Theda
Feb 051997
 

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Weiss was? Wir sind nu “zahlungsunfähig”, keine Kohle mehr, aus und vorbei. Also ich ja nich so direkt, weil hab’ ich ja immer noch genug für Briefmarken und so, aber wir alle hier in Wilhelmshaven eben wohl, so als Bürger gesehen. Stand inner Wehzett, und die müssen’s ja wissen. Und nu sind kreatiefe Lösungen gefordert, sagt uns Eberhard. Hat er sich auch’n gutes Publikum für ausgesucht, um denen das zu verklickern, nämlich die Arbeitsloseniniziatiefe. Denen hat er erstmal gesagt, dasse ins “Gelingen verliebt sein” solln und nich immer bloß ins “Verhindern”. Find ich gut, dasser das so gesagt hat, weil, wenn man schon so lange arbeitslos is, dann braucht man bestimmt so’n paar aufmunternde Worte, damit dass man sich nicht immer so hängen lässt und den wirtschaftlichen Aufschwung hier dauernd verhindert. Dann hat er auch noch gesagt, dasse vonner Stadt auch Existenzgründungen fördern wollen, mit Risikokapital. Aber, mein Kuddl, was ich mich ja frag – wo soll’n das wegkommen, wenn wir doch so arm sind? Kann doch der August nich alles zusammenorgeln! Aber wahrscheinlich soll das heissen, dass immer das Risiko besteht, dasse das Kapital ebend nicht kriegen, und dann passt das ja auch wieder.

Aber man kann ja nich sagen, dasse sich keine Gedanken machen, die Politickers. Z.B. wollense nu alle Ämter der Wirtschaftsförderung unterordnen, damit der Laden wieder in Schwung kommt. Find ich gut, nur wie das genau gehn soll, habense nu wieder nich gesagt, aber ich kann mir ja so’n paar Sachen denken. Also z.B. das Amt für Schulen und so, die können doch dafür sorgen, daß an den Schulen alles mögliche hergestellt werden kann, meinetwegen Möbel im Werkunterricht, Flickenteppiche und sowas in Handarbeiten, irgendwelche Medikamente in Schemie, oder Schnaps brennen könntense da ja auch, wie meine Oma früher, aus Kartoffeln oder so, und wennse erstmal in’n paar Jahren die ganzen Drogen freigeben, dann machense auch noch Elesdeh und Eckstesie und wat alles, und in Bio bauense den Hanf an. Und muss man auch keine Angst haben, dass die Kinder dann nix mehr lernen, nee, Kuddl, hab ich neulich noch gehört: Lörning bei Duhing, nich, praktisches Arbeiten, rechnen müssense beim Ausmessen und so, Deutsch müssense immer dabei miteinander sprechen und Englisch spätestens bei Schnaps und Drogen, und für’s Leben hättense sowieso alles gelernt, wasse so brauchen, spätestens, wennse den ganzen Kram irgendwo verticken müssen.

Beim Bauordnungsamt könnte man z.B. ein Abrißunternehmen angliedern, kommt ja wohl der Stimmung da sowieso entgegen, und beim Sozialamt, da geht’s ja erst richtig los, die können doch alle ihre Sozialhilfeempfänger in die ganze Gegend verleihen, zum Abwaschen, Kinderhüten, als Boddiegahrds oder was weiß ich alles, denn hab’ ich gelesen: Im Dienstleistungsgewerbe liegt die Zukunft. Na ja, siehste, und wenn man sich das mal alles überlegt, dann sindse doch ganz schön klewer, unsere Politickers. Ausser dem einen, da bin ich mir grad nich so ganz sicher, der will mit seinen Grünen hier nu die schöne Bürgerfragestunde im Rat wieder abschaffen, wo ich immer so gern hingeh, und die Ratssitzungen sollen nun auch wieder nachmittags um drei sein und nich mehr um fünf, wenn sowieso nix  inner Glotze is. Is’ energiesparender hatter gesagt, der Bohl, Buhl, Beil oder so, und das glaub ich ja auch, dass die Ratsherren ‘ne Menge Energie sparen, wennse sich nich dauernd mit den Fragen von ihren Bürgern herumschlagen müssen und die Ratssitzungen dann machen, wenn die Leute arbeiten müssen, gibt’s hier ja doch noch’n paar von. Nu hab’ich mich doch gefragt, warum kommen ausgerechnet die Grünen auf sone Idee, ausser dasse dem Hofmann, dessen Idee das ja alles wohl irgendwie war, eins vor’n Koffer haun wollen? Aber stand schon in derselben Wehzett die Antwort: da is doch der Bohl, Buhl, Beil oder so in dem IGS-Tunnel vom Fahrrad gefallen, weil’s da so glatt war, und dabei muß er sich wohl ausser den paar Prellungen wohl noch was weggeholt haben, wie damals Tant’ Lieschen, weißt noch, die war auch ganz durcheinander, nachdem sie auffer Treppe ausgerutscht war, und hat auch ganz schön lange gedauert damals.

Auf eins sindse ja noch nich gekommen, unsere Politickers, und werd ich das auffe nächste Fragestunde mal anbringen: den Hol- und Bringedienst vonne Mülltonnen zur Straße und zurück, den habense ja nu ziemlich abgeschafft, bis auf’n paar Gebiete, weil, sagense, kost zuviel Personal und ist zu teuer. Is ja auch im Prinzip nix gegen einzuwenden, dass auch die vielen Alten, die hier ja nun mal wohnen, wieder’n bisschen in Bewegung kommen, wennse die Dinger zur Straße asten müssen und fördert ja vielleicht auch die Nachbarschaftshilfe, wennse zu dritt an so’m Ding rumzerren. Aber andererseits, mein Kuddl: da schliessense nu das Heimatmuseum und plötzlich ist die ganze Museumsleitung ohne richtige Arbeit und verhindern wieder den Aufschwung. Und da wär’s doch ‘ne feine Idee, wenn die ab sofort bei den schönen großen Müllautos mitfahren und den Hol- und Bringedienst machen – Erfahrungen mit Schrott habense ja nu jahrelang sammeln können, so verrottet wie das bei denen in ihrem Museumskeller war, wegen der Feuchtigkeit und so. Was meinst? Wobei die Müllmänner sowieso ja wahrscheinlich wieder mehr zu tun kriegen hier, weil unsere Müllkippe ja noch bis ins Jahr 2005 in Betrieb sein muss, aber alle nu schon wissen, dasse auf jeden Fall nicht voll wird, aber bezahlt werden muss eben trotzdem. Da wär’s doch logisch, wenn man die ganze blöde Sortiererei, mit Kompost hier, gelbem Sack da, wohlmöglich noch Altglas und das ganze Papier extra, Dosen vielleicht auch noch – is ja kein Wunder, wenn da nix mehr für die teure Müllkippe überbleibt – wenn man das einfach seinläßt, alles wieder wie früher in eine Tonne und ab damit zur Kippe. Gäb’ bestimmt auch wieder’n paar Arbeitsplätze. Ich sag das mal nächstens im Rat, sieht dann ja auch jeder, wie ich ins Gelingen verliebt bin.

Beim Neujahrsempfang war ich ja auch, habense vorher so’n Wind von gemacht, dasser ausfallen soll, wegen Sparmaßnahmen, aber als dann der Orgelaugust gedroht hat, dasser die Party zusammenspielen will, war’s ihnen wohl doch peinlich und das Geld plötzlich da. Dabei wär’s doch anders viel einfacher, wie machen wir denn so unsere Parties? Ich mach den Kartoffelsalat, aber jeder bringt selbst was zu trinken mit, was er will, und das wird immer lustig, weil man so viele verschiedene Sachen probieren kann und das gibt immer Stimmung. Je mehr ich drüber nachdenk, je mehr glaub’ ich, dasse bei der Stadt alle ganz schön unpraktisch sind, die sollten unsereins mal ranlassen, ich hätt den Laden in Nullkommanix in Schwung!

Tscha, mein Kuddl, nu weiß ich so recht auch nix mehr und wird’s auch Zeit für’n kleinen Spaziergang, guck ich mir mal das Haus da am Südstrand wieder an, dies ‘Helgoland-Avanggahrd’, ob da schon wieder ein Licht mehr brennt. Die, denen das da gehört, informieren einen ja immer so nett in Anzeigen inner Wehzett – “Wir haben 5 Wohnungen vermietet”, find ich doll sowas, nur schade, dasses wohl immer noch nich mehr geworden sind.

 Bis bald, mein Kuddl und’n dicken Knutsch

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