeführt).

Des Weiteren erhielt der Sender erneut eine Auszeichnung für seine gut ausgebildeten Volontäre. Pia Miranda nahm Anfang Dezember in Frankfurt das „Radiosiegel“ für fundierte und multimediale Volontärsausbildung entgegen (Konken gab bekannt, dass sie nach Ende ihres Volontariats für ein halbes Jahr einen Anschlussvertrag bei Radio Jade bekommt), Serafia Johannson wurde für den Niedersächsischen Medienpreis 2016 nominiert, schaffte es letztlich nur auf den 2. Platz, nach dem Volontariat wechselte sie direkt zu Nordwestradio. (Anm. d. Red.: 2012 ging der Niedersächsischen Medienpreis an Lena Petersen, die anschließend zum NDR wechselte; 2013 an Markus Pettelkau, der heute festangestellter Redakteur bei Radio Jade ist).

Die Crux ist allerdings, dass die Redakteure hoffnungslos überlastet sind, wie Frank Morgenstern anmerkte, zusätzlich zur redaktionellen Arbeit müssten sich Markus und Fabian noch um die Ausbildung der Volontäre kümmern. Nach Katharinas Weggang wurde zwar ein neuer Chefredakteur eingestellt, von dem man sich aber nach sechs Wochen wieder trennte, seitdem ist die Stelle unbesetzt, sieht man von den acht Stunden ab, die Konken (neben der Geschäftsführung) in dieser Position übernimmt.

„Das Geld kommt nicht rein, um einen Chefredakteur einzustellen“, erklärte Konken. Dafür seien Markus Pettelkau und Fabian Metzner nun als CvD (Chef/s vom Dienst) eingesetzt. Serafia Johansson widersprach: Chefs vom Dienst gab es schon immer, sie bekleiden eine Funktion innerhalb einer Schicht und keine feste Position (und sind auch nicht presserechtlich verantwortlich – red.), und wenn sie in dieser Funktion eingespannt sind, ginge das auf Kosten der Ausbildung von Volontären.

Die Finanzlage sieht nicht rosig aus. Die Landesmedienanstalt zahlt den 15 nichtkommerziellen, gemeinnützigen Veranstaltern von Bürgerrundfunk, die keine Einnahmen aus Werbung generieren dürfen, jährlich einen festen Zuschuss (der kürzlich um 5% erhöht wurde). Hinzu kommen Spenden und Mitgliedsbeiträge. Die Mitgliederzahl des Radio Jade e.V. ist in den letzten Jahren allerdings auf aktuell 199 gesunken. Seit 2013 ist Radio Jade eine gGmbH. Der Verein ist nicht mehr selbst Betreiber des Senders, sondern Mehrheitsgesellschafter (51 Prozent der Anteile) des Betreibers Radio JadeRundfunkgesellschaft gGmbH. Weitere Gesellschafter sind Horst Bartels, der im letzten Jahr 24.000 Euro beisteuerte, und die Brune Mettcker Druck- und Verlagsgesellschaft GmbH (16.000 Euro). Der Einstieg insbesondere des WZ-Verlages war damals bei den Mitgliedern höchst umstritten, wollte man doch eigentlich unabhängig und ergänzend zu den etablierten lokalen Medien arbeiten.

Bei der Umwandlung in die gGmbH musste darauf geachtet werden, dass die Gemeinnützigkeit erhalten blieb, und da ist offenbar formal etwas schiefgelaufen, da muss jetzt nachgearbeitet werden. In diesem Sinne war der Vorstand mit der Satzungsänderung beauftragt worden, aber die vorgelegten Änderungsvorschläge gingen den Mitgliedern zu weit. Wolle Willig warnte, dass mit den vorgeschlagenen Änderungen auch der Kern des Vereins „ohne Not“ verändert würde; so sei z. B. der Auftrag, Musik und Bildung zu fördern, rausgestrichen und damit der ursprüngliche Vereinszweck grundlegend geändert; in diesem Fall fordere das Vereinsrecht einen einstimmigen Beschluss aller Vereinsmitglieder, der an diesem Abend (bei gut 30 Anwesenden) nicht möglich sei. Auch Marion Fiedelak mahnte an, den ursprünglichen Vereinszweck nicht fallenzulassen.

Michael Konken, der gleichzeitig Geschäftsführer der gGmbH ist, zeigte sich Hans Peeks gegenüber sehr ungehalten, dass dieser die vorangegangenen Diskussionen und Beschlüsse des Vorstandes jetzt nicht mehr mittragen wollte. Auf Antrag aus der Versammlung wurde der Beschluss über die Satzungsänderungen vertagt, d. h. an den (neuen) Vorstand zurückverwiesen. Den galt es nun, nach mehrheitlicher Entlastung, neu zu wählen.

Konken präsentierte als Kandidaten für den 1. Vorsitzenden Klaus Grimminger. Ein bekanntes Gesicht in Wilhelmshaven, allerdings ist Grimminger erst vor einem Monat dem Verein beigetreten und er räumte ein, bislang kein passionierter Radio Jade-Hörer zu sein. Trotzdem wolle er seine vielfältigen Erfahrungen im organisatorischen und wirtschaftlichen Bereich und seine Zeit als Rentner für den Sender einsetzen, versicherte Grimminger.

Nach kurzem Schweigen wurde aus der Versammlung Wolle Willig als zweiter Kandidat vorgeschlagen. Er war lange Jahre fest angestellter Redakteur bei Radio Jade, 2009 erhielt er seine Kündigung. Mittlerweile moderiert er wieder eine Musiksendung. In geheimer Wahl entschied sich die Versammlung mit 29:4 Stimmen für Wolle Willig als neuen 1. Vorsitzenden des Vereins.

Michael Konken und Ellen Seehausen stellten sich dann nicht mehr zur Wahl. 2. Vorsitzender wurde Thorsten Hashische, 3. Volker Claasen, Schriftführer André Glatzel und Kassenwart Hans Peeks. Als Beisitzerinnen wurden Marion Winkel-Fiedelak und Sandra Reinhold gewählt.

Kommentar:

Weitermachen!

Es war nicht der erste Krach in der Geschichte des vor 22 Jahren (2.3.1995) gegründeten Vereins. Sowas kommt in vielen Vereinen vor, meist geht es dabei um (viel) Geld und/oder „Macht“. Was kein Grund ist, die Auseinandersetzungen bei Radio Jade zu beschönigen, aber erst recht kein Grund, dem Verein bzw. der Sache frustriert bis erbost den Rücken zu kehren. Radio Jade ist bis heute eine Bereicherung der lokalen Medienlandschaft, die Redaktion leistet trotz schwieriger Bedingungen gute Arbeit, die Unterstützung braucht. Der neue Vorstand macht es vor – mitgestalten statt nur meckern! – und verdient Respekt, namentlich Wolle Willig, der als Urgestein des Senders schon manche Klatsche einstecken musste, aber der guten Sache immer verbunden blieb und nun den Mut aufbringt, an vorderster Front Verantwortung zu übernehmen für Probleme, die im Vorfeld entstanden sind. Wir wünschen ihm und seinen VorstandskollegInnen Glück und Erfolg dabei, den Sender wieder auf eine stabile Frequenz zu bringen.

Imke Zwoch

 

Jetzt erst recht: Eintreten! Einmischen!

Begeisterte RadiohörerInnen sollten sich durch Vorstandsquerelen nicht abschrecken lassen. Vorstände kommen und gehen – Radio Jade muss bleiben! Radio Jade ist ein Sender von BürgerInnen für BürgerInnen in Wilhelmshaven und umzu. Wer dazu beitragen will, dass der Sender bleibt, kann den Förderverein als Mitglied finanziell und mit eigenen Ideen, Kompetenzen und Aktivitäten unterstützen: hier geht’s zum Mitgliedsantrag.

 

 

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