Die Sumpfdotterblumen sprießen wieder
Geheim und hinter verschlossenen Türen wird der JadeWeserPort verhandelt
(hk) Wieder im eickmeierschen Tritt bewegt sich die Wilhelmshavener Stadtverwaltung. Das Vorgehen der Stadt Wilhelmshaven bei den Industrieansiedlungen der 70-er Jahre führte zu bundesweiter Kritik (Beiträge in „Monitor“, Buchveröffentlichungen wie „Dreckiger Sumpf“, große Artikel in Illustrierten und in den großen Tages- und Wochenzeitungen) und letztendlich zur Ablösung des damaligen Oberstadtdirektors Dr. Eickmeier. Jetzt beim JadeWeserPort sollte alles anders laufen. Vollmundige Versprechungen, zum Beispiel auf dem Scoping-Termin, ließen hoffen.
Die Öffentlichkeit sollte von Anfang an in den Diskussionsprozess einbezogen werden, damit sie das Projekt auch als ihr Projekt verstehe. Nachdem die Wilhelmshavener Hafenwirtschaftliche Vereinigung (WHV) mit ihrem in kritischen Situationen leicht unbeherrschten Präsidenten John H. Niemann die Federführung des Projektes an die JadeWeserPort-Entwicklungsgesellschaft abgab, gab es selbst bei uns ein Fünkchen Hoffnung.
Doch diese Hoffnung zerplatzte wie eine Seifenblase, als der Bürgerinitiative gegen den JadeWeserPort das Protokoll der Bauausschusssitzung vom 12. März zugespielt wurde. Gewissenhaft protokolliert ist darin folgendes zu lesen: „Herr Kottek erläuterte, dass Herr Prof. Jung im Auftrage der Wirtschaftsförderung Stellungnahmen der beteiligten Kommunen sammelt. Da diese Stellungnahmen normalerweise in öffentlichen Verfahren behandelt werden und in den Abwägungsprozess hineingehen, man aber befürchtete, den Gegnern des JadeWeserPorts Argumente zu liefern, hat der Verwaltungsvorstand beschlossen, diesen Tagesordnungspunkt in den nichtöffentlichen Teil zu verlegen und auch keine Vorlage zu verteilen.“
Mit dieser Begründung zeigen Verwaltung und Bauausschuss der Stadt Wilhelmshaven, dass ihnen jedes Mittel recht ist, um die kritische Öffentlichkeit aus den Verfahren um den Bau des JadeWeserPort auszuschließen. Ist es fehlendes Fingerspitzengefühl oder die Arroganz der Macht, wenn derart deutlich wird, dass die Bevölkerung der Stadt Wilhelmshaven nur eine lästige Störung einer selbstherrlichen Verwaltung darstellt?
Die Verantwortlichen mussten damit rechnen, dass die Bürgerinitiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“ in den Besitz dieses Protokolls gelangt. Seit der Gründung der BI haben wir unter anderem die Machbarkeitsstudien des JadeWeserPort und des Weser-Jade-Kanales sowie das von den Norddeutschen Länderchefs geheim gehaltene Berger-PLANCO-Gutachten in die Öffentlichkeit gebracht. Das Protokoll dieser Sitzung, sowie alle Gutachten und Studien sind auf der Internetsite unter www.antiport.de nachzulesen.
Der JadeWeserPort wird mit erheblichen Steuermitteln geplant und gebaut. Der Steuerzahler hat ein elementares Grundrecht, über die Auswirkungen des Containerhafens und den Verbleib der Steuergelder informiert zu werden.
Wir zeigen dem Wilhelmshavener Bauausschuss und der Stadtverwaltung die demokratische „Rote Karte“. Gleichzeitig fordern wir Herrn Oberbürgermeister Eberhard Menzel auf, seine Wahlkampfversprechen einzulösen und diesem selbstherrlichen Verhalten deutlich Einhalt zu gebieten.
Einzig der FDP-Ratsherr Dr. Michael von Teichman „warnte davor, diesen Weg zu beschreiten und dieses Thema nicht öffentlich zu behandeln.“
Voller Brisanz ist auch die
zum „Moderationsverfahren zur Abstimmung der Regionalen Raumordnungsprogramme der Landkreise Friesland, Wesermarsch und Wittmund sowie des Flächennutzungsplans der Stadt Wilhelmshaven im Vorfeld der Planungen für den Jade-Weser-Port“, die in vielen Bereichen durchaus aus der Feder eines BI-Aktivisten stammen könnte. Da gibt es dann wieder das bereits oben erwähnte Fünkchen Hoffnung. Auch wenn die zum Teil in typischem Behördendeutsch abgefasste Stellungnahme etwas „breiig“ zu lesen ist, lohnt sich die Lektüre.
Durch den Bau und den Betrieb des Jade-Weser-Ports und der zugehörigen infrastrukturellen Anbindung an das Schienen- und Straßennetz wird es zu Störungen und Beeinträchtigungen vielfältigster Art kommen.
Die gewerblich-industriellen Bauflächen des Voslapper- und Rüstersieler Grodens, als auch die Bauflächen im Bereich des Sengwarder Landes sind im Landesraumordnungsprogramm des Landes Niedersachsen als Vorranggebiet für die Anlage von hafenorientierten industriellen Anlagen am seeschifftiefen Fahrwasser festgelegt und im Flächennutzungsplan der Stadt Wilhelmshaven als industrielle Bauflächen dargestellt. Diese i. R. stehenden potentiellen Bauflächen sind mit flächenbezogenen Schallleistungspegel des schalltechnischen Beratungsbüros Müller BBM (München) belegt und kontingentiert.
Der Jade-Weser-Port als neue heranrückende gewerblich-industrielle Sondernutzung hat diese Schallleistungspegel zu berücksichtigen und sich schalltechnisch anzupassen. Bereits in der konkretisierenden Planungsphase befindliche gewerblich-industrielle Projekte, wie z. B. die Sondernutzung des Voslapper Grodens zum Jade-Weser-Port, die Planungen für einen Chemiepark im Sengwarder Land, als auch die Projektierungen im Rüstersieler Groden sind grundsätzlich zu berücksichtigen.
Herausragende Bedeutung für die wirtschaftliche Situation der Stadt Wilhelmshaven haben die vorhandenen Industriebetriebe auf dem Voslapper- und dem Rüstersieler Groden. Diese sind bei Realisierung des Jade-Weser-Ports aus schalltechnischer Sicht in ihrem Bestand zu berücksichtigen und zu sichern. Erkennbare und/oder beabsichtigte Entwicklungen von industriell-gewerblichen Erweiterungen sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Westlich des Voslapper Grodens befindet sich der Stadtteil Voslapp, weiter südlich belegen der Stadtteil Rüstersiel. Obwohl nicht unmittelbar dem Tourismusbereich zuzuordnen, sind gleichwohl auch Übernachtungen von Touristen in diesen Stadtteilen vorhanden. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen beziehen sich gleichermaßen auf die Anwohner wie auch auf ein Tourismuspotential in den v. g. Stadtteilen.
Durch den Bau und den späteren Betrieb des Jade-Weser-Port werden nachfolgende Störungen bzw. Konflikte erwartet:
• Lärmemissionen durch den Hafen und den Hafenbetrieb, sowohl beim Bau (Rammen der Spundwände) als auch zukünftig beim Betrieb des Hafens
• Lärmemissionen durch eine Zunahme von Verkehren sowohl auf vorhandenen als auch durch neu zu realisierende Infrastrukturen für die gleisbautechnische und die straßenbautechnische Erschließung
• Luftverunreinigungen durch den Schiffs-, Schienen- und den LKW – Verkehr
• Veränderungen der geomorphologischen Bedingungen, d. h. verstärkte Verschlickung bzw. Versandung des auch touristisch interessanten Rüstersieler Hafens
• Erhöhte Gefahr von Havarien durch den zusätzlichen Schiffsverkehr
• optische Beeinträchtigungen durch die hohen Krananlagen und die hoch gestapelten Container
• optische Beeinträchtigungen durch einen ganztägigen Betrieb in den Nachtstunden durch die helle Beleuchtung des Hafengebietes und insbesondere der Krananlagen und der Kaje (Visualisierung erforderlich).
Der touristisch sowohl bei Einheimischen wie auch bei Auswärtigen sehr beliebte Geniusstrand ist im Zuge der Projektierungen zum Jade-Weser-Port gänzlich verlustig. Im Vorfeld der Planungen bedarf es einer Klärung, ob und wie ein Ersatz bzw. eine annähernd gleichwertige Nutzung realisiert werden kann.
Im Bereich der Geniusbank befindet sich ein Campingplatz mit ca. 700 Stellplätzen für saisonale als auch überwiegend für ganzjährige Nutzungen. Der Campingplatz ist planungsrechtlich durch einen rechtskräftigen Bebauungsplan abgesichert.
Durch die Projektierung zum Jade-Weser-Port entfällt einerseits die Bademöglichkeit am Geniusstrand, andererseits wird der Bereich des Campingplatzes planungsrechtlich überplant und den beabsichtigten gewerblich- bzw. industriellen Nutzungen angepasst. Demzufolge ergibt sich ein Handlungsbedarf bei der Suche nach geeigneten Flächen für die Neuausweisung für einen Campingplatz für eine ganzjährige Unterbringung.
Die saisonalen Camper können dem Tourismusbereich der angrenzenden Nachbargemeinde Wangerland angegliedert werden.
Gleichwohl bietet der Jade-Weser-Port für Wilhelmshaven im Bereich des Städtetourismus als auch für die touristische Freizeitregion der angrenzenden Gemeinden einen nicht unerheblichen touristischen Anziehungspunkt. Daher ist frühzeitig bei den Planungen zum Jade-Weser-Port auch eine touristische Erlebbarkeit zu gewährleisten.
Des weiteren bietet der Jade-Weser-Port auch Möglichkeiten, das gewerblich bedingte Besucherpotential mit touristischen Elementen des Städtetourismus zu verbinden (z. B. Stadtmarketing der Wilhelmshavener und der in der Region vorzufindenden Attraktionen).
Durch den Bau und den Betrieb des Jade-Weser-Ports und hafenaffiner Gewerbeansiedlungen im Umfeld sind bestehende Verkehrswege auf ihre Belastbarkeit hin zu überprüfen und im Bedarfsfall entsprechend zu ertüchtigen bzw. anzupassen. Im konkreten kann es zu sinnvollen Teil-/Neubauprojekten für die Verkehrsinfrastruktur der Schienenwege und der verschieden klassifizierten Straßenwege kommen.
Im einzelnen sind nachfolgend aufgeführte Verkehrsinfrastrukturen zu überprüfen:
• Gleisbautechnische Erschließung
Die Bahnstrecke zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg muss grundlegend ertüchtigt werden. Vorrangig ist dabei die Elektrifizierung und der durchgängige zweispurige Ausbau der Strecke und damit auch die Beseitigung der Langsamfahrstrecke zu gewährleisten.
Das vorhandene Industriestammgleis muss in das Hafengebiet des Jade-Weser-Ports hineingeführt werden. Bei der Auswahl von Trassenvarianten ist darauf hinzuwirken, dass der Stadtteil Voslapp in anstehenden schalltechnischen Untersuchungen in besonderem Maße berücksichtigt wird und auf eine schalltechnische Verbesserung des derzeitigen Status Quo hingearbeitet wird. Die Stadt Wilhelmshaven favorisiert hier die Aufgabe des bestehenden Gleises westlich der Deponie und eine Verlegung und den Neubau östlich der Deponie im Voslapper Groden.
Hierbei ist bereits in der ersten Plankonzeption zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Vermarktung der potentiellen Industrie- und Gewerbenutzungen im Voslapper Groden die Verfügbarkeit eines Gleisanschlusses entscheidend sein kann.
Die Planungen für den Bau des Nordgleises sind zu berücksichtigen. Auf eine sinnvolle Verknüpfung der Schienenverkehrswege wird ausdrücklich hingewiesen.
• Straßenbautechnische Erschließung
Bereits während des Baus des Jade-Weser-Ports als auch bei Inbetriebnahme des Hafenbetriebs sind erhebliche Verkehrszunahmen und Verkehrsverlagerungen (Pendlerverlagerungen) zu erwarten. Auf Grundlage von prognostizierten Verkehrsmengen im Modal Split sind Verkehrssimulationen durchzuführen, welche Aufschluss über die Verkehrsbeziehungen und das Verkehrsaufkommen geben. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sind gegebenenfalls Ertüchtigungen oder Teil-/Neubauten von Verkehrsinfrastrukturen zu realisieren.
Nach derzeitigem Kenntnisstand sind bereits heute nachfolgend aufgeführte Konfliktbereiche erkennbar:
Die Bundesautobahn A 29 ist die zukünftige Hauptverbindung zum Hafenterminal und umgebender potentieller Industrie- und Gewerbegebiete. Auf Grund der Höhenentwicklung des Niedersachsendamms (A 29) im Verlauf mit der signalisierten Kreuzung Flutstraße und der zukünftigen eindeutigen Verkehrsbeziehung zum Hafenterminal ist der Umbau dieses neuralgischen Verkehrsknotenpunktes notwendig. Dabei wird von Seiten der Stadt Wilhelmshaven die Weiterführung der A 29 in aufgeständerter Art und Weise mit einem darunter befindlichen Kreisverkehr und einer Anbindung über sog. Holländische Rampen favorisiert.
Im weiteren Verlauf der A 29 ist, nach Übergang zur Kommunalstraße Niedersachsendamm, im Bereich der derzeitigen Kreuzung des Niedersachsendamms mit der Straße „Am Tiefen Fahrwasser“ ein Haupt-Verkehrsknotenpunkt in Form eines Kreisverkehres als Hauptverteiler zu verschiedenen Verkehrszielen zu realisieren. Im Zuge der weiteren Erschließung des Bereiches Voslapper Groden und des Jade-Weser-Ports ist, u. a. aus touristischen Gründen, auf die Beibehaltung der öffentlichen Straße „Am Tiefen Fahrwasser“ als Verkehrsverbindung entlang der Jade hin zu Hooksiel zu achten. Bei einer Aufhebung der Gleistrasse westlich der Deponie bietet sich die Möglichkeit an, auf dieser vorhandenen Trasse die Osttangente weiter in nördliche Richtung (handschriftliche Erweiterung: zur Entlastung der Flutstraße im Verlauf des Ortsteils Voslapp) zu verlängern.
„Sehr interessant ist, dass ich zweimal das Protokoll in meinem Briefkasten gefunden habe. Einmal vollständig und einmal als Auszug. Sollten hier zwei Ratsvertreter sein, die mit bestimmten Vorgehensweise ihrer Fraktionen nicht mehr ganz einverstanden sind?
Ich bedanke mich bei diesen Ratsvertretern ganz ausdrücklich. Es muss ein gutes Gefühl sein, sich wieder an die demokratischen Grundlagen zu erinnern. Jedem, der sein ‚politisches Gewissen’ neu entdeckt hat, wird uneingeschränkte Vertraulichkeit zugesichert.“
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