L’état c’est moi – oder wie?
Nicht nur bei der Stadtverwaltung herrschte Sonnemann nach Gutsherrenart
(noa) In den letzten Jahren schaute ganz Wilhelmshaven auf die Wohnungsbaugesellschaft Jade. Das Hin und Her um geplatzte Verkaufspläne, schwindeliges Leasingmodell und schließlich Verkauf band die Aufmerksamkeit. Währenddessen tat sich unbemerkt auch einiges bei der Spar & Bau.
Mit dem Slogan „Gut wohnen“ präsentiert sich diese Wohnungsbaugesellschaft in ihrem Inserat im Örtlichen. Dort sind auch die kostenfrei anzuwählenden Servicenummern (0800) angegeben, bei denen Mieter, Mitglieder und Interessenten sich informieren oder beschweren können.
Gut wohnen kann man wohl bei der Spar & Bau, aber gut arbeiten eher nicht.
Z.B. die bewussten Servicenummern: Bei Einrichtung einer solchen Anlage bietet die Telekom einen Sonderservice in Form einer Basisstatistik. Wie oft die Serviceline genutzt wird, wie schnell der Anruf beantwortet wird, wie viele Anrufe nicht beantwortet werden, kann der Betreiber der Anlage sich zurückmelden lassen. Der Vorstand der Spar & Bau verwendete nun diese Informationen zur Disziplinierung der MitarbeiterInnen. Eine solche Maßnahme ist mitbestimmungspflichtig, doch Hans-Georg Sonnemann, damals noch Vorstandsvorsitzender, hielt es nicht für nötig, die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen oder ihn auch nur darüber zu informieren.
Das Thema ist mittlerweile erledigt. Das Arbeitsgericht urteilte jüngst, dass die Spar & Bau die Anlage nicht mehr betreiben darf. Es hätte ausgereicht, die Gesellschaft als Arbeitgeber zur Unterlassung der Überwachung zu verurteilen, doch da sich der Vorstand während des Verfahrens nicht im Gerichtssaal blicken ließ und deshalb nicht darlegen konnte, dass er die Überwachung einstellen wird, fiel das Urteil etwas gründlicher aus.
Dies ist nicht der einzige Punkt, an dem Sonnemann, vormals Leiter des Bauordnungsamtes und von damals schon bekannt für seinen Führungsstil nach Gutsherrenart, bei der Spar & Bau die Mitarbeiterrechte missachtete. Nach der letzten Betriebsratswahl versuchte er, die Anwesenheit der Gewerkschaftsvertreter bei der ersten Betriebsversammlung zu verbieten. Als dennoch Gewerkschaftsfunktionäre eingeladen wurden und teilnahmen, bekam der Betriebsratsvorsitzende deswegen eine Abmahnung.
Ebenfalls am Betriebsrat vorbei, ohne dessen Zustimmung und ohne ihn auch nur in Kenntnis zu setzen, begann die Spar & Bau in Sonnemanns Amtszeit eine Umstrukturierung. Seit zwei Jahren prangt am Eingang in der Grenzstraße ein Schild mit der Aufschrift „Spar & Bau Immobilien GmbH“. Zu dieser Zeit wurden die Beschäftigten einzeln zum Vorstand gebeten und aufgefordert, bei der Umstrukturierung mitzuziehen, andernfalls würden sie „hinten runterfallen“. Über Neueinstellungen wurde der Betriebsrat nicht informiert. Die Argumentation, der Betriebsrat sei ja für die Beschäftigten der Spar & Bau eG zuständig, jetzt aber arbeite die Spar & Bau Immobilien GmbH, mochte das Arbeitsgericht nicht mittragen. Es urteilte, dass das Handeln der GmbH in Vorbereitung in Wirklichkeit das Handeln der Genossenschaft ist und der Betriebsrat sehr wohl zuständig und gemäß Betriebsverfassungsgesetz zu beteiligen ist. Die GmbH existiert immer noch nur auf dem Schild am Eingang und laut Telefonbucheintrag; bezüglich der Änderung der Rechtsform ist die geplante Umstrukturierung erst mal stecken geblieben.
Bezüglich der Organisation der Arbeit hat die Umstrukturierung stattgefunden. Es wurden Teams gebildet, von denen die beiden Bestandsteams, die sich um die gut 3000 Wohnungen und die Mieter kümmern, hoffnungslos überlastet sind und ständig ihr Arbeitszeitkonto auffüllen. Die je drei Mitglieder dieser beiden Teams – zwei Mieterbetreuer und ein Objektbetreuer – sollen nun nach den Vorstellungen des Vorstandes auf einem Formular nachweisen, wofür sie die Mehrarbeit geleistet haben. Der Betriebsrat hat auch dieser Maßnahme nicht zugestimmt, weswegen nun Mehrarbeit, die über 12 Stunden im Monat hinausgeht, nicht bezahlt und nicht als Arbeitszeitguthaben in den nächsten Monat mitgenommen werden soll.
Auch bei der Einstellung neuer Mitarbeiter klappt die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Betriebsrat nicht. Der Vorstand informiert und beteiligt die gewählte Interessenvertretung der Beschäftigten nicht. In neu abzuschließenden Arbeitsverträgen steht, dass der Arbeitgeber die „beiliegende Stellenbeschreibung“ jederzeit ergänzen oder ändern kann, während eine Stellenbeschreibung weder dem Vertrag bei- noch sonst irgendwo liegt. Auch in dieser Frage trafen sich Vorstand und Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht wieder. Das Arbeitsgericht forderte den Vorstand der Spar & Bau auf, sich künftig an das Betriebsverfassungsgericht zu halten.
Sonnemann hat seinen Vorstandsposten nach Vollendung seines 65. Lebensjahres geräumt. Jetzt gehört Dr. Hans-Joachim Gottschalk dem Vorstand an. Er hat zugesichert hat, das Gesetz zu beachten. Ob damit wieder Frieden einkehrt, bleibt abzuwarten.
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