Ende gut - Alles gut?
Ein Rückblick auf die EXPO am Meer
(ft/iz) Die EXPO am Meer ist nun vorbei, viele atmen auf, und wir wollen uns rückblickend inhaltlich mit der Wilhelmshavener Weltausstellung beschäftigen. Was gab es in den einzelnen Arealen zu sehen, und wie waren die Reaktionen der Besucher zum Inhalt und zur Organisation der EXPO am Meer?
Positiv herauszustellen ist der Pavillon der Azoren, der sehr schön und informativ gestaltet war. Auch die Fischereiausstellung – als einzige Wirtschaftsausstellung der Expo am Meer – hatte einiges zu bieten. Die Informationen wurden dort von einem Überangebot von Ansprechpartnern mehr als intensiviert. Eine Nachnutzung sei hier dringend empfohlen. Einige der Präsentationen passten jedoch mehr auf die Nordwest-Schau, zum Beispiel die Ausstellung der EVC, die schon öfter in Wilhelmshaven zu sehen war und wirklich nur eine Produktpalette zeigt. Viele Exponate, wie der Polen-Pavillon, waren gegen Ende gar nicht mehr da. Die Pavillons der Partnerstädte Wilhelmshavens hätten sich mehr einfallen lassen können. Insgesamt hat der Expo-Park das Thema Expo am Meer erfüllt.
Der Infopavillon der Marine glich eher einem Rekrutierungsbüro mit Heldenpropaganda. Er ist nicht weiter der Rede wert und hat in einem Expo-Programm nichts zu suchen.
Die „virtuelle Unterwasserwelt“ hat nicht gehalten, was sie versprochen hat. Die eigentliche Ausstellung und wirkliche Informationen bleiben an der Oberfläche, die vielen Computer wirken einfallslos. Mit Umweltbildung hat das Ganze wenig zu tun. Das Tiefsee-Ambiente wurde nur annähernd getroffen (z. T. „schwimmen“ Süßwasserfische vor den Bullaugen), mit Ausnahme der Shuttle-Simulation. Ob sich die neunjährige Nachnutzung rentieren wird, ist fraglich.
Sturmerlebnisraum / Wattenmeerhaus
Im Sturmerlebnisraum weht nur ein laues Lüftchen. Die Ausstellung ist gut, aber der Name etwas übertrieben. Nach Meinung der meisten Besucher war das Wattenmeerhaus, das mit der Expo-Karte kostenlos besucht werden konnte, das Beste auf der Expo am Meer. Zusammen mit dem Sturmraum bleibt es Wilhelmshaven erhalten. Ein Besuch lohnt sich allemal, auch ohne Expo.
Die Jahnhalle war wohl das interessanteste Projekt der Expo am Meer, was das Gebäude und dessen Inhalt betrifft. Die Halle ist in ästhetischer Verbindung von Form und Funktion ausgebaut worden. Die Ausstellung machte Lust auf mehr. Den Machern ist eine gute Kombination aus Kunst-, Technik- und Fortschrittausstellung gelungen. Hier wäre eine umgehende Nachnutzung sehr angebracht, zumal sich die Halle direkt neben dem Oceanis befindet (und die ab 2001 fällige Miete erwirtschaftet werden muss). Die Beiträge auch hiesiger Institute zu Meerestierforschung, Siedlungsgeschichte und Riffe wären ein ansehnlicher Grundstock für das dort geplante Küstenmuseum.
Die Ausstellung war besser, als der Titel vermuten ließ. Die Schiffsmodelle, allesamt Nachbauten der Werften, waren sehr detailgetreu und schön anzusehen. Der Einsatz bei der Zusammenstellung der Ausstellung war gut zu erkennen und hat sich wirklich gelohnt. Leider kam die Zukunft etwas zu kurz, und viele genannte Fachbegriffe blieben unerklärt. Die hervorragende Fotoausstellung litt unter Platzmangel. Unvermeidlich wie peinlich: der Werbe-Beitrag zum Jade-Weser-Port mit – unabhängig vom Inhalt – gut gemachten Hafenmodellen und einem Propaganda-Filmchen im Stil der 70er Jahre, wo glücklichen Menschen viele Arbeitsplätze versprochen werden. Aufschlussreich waren die in diesem Bereich ausgestellten Modelle, z. B. ein Container-Ladekran, Angabe „Besatzung : —. Oder diverse Containerschiffe, die bei steigender Größe immer einen Tiefgang von durchschnittlich neun bis elf Metern haben, in einem Ausnahmefall 14 Meter, was nun gar nicht mit den Argumenten der JadePort-Interessenten harmoniert.
Die aufgestapelten Container waren wohl der umstrittenste Bau auf der Expo am Meer. Als architektonisch interessante Lösung für eine zeitlich begrenzte Ausstellung nicht uninteressant, schien der Containerhaufen vielen wieder als Wink mit dem Zaunpfahl auf den geplanten Containerhafen, andere fanden ihn einfach hässlich. Innen war es auch nicht besser. Die Ausstellung verlief sich etwas, war unübersichtlich und nicht gerade interessant. Die Ausstellung der Beta-Raffinerie war überflüssig und mehr Eigenwerbung als ein Exponat.
War eine gute Idee, aber schlecht durchgeführt. Vor allem auswärtige Besucher mit längerer Anreise waren sauer: Tagsüber waren die Schiffe alle ausgelaufen und deshalb nicht zu sehen. Leider waren die Segelschiffe (Sail – Bontekai) und die Dampfschiffe (Steam – Südwestkai) räumlich voneinander getrennt, wenn sie denn mal am Kai lagen. Sehr zum Leidwesen der Dampfschiffbetreiber und zum Nachteil der Aktionen an Land davor und der Gastronomie in diesem Areal, denn in diesen Bereich verirrten sich verhältnismäßig wenig Besucher, weil sie nicht von hohen Masten angelockt wurden, und es gab auch keinen richtigen Übersichtsplan auf dem Gelände. Zwischen Bahngleisen und Kieselbergen mochte auch nicht die richtige Stimmung aufkommen.
Sauer waren auch die Passagiere der angebotenen Tagestörns, denn für dreistellige Fahrpreise wurde wenig geboten, geschweige denn angemessene und ausreichende Bordverpflegung.
Der Shuttleservice brachte die Besucher manchmal zum Wahnsinn. Die Expo-Fähre fuhr zum Ende der Expo am Meer im Oktober gar nicht mehr. Zu Zeiten, als sie noch fuhr, hatte sie den Namen Bootshuttle nicht verdient, denn Shuttle bedeutet: maximale Abfahrtszeiten von 20 Minuten. Den Bus-Mikroshuttle gab es irgendwann mittendrin nicht mehr, dann fuhr die Linie 8 der Stadtwerke zum Südstrand, dann nicht mehr, und dann doch wieder, aber nur jede Stunde, und zum Schluss fuhr dann wieder der Shuttlebus. Keiner wusste so richtig Bescheid, und die meisten Besucher machten sich genervt dann doch zu Fuß auf den Weg.
Auf Betreiben der Arbeitsplatzinitiative für Frauen (API) und mit viel ehrenamtlicher Unterstützung hat Wilhelmshaven einen außergewöhnlichen außerschulischen Lernort erhalten. Hatten Stadt und Initiatoren im Vorfeld viel Wirbel gemacht, so ließ man die engagierte Leiterin und ihre Mitarbeiterinnen seit der Eröffnung im Regen stehen. Die Stelle des Projekt- und Marketingleiters war zu dem Zeitpunkt ausgelaufen und wurde nicht neu besetzt. Der Spielgarten vegetierte am Rande der organisatorischen Möglichkeiten der EXPO dahin, weshalb kaum Besucher von dieser sinnvollen Betreuungsmöglichkeit für Kinder Gebrauch machen konnten. Dass statt dessen viele Kindergruppen aus der Umgebung den Garten besuchten, wurde kaum wahrgenommen, und so ist jetzt schon die Rede von der Schließung dieser bundesweit einmaligen Einrichtung, die auf mindestens zehnjährige Betriebszeit ausgelegt war.
Die Informationsbroschüre erweckte den Eindruck, dass viel mehr Museen u. ä., wie zum Beispiel das Seewasseraquarium oder die Walausstellung, Untervorhaben der Expo waren. Wurden die Besucher dann zur Kasse gebeten, waren sie meist sauer. Da half auch nicht die eine Mark Rabatt für Expokarten-Besitzer. Dass diese Einrichtungen dem Besucher angepriesen wurden, war schon der richtige Schritt, aber man hätte die Eintrittsgeldregelung besser und deutlicher definieren müssen. Sehr viele BesucherInnen beklagten auch, das sie beim Kartenkauf nicht richtig informiert worden seien, welche Möglichkeiten sie zu welchen Konditionen auf der Expo haben.
Das Kulturangebot war sehr umfangreich und hochkarätig. Nervig für viele Wilhelmshavener war jedoch die Tatsache, dass jede Veranstaltung, die auch vor der Expo gelaufen ist und danach laufen wird, wie z. B. das Filmfestival, als kultureller Höhepunkt der Expo verkauft wurde.
Viele Ausstellungen sind es wert, in diesem Umfang in Wilhelmshaven zu bleiben. Wir sind gespannt, wie sich Projekt GmbH und Stadt hier entscheiden – oder ob ihnen nach sechs Monaten Kulturmarathon die Puste ausgegangen ist. Foto: Frank Tunnat
Sorry, the comment form is closed at this time.