Weserstr. 47
Jan 281991
 

Dreckiger Sumpf 2. Teil?

Schreiber wollte Wilhelmshaven in Hillebrandts Hände legen

(hk) Die durch die Eickmeiersche Politik geschlagenen Wunden sind noch nicht ganz verheilt, da hebt dessen Nachfolger zu neuen Hieben an. Unter Ausschaltung sämtlicher Ratsgremien und Ämter wollte Schreiber das sich in städtischem Eigentum befindliche Gebäude Weserstraße 47, zusammen mit einem ganzen Paket anderer „Sahnestücke“, an Hillebrandt (Burg Kniphausen) verscherbeln.

Obwohl die für die Stadt kostengünstigste und für alle befriedigendste Lösung darin liegt, das Gebäude plus den dazugehörigen Grund im Eigentum der Stadt zu belassen, hatte Schreiber sich etwas anderes in den Kopf gesetzt: Er wollte das Gebäude an den sich immer auf der Suche nach günstigen Abschreibungsobjekten befindlichen Hillebrandt, kompensiert mit weiteren Zusagen, als feines Päckchen verschnürt, verkaufen. Und das alles zu einem Preis, der weit unter dem eines anderen Interessenten lag!

Bild: Erwin Fiege

Bild: Erwin Fiege

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Weserstraße 47 * Foto: Gegenwind

Doch der Reihe nach: Es geht um die Zukunft des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes Weserstraße 47, um das in den letzten Monaten ein Nutzungsstreit (Stichwort: Küstenmuseum) entstanden ist. Weiter geht es darum, ob das Gebäude in städtischem Eigentum verbleiben oder an private Interessengruppen veräußert werden soll. Auf privater Ebene agierten zwei Gruppen: Die von F.A. Meyer repräsentierte Bauherrengemeinschaft „Beckmann und Meyer“, die für das Gebäude mit 12.000 m2 Grundstück 1,5 Mio DM zahlen und dort Altenwohnungen errichten will, aber auch bereit ist, das Gebäude für eine Museumsnutzung herzurichten. Auf der anderen Seite die Interessengruppe „Hillebrandt“, die ja bereits die Burg Kniphausen instandsetzte. Während mit der erst genannten Gruppe die Verhandlungen seit längerem seitens der Stadt geführt wurden, holte sich Schreiber Ende November 1990 das Okay des Verwaltungsausschusses für Verhandlungen mit Hillebrandt. In den Sternen steht, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn nicht Werner Biehl, Ratsmitglied der Grünen, frühzeitig und laut Alarm gerufen hätte.
Auf der Grundstücksausschußsitzung am 13.12. führte Biehl aus, dass seines Wissens von Schreiber Zugeständnisse in Zusammenhang mit der „Deutschland“ an Hillebrandt gemacht wurden, deren Auswirkungen sich möglicherweise zum Schaden der Stadt entwickeln können. Der zuständige Dezernent, Dr. Boese, konnte dazu nichts sagen, weil die Liegenschaftsverwaltung zu dem Zeitpunkt daran nicht mehr beteiligt war. Schreiber hatte die Angelegenheit zur „Chefsache“ gemacht. Die Verhandlungen mit Beckmann/Meyer wurden, wohl auf Geheiß Schreibers, abgebrochen. Durch Biehls weitere Aktivitäten wird bekannt, was da zwischen Schreiber und Hillebrandt ausgekungelt wurde: Verkauf der Weserstraße 47 plus 12.000 m2 Grundstück für 1,0 Millionen DM. Option auf weitere knapp 6.000 m2 Grundstücke beidseitig der Weserstraße an Hillebrandt. Weiter wird bekannt, daß in den Gesprächen Schreiber/Hillebrandt eine Kompensation mit der Nutzung des Schulschiffes „Deutschland“, der „Kapitän Meyer“ und wohl auch des Feuerschiffes verabredet wurde. Desweiteren bot Hillebrand, der die Weser 47 für Wohnzwecke nutzen wollte, an, auf dem Gelände einen Neubau für das Küstenmuseum zu errichten – Mietkosten für die Stadt 480.000 DM pro Jahr!
Die Ratsgremien, endlich wachgerüttelt, konnten letztendlich, bevor Schreiber von Hillebrandt gänzlich über den Tisch gezogen wurde, dieses Kungelgeschäft abblocken.
Inzwischen hat Hillebrandt sein Angebot zurückgezogen und die Ratsgremien haben erst einmal wieder die Herrschaft in dieser Sache übernommen. Und Schreiber hat weitere Punkte für die Anwartschaft auf den Posten des Vorsitzenden des Stadtsportbundes gesammelt.
Neben den Gruppen, die sich für den Verkauf des Gebäudes einsetzen, gibt es eine recht starke Bewegung, die sich für den Beibehalt in städtischem Eigentum ausspricht. Und die Zahlen sprechen eindeutig für diese Variante.
Zusätzlich zu dem Verlust der halben Million, die Hillebrands Angebot unter dem von Beckmann/Meyer liegt, entstünden der Stadt einmalige Kosten von 0,5 Mio DM für den Ersatz der dortigen Sportanlagen und der als Lernküche, Werkstatt und Lichtpauserei genutzten Gebäude. Hinzu kommen unter anderen 0,5 Millionen jährlich (steigende) Mietkosten für ein Museumsgebäude. Unter städtischer Regie würde die Renovierung bei 5 Mio DM (mit rekonstruiertem Dach, neuen Fenstern usw.) liegen, was eine jährliche Belastung von 500.000 DM bedeuten würde (die aber nicht steigt). In einer Gegenüberstellung der jährlich auf die Stadt zukommenden Kosten zwischen den Alternativen „Städtisches Eigentum“ und „Verkauf und Anmietung Gebäude für Museum“ kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, daß durch Verkauf/Anmietung jährlich ca. 700.000 DM an Folgekosten entstünden. Unter städtischer Regie verringert sich der Betrag auf gut 500.000 DM!
Wo es langgehen sollte, brachte der DGB in seinem Beschluß vom 15.1.1991 zum Ausdruck. Darin heißt es „Der DGB (…) fordert die Stadt Wilhelmshaven auf, das Küstenmuseum baldmöglichst in die Weserstraße 47 zu verlagern. Damit ergibt sich die einmalige Möglichkeit, das Küstenmuseum zu einem stadtgeschichtlichen Museum unter Einbeziehung der Werft- und Marinegeschichte auszubauen. Das Stadtarchiv kann endlich in der notwendigen Form aufgebaut werden. Der DGB ist der Auffassung, daß das Gebäude in städtischem Besitz bleiben muß, um den städtischen Etat nicht durch hohe Mietfolgekosten auf Dauer zu belasten.“

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