Trotz und Erleichterung
Hamburg verabschiedete sich vom länderübergreifenden Hafenprojekt
(hk) Gewusst hatten es ja alle, und so fand der Abschied Hamburgs aus dem JadeWeserPort-Projekt auch nur noch ein mildes Echo in der örtlichen und regionalen Presse. „….und tschüß“ titelte WZ-Chef Westerhoff seinen Kommentar. Die niedersächsische Landesregierung warf dem Hamburger Senat vor, mit zum Teil falschen Zahlen gearbeitet zu haben. Einzig die niedersächsischen Grünen forderten den Ausstieg aus dem Tiefwasserprojekt.
Abgesehen von der desaströsen finanziellen Lage des Landes sollte sich Niedersachsen auch aus ökologischen Gründen von diesem Projekt verabschieden. „Der Bau des Hafens selbst und die notwenige Erschließung von Straßen- und Eisenbahnanbindungen wird wertvolle Landschaftsräume zerstören“, befürchtet Tischmann.
Ihrer Ansicht nach hat das Land Niedersachsen in den vergangenen Jahren zu häufig Finanzmittel in überteuerte und teilweise unsinnige Großprojekte investiert. Beispiele dafür seien die Expo 2000 und die Hirnklinik in Hannover sowie das Emssperrwerk in Leer. Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven könnte ein weiteres mehr werden.
Stattdessen spricht sich die grüne Landesvorsitzende für eine europäische Lösung der Abfertigung von großen Containerschiffen aus. „Für ein solches Projekt drängt sich die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn geradezu auf“, so Heidi Tischmann.
Da in der örtlichen Presse die Stellungnahme des Hamburger Senats nur bruchstückhaft veröffentlicht wird, bieten wir unseren LeserInnen den Text im gesamten Wortlaut:
Hamburg setzt auf Wettbewerbsfähigkeit seines Hafens
Hamburg wird sich nicht weiter an dem von Niedersachsen und Bremen geplanten „Tiefwasserhafen“ beteiligen. Auch die Hamburger Hafen und Lagerhaus AG (HHLA) wird sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in einer Betreibergesellschaft des „Tiefwasserhafen“ engagieren.
Senator Gunnar Uldall: „Um den Erfolg des Hamburger Hafens als zweitgrößter Containerhafen Europas langfristig zu sichern, werden wir unsere Mittel darauf konzentrieren, die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens weiter auszubauen; das heißt auch, unsere Kapazitätsreserven voll auszuschöpfen. Hamburg verfügt über die Möglichkeit, seine Kapazität im bestehenden Hafengebiet etwa auf das Dreifache des heutigen Containerumschlags auszubauen. Darüber hinaus steht das Gebiet Moorburg als Hafenerweiterungsgebiet zur Verfügung. Kapazitätsengpässe sind in Hamburg bei Durchführung entsprechender Investitionen für die nächsten 20 Jahre nicht ersichtlich. Oberste Priorität hat deshalb für uns die weitere Fahrrinnenanpassung der Elbe für die Anforderungen der modernen Containerschifffahrt. Es besteht kein Anlass, dass die Freie und Hansestadt Hamburg und die HHLA Finanzierungsanteile von insgesamt rd. 280 Mio. Euro zum Ausbau eines Konkurrenzhafens aufbringen.“
Das im Januar dieses Jahres von der JadeWeserPort-Entwicklungsgesellschaft vorgelegte „Projektdesign“ für den „Tiefwasserhafen“ weicht in zentralen Punkten von der Gemeinsamen Erklärung der Länder Niedersachsen, Bremen und Hamburg vom 30.03.2001 ab.
Die Schiffsgrößenentwicklung deutet nicht auf Schiffe mit Tiefgängen hin, die Hamburg nach der beantragten Elbvertiefung nicht mehr mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung anlaufen können. Die renommierte Consulting-Firma Drewry hat in einer umfangreichen Studie über die Containerschiffs-Größenentwicklung prognostiziert, dass es bis zum Jahre 2010 24 Schiffseinheiten mit einer Tragfähigkeit von 12.000 TEU und einem Tiefgang von 14,5 m geben wird. Solche Schiffe werden den Hamburger Hafen nach einer Elbvertiefung anlaufen können. Sollten vereinzelt Schiffe auftreten, die einen höheren Tiefgang aufweisen, wären sie ohne wirtschaftliche Relevanz und könnten keinen Hafen für sich alleine tragen.
Das vorgelegte Konzept für den „Tiefwasserhafen“ geht deshalb von einem Hafen in Konkurrenz zu den bestehenden Häfen Hamburg und Bremerhaven aus. Das der Wirtschaftlichkeitsberechnung unterlegte Mengengerüst ist nur vorstellbar, wenn entsprechende Mengen aus dem dann vorhandenen Volumen in erster Linie vom Hamburger Hafen abgezogen werden. Ein nennenswertes Abziehen von Ladung aus dem rd. 250 Seemeilen entfernten Rotterdam ist angesichts der günstigen Lage dieses Hafens zum Ruhrgebiet und der Transportmöglichkeiten über den Rhein als höchst unwahrscheinlich zu erachten. Die wesentliche Voraussetzung der Gemeinsamen Erklärung vom 30.03.2001, nämlich die Konzeption des „Tiefwasserhafens“ als Ergänzungshafen, wird damit nicht erfüllt.
Außerdem sollen nach der Gemeinsamen Erklärung „mindestens 50 %“ der Infrastruktur privat finanziert werden. Im vorliegenden Konzept von Roland Berger sind lediglich 50 % des Kaimauerbaues für eine private Finanzierung vorgesehen, während die zur terminalbezogenen Infrastruktur zählende Flächenentwicklung ausgeklammert wird.
Auch die HHLA wird einer Betreibergesellschaft für einen „Tiefwasserhafen“ in Wilhelmshaven unter den gegebenen Umständen nicht beitreten. Der bei einer Beteiligung auf die HHLA entfallende Finanzierungsanteil kann wirtschaftlich effizienter im Hamburger Hafen investiert werden.
Senator Gunnar Uldall: „Die Entscheidung Hamburgs bedeutet nicht das Ende der norddeutschen Kooperation. Es gibt weiterhin viele gemeinsame Interessen, die wir zusammen voranbringen werden, z.B. die A26, die Elbquerung, die Y-Trasse, die Airbusproduktion oder der Ausbau des Nahverkehrs in der Metropolregion Hamburg. Auch die Fahrrinnenanpassung der Elbe ist nicht nur für Hamburg von Bedeutung. Viele Beschäftigte, deren Arbeitsplatz vom Hamburger Hafen abhängig ist, wohnen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Wir sind deshalb schon immer davon ausgegangen, dass Jade Weser Port und Elbvertiefung zwei voneinander völlig unabhängige Projekte sind. Eine Bewertung, die Niedersachsens Ministerpräsident Gabriel in seinem Gespräch mit Bürgermeister Ole von Beust ausdrücklich geteilt hat.“
Sorry, the comment form is closed at this time.