JadeWeserPort 1
Mrz 272002
 

Vaterlandsverräter

Richtig Haue bekamen Ortgies und Biester von der Wilhelmshavener Hafen-Gang

(hk) Inse-Marie Ortgies und Dr. Uwe Biester, beide für die CDU im niedersächsischen Landtag, haben eine Anfrage zum geplanten JadeWeserPort gestellt. Sie bekamen nicht nur eine unbefriedigende Antwort, sondern gleichzeitig eine volle Breitseite der Wilhelmshavener Hafen-Gang vor den Bug. Man wirft ihnen gar vor, dass sie mit Hamburg gegen den JadeWeserPort paktieren: Vaterlandsverräter!

Was ist da eigentlich los?

Obwohl wir die Passagen aus der Vereinbarung schon mehrfach im Gegenwind zitiert haben, müssen wir es wohl noch einmal tun. Am 30. März 2001 wurde zwischen Niedersachsen, Bremen und Hamburg vereinbart: Die Bürgermeister von Bremen und Hamburg und der Niedersächsische Ministerpräsident sind sich einig über die grundsätzliche Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens in der Deutschen Bucht für Containerschiffe, die aufgrund ihrer Größe Bremerhaven und Hamburg auch unter zukünftigen Tiefgangsbedingungen nicht mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung anlaufen können. Dieser Tiefwasserhafen soll als norddeutsches Projekt gemeinsam realisiert werden und stellt eine Ergänzung des bereits bestehenden norddeutschen Hafenangebotes dar.
Eine ökologisch vertretbare und ökonomisch erforderliche weitere Vertiefung von Elbe und Weser werden geprüft. Die Regierungschefs der Länder sind sich darüber einig, dass die Ergebnisse dieser Prüfung dann zügig umgesetzt werden.
Die Hamburger tun natürlich alles, um ihren Standort zu sichern. Sie bestehen auf den Text der Vereinbarung und legen ihn ihren Interessen entsprechend aus. Hamburgs Wirtschaftssenator Uldall (CDU) bewies das in der letzten Zeit zur Genüge. Wir berichteten darüber in unserer März-Ausgabe.
Doch in Wilhelmshaven wird darüber nicht gesprochen. Die CDU-Landtagsabgeordneten aus unserer Region wollten dann doch wissen, ob es in der Vereinbarung zwischen den Länderchefs vielleicht Klauseln gibt, die der Wilhelmshavener Lesart entgegenstehen. Sie formulierten die folgende Anfrage an die niedersächsische Landesregierung:

Tiefwasserhafen: nur Ergänzungshafen und nur für Containerschiffe, die Hamburg und Bremerhaven nicht anlaufen können?
In der Wilhelmshavener Zeitung vom 1. März 2002 wird der Hamburger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall so zitiert, dass sich die Regierungschefs von Niedersachsen, Bremen und Hamburg in einer gemeinsamen Erklärung vom 30. März 2001 darauf verständigt hätten, dass Wilhelmshaven nur ein „Ergänzungshafen“ sein solle. In der Zeitung heißt es wörtlich: „Nach Uldall soll Wilhelmshaven nur Schiffe abfertigen, die aufgrund ihrer Größe Hamburg und Bremerhaven nicht anlaufen können.“
Die vom Hamburger Wirtschaftssenator Uldall genannten Bedingungen bedeuten eine enorme Einschränkung des möglichen Hafenbetriebes und Hafenumschlages im Tiefwasserhafen Wilhelmshaven
Wir fragen die Landesregierung:

1. Ist die von Wirtschaftssenator Uldall genannte Einschränkung, dass der neue Tiefwasserhafen eine Ergänzung des bereits bestehenden norddeutschen Hafenangebotes darstellt, durch die von Ministerpräsident Gabriel mit den anderen Regierungschefs verabschiedete gemeinsame Erklärung vom 30. März 2001 gedeckt; wenn ja, warum?
2. Ist die von Wirtschaftssenator Uldall genannte weitere Einschränkung, dass der Tiefwasserhafen für Containerschiffe vorgesehen ist, die aufgrund ihrer Größe Bremerhaven und Hamburg auch unter zukünftigen Tiefgangsbedingungen nicht mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung anlaufen können, ebenfalls durch die o.g. gemeinsame, von Ministerpräsident Gabriel unterschriebene Erklärung gedeckt; wenn ja, welche Auswirkungen hat dies für einen Hafenbetrieb im Tiefwasserhafen?
3. Welche Containerschiffe dürfen nach der gemeinsamen Erklärung den Tiefwasserhafen anlaufen, und für welche Containerschiffe wird der Tiefwasserhafen geplant?

Die Antwort auf diese Anfrage konnten wir in den Unterlagen des Landtags leider nicht finden. Wir zitieren aus der Wilhelmshavener Zeitung: „Die Landesregierung wies noch einmal deutlich darauf hin, dass der Tiefwasserhafen als norddeutsches Projekt gemeinsam realisiert werden soll und eine Ergänzung des bereits bestehenden norddeutschen Hafenangebots darstelle.“
Die Reaktion der Fragesteller laut WZ: Ortgies und Biester bezeichneten die Antwort als ‚sehr bedauerlich’. Damit werde offenbar, dass die dringend benötigte Wertschöpfung zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Wilhelmshaven und Friesland so nicht zu erreichen sei.
Doch Wilhelmshavens und Frieslands BürgerInnen dürfen nicht nachfragen – schon gar nicht, wenn sie auch noch ein politisches Amt bekleiden.
Unter der Überschrift „CDU-Äußerungen sorgen für Unmut in Hafenwirtschaft“ kriegen die beiden ordentlich einen auf die Mütze. Wilfrid Adam: Dr. Biester spricht die Sprache aller, die an der Elbe den Hafen an der Jade verhindern wollen. Günther Heussen (SPD-Friesland): „Wahlkampfmunition kleinsten Kalibers.“ „Hafenpolitische Spaltpilze“. John Niemann von der WHV sieht das alles gelassener: „Unsere Hafenaktivitäten waren immer darauf abgestimmt, die logische (?) Verlängerung der Bremer und Bremerhavener Hafensache zu sein.“ (WZ 18.03.02).
Auch die IG Metall ist sauer auf Ortgies und Biester, denn die wissen, so der 1. Bevollmächtigte der Gewerkschaft, Hartmut Tammen-Henke, „genau, wo es lang geht“. „Die Abgeordneten sollen gefälligst an der Wertschöpfungskette mitarbeiten.“
Richtig böse ist der Hafen-Redakteur der WZ Jürgen Peters. Er beginnt und beendet seinen Kommentar mit den Worten „Ach, hätten sie doch besser geschwiegen.“ Peters wirft den CDU-Landtagsabgeordneten vor, dass sie „nichts begriffen“ hätten, weil ja jeder Hafen ein Ergänzungshafen sei und es dieses Wort „im korrekten maritimen Sprachgebrauch nicht“ gibt. „Hier drängt sich der Verdacht auf, dass die beiden CDU-Politiker sich zum willkommenen Spielball der Hamburger Politik machen lassen“, so der WZ-Hafenexperte Peters weiter.

Kommentar:

Gotteslästerung!
Da fragen zwei Abgeordnete des Landtags, beunruhigt durch Presseveröffentlichungen des Hamburger Senats, ob denn das, was in der Vereinbarung zwischen Niedersachsen, Bremen und Hamburg steht, vom Hamburgischen Innensenator Uldall richtig interpretiert wird. Dass also Wilhelmshaven nur ein Ergänzungshafen sei und nur für „Containerschiffe, die aufgrund ihrer Größe Bremerhaven und Hamburg auch unter zukünftigen Tiefgangsbedingungen nicht mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung anlaufen können, gebaut werden soll“. Sie nennen die von Uldall genannten Bedingungen als „eine enorme Einschränkung des möglichen Hafenbetriebes und Hafenumschlages im Tiefwasserhafen Wilhelmshaven.“
Die Hamburger haben, hanseatisch und durchtrieben wie sie nun mal sind, mit den zwei obenstehenden Festschreibungen erreicht, dass sie ihre Hafeninteressen auch in der Zukunft voll ausspielen können. Auch wenn die niedersächsische Landesregierung jetzt behauptet, dass der Passus mit der Elbvertiefung keinesfalls ein Junktim ist. Warum steht der Satz dann in der Vereinbarung? Wurde da vielleicht unser immer so glücklich wirkender Ministerpräsident über den Tisch gezogen?
Ganz Wilhelmshaven stellt sich die Frage, was mit dem JadeWeserPort auf sie zukommt. Alle WilhelmshavenerInnen wollen wissen, welche Auswirkungen der Hafen denn nun wirklich hat Die Anzahl der Arbeitsplätze ist eng mit der Rolle des JadeWeserPorts im Zusammenspiel der norddeutschen Häfen verbunden. Wird Wilhelmshaven nur die verlängerte Kaje von Hamburg und Bremen, dann wird es hier nur ein- oder zweihundert neue Arbeitsplätze geben. Und dieser Fall ist (nicht nur nach Hamburger Lesart) in der Vereinbarung vom 30.03.2001 festgeschrieben!
Doch Wilhelmshavens Träume haben mit dieser Vereinbarung nichts mehr zu tun. Um den Hafen für die Bevölkerung und die angrenzenden Gemeinden schmackhaft zu machen, muss man ordentlich zulegen. Die zu erwartenden Arbeitsplätze bewegen sich langsam aber sicher auf den fünfstelligen Bereich zu. Jeder weiß, dass das gelogen ist – aber alle machen mit!
Die Anfrage von Ortgies und Biester wurde wie eine Blasphemie, eine Gotteslästerung, von der Wilhelmshavener Hafen-Gang behandelt. Doch das ist Wilhelmshavener Politik, seit es hier die ersten Industrieansiedlungen gab: Nur wer mit den Wölfen heult, wird auch gestreichelt.

Hannes Klöpper

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