SPD und Jugend
Sep 051998
 

Die SPD und die Jugend

Wer vertritt eigentlich die Jugend innerhalb der SPD?

(noa) Im Jugendamt fehlen Stellen, die Beschäftigten sind völlig überlastet und können ihre Arbeit schon lange nicht mehr richtig leisten – daran hat sich seit unserem Artikel „Vorbeugung fällt aus“ in der Ausgabe 144 nichts geändert. Neu ist, dass die Ratsfraktionen das jetzt auch sehen.

„Ausgeblutetes Jugendamt kann gesetzliche Aufgaben nicht erfüllen“, titelte die „WZ“ am 4. August, informiert von den CDU-Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses, und gleich am nächsten Tag bestätigte die SPD diesen Sachverhalt. Da Bundestagswahlkampf auch lokal ausgefochten wird, nutzten die beiden großen Parteien die Gelegenheit, sich gegenseitig die Schuld an diesem Problem in die Schuhe zu schieben. Die SPD wies darauf hin, dass die Wiederbesetzungssperre, die dazu geführt hat, dass ausgeschiedene MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung nicht ersetzt wurden, eine Forderung der CDU gewesen sei, und am 7. August konterte die CDU, dass in der SPD „Unkenntnis“ in Sachen Jugendpolitik herrsche.

All das ist nichts Besonderes, denn im Wahlkampf ist man dankbar über jede Gelegenheit, sich ein Profil zu basteln. Insider fragen sich allerdings denn doch, was das soll. Im Jugendhilfeausschuss arbeiten die CDU- und die SPD-Ratsmitglieder, die sich jetzt öffentlich gegenseitig ans Bein pinkeln, meistens recht einträchtig zusammen.

Wir hätten diese kleine Artikelreihe beinahe überlesen und uns nichts weiter dabei gedacht, da fiel uns in dem Artikel vom 7.8. etwas auf. „Die SPD, so heißt es in einer Stellungnahme der Christdemokraten, habe bislang offiziell keinen ‘jugendpolitischen Sprecher mit Sachkompetenz’ benannt…“ Wie? Ist nicht Sabine Gastmann jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion? Das ist aber grob unhöflich von der CDU, ihr die Sachkompetenz abzusprechen! Warum hat dann wohl ihr Arbeitgeber, die Gesellschaft für paritätische Sozialarbeit (GPS), Frau Gastmann zur Leiterin des Jugendhilfeverbundes gemacht?

Haben wir irgendetwas übersehen? In dem Artikel vom 4.8. stand doch… oh! … „und die Jugendpolitiker Sabine Gastmann und Kurt Lorentz…“ Jugendpolitiker? Ist das etwas anderes? Oder weiß die CDU nicht, dass Frau Gastmann dieses Amt bekleidet, und meint sie jemand anderen? Schließlich gibt es in der SPD ja einen, der sich in so kurzen Abständen zu Jugendpolitik äußert, dass man denken könnte, er wäre der jugendpolitische Sprecher – und dessen Sachkompetenz wird von vielen angezweifelt. Im November z.B. hat Karlheinz Föhlinger „davor gewarnt, es Institutionen mit privatem Charakter weitestgehend zu überlassen, wie die Betreuung Jugendlicher in dieser Stadt anzusetzen ist“ („WZ“ v. 18.11.97), und im Frühling dieses Jahres kritisierte er zusammen mit seiner Fraktionskollegin Brigitte Fiedler die Stadtteilkonferenzen, deren Konzepte „den Charakter des Halbfertigen besäßen“ („WZ“ v. 24.3.98). Dass die freien Träger und die Stadtteilkonferenzen ihre Arbeit auf Grundlage eines Jugendhilfeplans leisten, der nach gesetzlichen Vorgaben entwickelt wurde, leisten, kümmert Föhlinger weniger. Ja, den könnten sie gemeint haben.

Nach einigen Spekulationen, ob wir irgendwann mal die Zeitung nicht ordentlich gelesen und einen Wechsel nicht mitgekriegt hatten, fragten wir nach. Und siehe da – die SPD hat tatsächlich keinen jugendpolitischen Sprecher (nicht einmal einen ohne Sachkompetenz). Sabine Gastmann ist im Oktober 1997 von diesem Amt zurückgetreten. Sie hatte feststellen müssen, dass ihre Kompetenz in ihrer Fraktion beharrlich in Frage gestellt worden war. Was auch immer sie vorschlug, wurde ignoriert. Und da sie, wie sie uns sagte, kein Amt innehaben wollte „ohne die Inhalte, nur zur Show“, gab sie diese Funktion wieder auf.

Die SPD blieb konsequent. Wie ihre Anregungen, Konzeptionen und Forderungen wurde auch Gastmanns Rücktritt ignoriert. Sie bekam keine Antwort von ihrem Fraktionsvorsitzenden, es wurde kein Nachfolger gewählt, es stand nicht in der „WZ“, nicht einmal die örtlichen SPD-Mitglieder erfuhren davon. Die einzigen, die es mitbekommen haben, sind, so scheint’s, die Christdemokraten. Da kann man mal sehen!

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