Reichskristallnacht

Der Schoß ist fruchtbar noch

9.11.1978, vierzigjähriges Jubiläum. Die brennende Synagoge von Wilhelmshaven signalisierte damals im Jahre 1938 wie überall in Deutschland den Auftakt zu einem der barbarischsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte.

Ein Jahr später sollten auch die übrigen Völker der Welt erfahren, was Faschismus bedeutet. Entstanden auf dem Gärboden der konterrevolutionären Freikorps, unterstützt von industriellen Kreisen in zunehmendem Maße, schließlich die für die Nazi-Lügen offenen, verzweifelt gegen ihren sozialen Abstieg kämpfenden Kleinbürgermassen ausnutzend, kamen die Nazis an die Macht. Weder die Reichswehr, noch die bürgerlichen Parteien, noch der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg waren gewillt, der neuen braunen Lokomotive, die versprach, Deutschland aus dem „jüdisch-marxistischen“ Sumpf zu ziehen, Dampf wegzunehmen. So erwiesen sich als beste (weil finanzielle) Heizer die deutschen Industriellen. Namen wie Krupp, Thyssen und Flick bürgten für die Solidität der Firma „Tausendjähriges Reich“. Nach der Zerschlagung der Parteien und Gewerkschaften, der KZ-Internierung der politischen Opposition stabilisierte eine raffinierte Propaganda und die militärische Organisierung des ganzen Volkes die Tyrannei.

Konnte das geschehen, ließ ein ganzes Volk sich auf Rassenwahnsinn, Friedensgesäusel, Kanonen- und Kanonenfutterproduktion und allen braunen Spuk ein? Nein, es gab Männer und Frauen – mit großen Namen, wie Namenlose, die den Namen eines Volkes retteten. Vereint fanden sich die Gegner von einst in den KZ’s, Christen wie Kommunisten, Sozialdemokraten wie Parteilose. Aber viele von ihnen konnten wirken. Die Märtyrer der Weißen Rose, einer antifaschistischen Studenten- und Professorenorganisation (Geschwister Scholl), die bekennende Kirche, deren 2000 Gemeinden mutig der Nazi-Barbarei trotzten, oder der katholische Bischof von Galen, dessen Erfolg in der Einstellung der planmäßigen Abschlachtung Behinderter oder der Militär Stauffenberg, der den Anschlag auf Hitler wagte.
Der gemeinsame Widerstand von SPD und KPD: Über 5,5 Mio. oppositionelle Flugblätter, über 200.000 Verhaftungen, Hinrichtung von 3.137 Widerstandskämpfern.

Trotz allem Widerstand konnte jedoch der II. Weltkrieg nicht verhindert werden. Der Faschismus in Deutschland, Japan und Italien kostete weit über 52 Mio. Menschen das Leben. Wie sieht es heute aus, 33 Jahre „danach“? In Wilhelmshaven scheint man dazugelernt zu haben, scheint man … In der Demonstration marschiert die CDU mit, eine CDU, die sich nicht schämt, den Namen eines der ersten deutschen Märtyrer dieser Zeit zu beflecken, den Namen Carl von Ossietzkys. Eine CDU, die sich nicht schämt, den ehemaligen Nazirichter Filbinger in hohen Funktionen dieser Partei zu belassen. Eine CDU, die sich nicht schämt, eine Kampagne gegen die Abkehr vom „Radikalenerlass, dieser schrecklichen Parallele zum „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ von 1933, zu führen. Eine CDU, die sich nicht schämt zuzulassen, daß 20 Mitglieder ihrer Bundestagsfraktion das Deutschlandlied mit der 1. Strophe verteilen. Aber auch die SPD muß sich trotz ihres ehrenhaften Widerstandes erhebliche Vorwürfe gefallen lassen. Trotz Grundgesetzauftrag der Unterbindung der Verbreitung nazistischen oder militaristischen Gedankenguts konnte sich unter der sozialliberalen Koalition die kommerzielle Ausschlachtung des Nazigrauens.(Hitlerwelle) zur vollen Blüte entfalten und treiben Neonazis frech wie nie ihr Unwesen. Nicht zuletzt weist der Schulunterricht katastrophale Mängel in Sachen Faschismus auf.

Zum Gedenken an die Verbrechen der „Kristallnacht“ ist Schweigen angebracht, jedoch nicht zu den gefährlichen Fehlentwicklungen in der BRD. – „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch!“

Stichwort: „Reichskristallnacht“
beschönigender Begriff für den „Beginn“ der größten Judenverfolgung der Geschichte.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 inszenierte Göring einen „Volksaufstand“, der sich gegen jüdisches Eigentum und Leben richtete.
In dieser Nacht wurden Millionenwerte vernichtet, 20.000 Juden verhaftet und in KZs eingeliefert.