Irak 2
Apr 032003
 

 

Kommentar:

„Manchmal hat man nicht genug Kopf zum Schütteln!“ (Ernst Bloch)
Wer kennt sie nicht, die Klagen über die so unpolitisch gewordenen, egozentrischen Schülerinnen und Schüler. Den etablierten Parteien brechen die Jugendorganisationen weg. Kaum Nachwuchs auch bei den Gewerkschaften. Nur mit Mühe lässt sich ein Jugendparlament organisieren. Schülerzeitungen mit politischem Inhalt sind Schnee von gestern.

Aber jetzt wieder, wie schon beim letzten Golfkrieg, zeigen besonders Schülerinnen und Schüler ihre Betroffenheit und protestieren mit Transparenten und Plakaten lauthals gegen den Kriegswahnsinn. Vielerorts sind gerade junge Leute der Motor dieser politischen Protestbewegung. Und jetzt könnten die, die sich diesmal in der „großen“ Politik verbal auf die Seite der Kriegsgegner gestellt haben, doch mindestens den jungen Leuten, die sich solidarisch zeigen mit dem bedrohten irakischen Volk, ihre Anerkennung aussprechen. Besser noch wäre, sie würden Vorbild sein und sich zeigen an den Orten des Protestes. So wie beispielsweise Bundestagspräsident Thierse und andere aus dem Parlament auf der Großdemo in Berlin. Wie kleinkariert muss man eigentlich sein, um stattdessen die Verunreinigung eines öffentlichen Platzes mit Papierschnipseln überhaupt zu thematisieren? Skandalös auch die Bearbeitung des Themas Krieg an Wilhelmshavener Schulen! Da wurden demonstrierende Schüler als Schulschwänzer ins Klassenbuch eingetragen. Organisationsleiter des Protestes wiesen im Gespräch mit dem Gegenwind darauf hin, dass man ihnen mit Schulverweis gedroht habe. Perfide auch die Aufforderung einiger Lehrkörper, man möge doch außerhalb der Unterrichtszeit demonstrieren, von wegen der Glaubwürdigkeit! Wer so etwas in der Schule lernt, traut sich später vielleicht auch nur im Urlaub zu streiken? Solch eine Denkweise hat Lenin zum Anlass genommen, darüber zu höhnen, dass deutsche Arbeiter, so sie denn eine Revolution auf dem Bahndamm begännen, zuvor eine Bahnsteigkarte kaufen würden. Man mag über die Borniertheit einiger Schulleiter und Lehrer den Kopf schütteln. Wenn politische Entscheidungsträger in ihren öffentlichen Stellungnahmen zum Protest gegen den Krieg Lärm und Verunreinigung in den Mittelpunkt stellen, mag man darüber lachen. Fakt ist, dass viele junge Menschen jetzt verunsichert sind, einige sogar aus Angst heraus kommenden Protestaktionen fernbleiben wollen. Wegen der Teilnahme an einer Friedensdemonstration von der Schule zu fliegen, ist absurd. Anscheinend wissen das nicht alle Schüler. Also muss man es ihnen sagen. Der Krieg kann noch lange dauern. Solange er dauert, findet mindestens jeden Donnerstag um 18 Uhr vor der Nordseepassage eine Protestkundgebung statt. Hoffentlich weiterhin mit vielen jungen Leuten! Und hoffentlich bald auch mit Lehrern und Schulleitern, die in ihrer unterrichtsfreien Zeit das Mikrophon ergreifen und sich solidarisch erklären mit ihren Schülern!

Uwe Brams

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