Gelebter Bürgersinn
Der Verein will Wege ebnen, Transparenz herstellen und offene Fragen klären
(iz) Zur Mitgliederversammlung des Vereins zum Erhalt der Südzentrale konnte der Vorsitzende Rüdiger Nietiedt mehr als 60 Teilnehmer begrüßen, darunter auch MdL Holger Ansmann (SPD) und MdB Hans-Werner Kammer (CDU). Aus aktuell 225 Mitgliedern aus allen Kreisen der Bevölkerung, Wirtschaft und Politik sollen bis zum Sommer 250 werden.
Viel Zeit investiert der Vorstand für die Klärung fachlicher und rechtlicher Fragen rund um Erhalt, Verkauf und Neunutzung des Gebäudes. Ein großer Schritt war es, Vertreter der Eigentümer und der Stadt wieder an einen Tisch zu bringen. Derzeit üben die Eigentümer erneut Zurückhaltung, obwohl der Verein große Anstrengungen unternimmt, um das Projekt im Sinne aller Beteiligten voranzubringen. Die im Verein versammelten Fachleute erbringen ehrenamtlich qualifizierte Leistungen, von denen sowohl Verkäufer als auch potenzielle Erwerber profitieren können. Juristisch ist der Verein nicht in den Verkauf involviert, aber er will den Weg dafür ebnen, Transparenz herstellen und offene Fragen klären. Der aktuell geforderte Kaufpreis für Grundstück und Gebäude bedarf deutlicher Korrekturen nach unten. Nicht nur die fehlende Anbindung an den Kai, der im Besitz Dritter ist, senkt den Wert. Wie auf allen Grundstücken rund um den Hafen (z. B. „Columbia“ und Banter Kasernen) ist mit erheblichen Altlasten im Boden zu rechnen, die sondiert, beseitigt und entsorgt werden müssen – entweder vom Verkäufer oder aber vom Käufer, der die Kosten dafür in Abzug bringt. Den Abriss erwägen die Eigentümer mit der Hoffnung, ein gebäudefreies Grundstück besser vermarkten zu können. Doch unterhalb der Mauern liegen mehrere Meter tiefe Stahlbetonfundamente, die für eine neue Bebauung komplett entfernt und entsorgt werden müssten. Allein das spricht schon, aus wirtschaftlicher Perspektive, für Erhalt und Ertüchtigung des historischen Baukörpers. Vereinsmitglied Ernst-André Winter weiß als Hochbauingenieur, der mit zahlreichen Projekten aus dieser Ära und in diesem Bereich befasst ist, wovon er spricht. Seine belastbaren, detaillierten Zahlenwerke könnten letztlich auch den Eigentümern dabei helfen, die Immobilie zu einem realistischen Preis „loszuwerden“, statt aufgrund falscher Vorstellungen weiter darauf sitzen zu bleiben.
Neue Perspektiven eröffnet die im September erlassene städtische Satzung „zur Sicherung von Stadterneuerungsmaßnahmen, des kulturellen Erbes und der Möglichkeiten zur Flächenrevitalisierung im Bereich östliche Südstadt“, mit der die Stadt sich ein Vorkaufsrecht in diesem Bereich sichert. Solange das letzte Wort in Sachen Abriss nicht gesprochen ist, macht der Verein mit ungebrochener Energie weiter. Neben Recherchen und Verhandlungen spielt die Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit eine große Rolle. So gab das Sommerfest im Marinemuseum Gelegenheit zu konstruktiven Gesprächen im lockeren Rahmen. Schriftführer Volkmar von Nordeck hatte die Idee für das „Wein-Sponsoring“: Jörg Wilke („Die Weinprobe“) verkauft zwei Weine mit künstlerisch gestaltetem Motiv „Südzentrale“, pro verkaufte Flasche – bisher 900 Stück – geht ein Euro an den Verein.
Ein Meilenstein war der Besuch von MdB Thomas Kossendey, Präsident der Oldenburgischen Landschaft. Im Gespräch mit dem Vorstand und Oberbürgermeister Andreas Wagner maß Kossendey dem Erhalt der Südzentrale einen großen Stellenwert bei und sagte konkrete Unterstützung zu. Auf seine Anregung wird im Herbst ein Fachsymposium mit Experten aus ganz Deutschland stattfinden, bei dem auch vergleichbare Projekte vorgestellt werden sollen, also historische Industriegebäude, die allen Unkenrufen zum Trotz erhalten und mit neuem Leben gefüllt wurden. Anhaltend ist das Interesse der Medien an der Südzentrale. Ein NDR-Bericht im Abendprogramm brachte dem Verein große Resonanz und neue Mitglieder. Auch die regionale Presse bleibt am Ball. In diesem Jahr wird der Verein beim Landeskulturfest und bei der „Stadtpartie“ vertreten sein. Und im Oktober geben das Philharmonische Landespolizeiorchester und der Wilhelmshavener Männerchor ein Benefizkonzert zugunsten der Südzentrale. Das Lob der Mitglieder galt vor allem Rüdiger Nietiedt, der durch unermüdlichen Einsatz, vielfältige Kontakte und sein integratives Wesen immer mehr Menschen für das gemeinsame Ziel „Erhalt der Südzentrale“ begeistern kann. Für ihn selbst zählt eher das Engagement vieler Unterstützer als Ausdruck von „gelebtem Bürgersinn“.
(Foto: Imke Zwoch)
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