Europawahl 2009
Jun 162009
 

Nichts passiert

Auch durch die Europawahl 2009 werden keine Probleme gelöst – es entstehen nur neue

(hk) Lange Gesichter gab es quer durch die Parteien – das Wahlvolk traut den Europapolitikern nichts zu. Zu groß ist das Ohnmachtgefühl gegen den angestrebten europäischen Zentralismus, zu groß die Abneigung gegen die ausufernde Bürokratie, gegen europaweite Bespitzelungs- und Großmachtspläne.


Wir wollen uns anschauen, wie Wilhelmshaven gewählt hat. Da fällt zunächst einmal auf, dass die Rechtsextremen endlich mal ein klägliches Dasein führen. Republikaner und DVU wurden von nicht einmal 300 WilhelmshavenerInnen gewählt, was allerdings kein Grund sein kann, den Kampf gegen die Faschisten einzustellen. Sie werden weiterhin versuchen, innerhalb der Gesellschaft eine Rolle zu spielen, so wie es ihnen in anderen Bundesländern und anderen europäischen Staaten schon gelungen ist. Da ist Wachsamkeit Bürgerpflicht!
Insgesamt zeigt sich, dass die faschistischen Parteien in Deutschland auch weiterhin keine politische Rolle spielen. Sie beschäftigen sich mit ihren eigenen Finanzskandalen und personellen Querelen. Einzig ernst zu nehmen (allerdings und natürlich nicht politisch!) sind noch die Kameradschaften, die durch ihre kriminelle Energie und Menschenverachtung immer wieder für Öffentlichkeit sorgen.
Dass die Wilhelmshavener Bürger nicht auf die Maskerade der Faschisten hereingefallen sind, ist sicherlich ein Erfolg. Nicht zuletzt auch der stetigen antifaschistischen Arbeit des Netzwerkes gegen Rechts. Auf den Aktionstagen dieses Jahres hat das Netzwerk intensive Aufklärungsarbeit im Bezug auf NPD, DVU und AG Wiking geleistet. Die Bürger scheinen verstanden zu haben und haben den Nazis ihre Stimmen versagt.(Quelle: www.stop-rechts.de)

Europawahl_2009_1Wirklich zufrieden kann wohl nur die FDP sein – wie oft wurde sie schon totgesagt, doch dann gibt es immer wieder Leute, die auf Waschmittelreklame und Westerwell’sche Worthülsen anspringen. Und so konnte es passieren, dass eine Partei, die nichts anderes zu bieten hatte als ‚Wir haben eine Krise, weil wir nicht in der Regierung mitbestimmen. Mit uns gäbe es keine Krise’ von den WilhelmshavenerInnen aus der 1999er Bedeutungslosigkeit (2,5%) auf fast 12% katapultiert wurde.

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Auch die Christdemokraten sehen sich als Sieger der Wahl; und in Wilhelmshaven haben sie immerhin 0,2 Prozentpunkte dazugewonnen. Schon erstaunlich für eine Partei, die mit nichts außer einem Kandidaten namens ‚Europa-Mayer’ in den Wahlkampf zog. Dabei kann man kaum von einem Wahlkampf sprechen, und Europa spielte sowieso keine Rolle.
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Die Wilhelmshavener Sozialdemokraten können einem schon fast leid tun: Im freien Fall trudeln sie seit 1979 von der absoluten Mehrheit (53,9%) auf klägliche 28,1% bei dieser Europawahl – das Möllemannsche Ziel von zu erreichenden 18% dabei fest im Blick. Doch das Mitleid für die Wilhelmshavener Sozialdemokraten hält sich in Grenzen. Hat eine Partei, die sich von einigen wenigen unfehlbaren und überheblichen Parteifürsten in den Boden stampfen lässt, etwas Besseres verdient?
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Und die Grünen? In Wilhelmshaven traditionell recht stark (vom 1999er 4,4%-Ausrutscher einmal abgesehen) erreichten sie in diesem Jahr sogar einen zweistelligen Prozentsatz. Und das trotz der peinlichen Europawahlkampagne namens “WUMS”. Vielleicht haben sich ja viele WilhelmshavenerInnen den Klasse-Spot der Grünen im TV angesehen, der mit dem WUMS endete: Dann könnte man verstehen, dass so viele für die Grünen stimmten. Mal sehen, was davon im Europaparlament ankommt.
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Wir haben in unserem Schaubild Die Linke zur Nachfolgeorganisation der PDS gemacht. Das ist zwar nicht so ganz korrekt – trifft aber die Wählerschichten wohl am Besten. Die Werte bis 2004 gehen also aufs Konto der PDS, der diesjährige Wert wurde von der Linken erreicht. Die 6,4% sind übrigens das niedersachsenweit beste Ergebnis für die Linke! Doch man hatte eigentlich mehr erwartet, schließlich stand die Messlatte in Wilhelmshaven seit der Landtagswahl 2008 auf 11,3%. Da kommt dann trotz des Erfolges ein wenig Unzufriedenheit auf. Die Linke war übrigens die einzige Partei, die sich auch mal europakritisch (z.B. Ablehnung der Lissabon-Verträge) zeigte. Hier hätte sich ein offensiveres Auftreten mit Sicherheit motivierend auf die Nichtwähler ausgewirkt. So blieb letztendlich auch der Wahlkampf der Linken im europäischen Einheitsbrei stecken.
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Seit vielen Jahren belegen wir anhand der geringen Wahlbeteiligung, wie wenig legitimiert die Herren und Damen in Brüssel, Berlin, Hannover… sind. Und es ist ja nicht durchweg Faulheit oder Politikverdrossenheit, die zum Nichtwählen führen. Es ist ja auch oft ein bewusster Schritt zu sagen, dass man nicht wählen geht. Und das wird gerade bei der Europawahl deutlich – denn das Europarlament macht in besonderer Weise deutlich, wie unbedeutend der Wille der WählerInnen ist. Wenn das Volk nicht spurt, dann wird es auf irgendeine Weise beschissen, wie z.B. mit der Umwandlung der europäischen Verfassung (die ja bekanntlich von mehreren Mitgliedsstaaten abgelehnt wurde) in einen Vertrag, bei dem das Volk nicht mehr gefragt werden muss.
Auch die absolute Ferne der Europapolitiker von der Basis hat mit dazu beigetragen, dass sich die Wahlbeteiligung von fast 2/3 im Jahre 1979 auf man gerade noch 1/3 in diesem Jahr reduziert hat.
Den Politikern ist das egal, sie werden sich auch noch für Volksvertreter halten, wenn die Wahlbeteiligung im einstelligen Bereich angelangt ist.

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Eindrucksvoll ragt die Säule der Nichtwähler in den Himmel. Die Ergebnisse der Parteien dagegen wirken schon beinahe peinlich (was sie ja auch sind). Bei dem Herren im Röckchen handelt es sich nicht um eine Verfremdung des Rüstringer Friesen sondern um ein Logo der attac-Aktion „Wir zahlen nicht für eure Krise!“

Ooops!
Da haben die demokratischen Parteien rechtzeitig vor der Europawahl doch medienwirksam eine Selbstbeschränkung in Sachen Plakatierung angekündigt und mit dieser frohen Botschaft gemeinsam freundlich in eine WZ-Kamera gelächelt. 400 Plakate an 250 Standorten, und das nur an Hauptstraßen, das wäre doch nett für die Menschen, die so zwar an die Wahl erinnert, nicht aber durch sie belästigt würden, und außerdem ein Beitrag zum Umweltschutz.
Bei dieser schönen Werbeblase haben sie nur allesamt vergessen, bei der Stadt um Genehmigung zum Plakatieren nachzusuchen. Mit der Genehmigung hätten sie dann auch ein Verzeichnis der „erlaubten“ Straßen bekommen. Am Ende hingen Plakate an Stellen, die weder nach der Selbstverpflichtung von CDU. SPD, LINKE, FDP und GRÜNE noch im städtischen Verzeichnis erlaubt waren. Und die zuständige städtische Mitarbeiterin war zwar so großzügig, auf die nachträglichen Anträge zu verzichten, schenkte den Parteien aber doch einen ein: „Grundsätzlich begrüße ich eine interne Verständigung der Parteien über eine zahlenmäßige Begrenzung der Wahlplakate. Dabei muss aber allen zugelassenen Parteien die Möglichkeit für Wahlwerbung durch Plakate im öffentlichen Straßenraum gegeben sein. Bei einer Anzahl von 400 Plakaten (bei 31 zugelassenen Parteien für die Europawahl!!!!) dürfte das aber tatsächlich wohl ausgeschlossen sein!“ – Da hat sie recht!

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