Ratssplitter
Jul 312007
 

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vom 18. Juli 2007

ausgesessen von Imke Zwoch

Gegen 20 Uhr gingen die belegten Brötchen im Chill-out-Room neben dem Ratssaal beängstigend zur Neige, nicht jedoch die Argumente, die zwar schon im Vorfeld des Ratsbeschlusses zum Grundschulkonzept abschließend ausgetauscht worden waren, aber im Hohen Haus unbedingt noch mal wiederholt werden mussten.

♦ Nicht betroffen

In Verbindung mit dem Freitod eines leitenden Angestellten des hiesigen Jobzentrums wurden finanzielle Unregelmäßigkeiten in der ARGE verlautbar, in die auch städtische Gelder fließen. Die LAW wollte wissen, ob der Rat über das Ergebnis der Untersuchungen zu den Vorkommnissen informiert wird. Klaus Grimminger, Geschäftsführer des Job-Centers, lieferte dazu folgende Infos: „Nach bisherigen Ermittlungen handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Tatbestand der Veruntreuung von Geldern aus dem Eingliederungstitel der Agentur für Arbeit (SWL = sonstige weitere Leistungen). Städtische Mittel sind in diesem Aufgabenbereich nicht eingesetzt … Nach bisherigen Recherchen ist nicht davon auszugehen, dass städtische MitarbeiterInnen an den Unregelmäßigkeiten beteiligt waren bzw. sind. Nach Abschluss der Untersuchungen wird die Verwaltung die zuständigen Ratsausschüsse ausführlich über das Ergebnis informieren.“

♦ Kurz und bündig

Vierzehn Tage vor der Ratssitzung müssen Anträge im Rathaus eingegangen sein, damit sie auf die Tagesordnung gesetzt werden. Bei der elektronischen Datenübermittlung kann das, trotz rechtzeitiger Absendung, auch aus technischen Gründen in die Hose gehen, wie jetzt bei einem Antrag der BASU. In diesem Zusammenhang erläuterte Stadtrat Stoffers allerdings, dass es reicht, den Titel des Tagesordnungspunktes einzureichen – für die sorgfältige Vorbereitung kann man sich dann zwei Wochen Zeit nehmen. Davon will die BASU zukünftig Gebrauch machen.

♦ Scheingefecht

Die SPD-Fraktion lehnte es ab, dass die ehemalige Helene-Lange-Schule in der Rhein-/Ecke Virchowstraße als neues und einziges Grundschulzentrum der Südstadt ausgebaut wird. Oberbürgermeister Eberhard Menzel war anderer Ansicht war als seine GenossInnen, und der Ausgang der Abstimmung – für das neue Schulzentrum, gegen die Oldeoogeschule – stand schon vor der Diskussion fest.
Ratsvorsitzender Norbert Schmidt bat darum, in dieser öffentlichen Debatte keine Namen von Investoren oder Geldsummen zu nennen. Dabei ist „der, dessen Name nicht genannt werden darf“, allen, die sich halbwegs für das Thema interessieren, längst bekannt: Bodo Behnke. Vor einigen Jahren kaufte und sanierte der Immobilienkaufmann das leer stehende Spinnerei-Gebäude an der Weser-/Neckarstraße, das die Stadt (bzw. ihre Tochter WTF) seitdem für die Nutzung als Küstenmuseum für etwa 40.000 Euro monatlich von ihm mietet (s. Gegenwind 166 v. März 2001). Nach einem ähnlichen Modell soll das oben genannte von Behnke erworbene Schulgebäude von der Stadt genutzt werden. Die Gegner des geplanten Schulzentrums bezweifeln, dass dies aus städtischer Sicht die wirtschaftlichste Lösung ist. Auch halten sie den Standort direkt an der stark befahrenen Virchowstraße für ungeeignet, zu groß sind nach ihrer Meinung die Gefahren und auch die Lärmbelästigung für die Kinder. Gleichzeitig steht mit der Oldeoogeschule eigentlich ein Standort zur Verfügung, der hinsichtlich Ausstattung und Lage allen Anforderungen genügt. Dort wurde in den vergangenen Jahren viel Geld und Herzblut investiert. LehrerInnen, Eltern und ihre Unterstützer im Rat sehen keinen vernünftigen Grund, warum diese nun zu Gunsten des „Modell Behnke“ geschlossen werden soll.
In Schutz nahmen SPD-Vertreter den Stadtelternrat, für dessen Engagement bei der Entscheidungsfindung sich Menzel ausdrücklich bedankte. Dieses ehrenamtliche Gremium fühlte sich vor allem durch Anwürfe aus der Jamaika-Gruppe ziemlich angeschossen, wie StER-Vorsitzender Bernd Rahlf in der Einwohnerfragestunde zum Ausdruck brachte.

Schulentwicklungsplan Grundschulen 2007-2013 (kursiv: Anträge des StER, die vom Rat angenommen wurden)
1. Der Rat der Stadt Wilhelmshaven bekennt sich zu seiner Verantwortung für ein bedarfsgerechtes, qualitativ und quantitativ ausreichendes wohnortnahes Grundschulangebot. Er wird deshalb die Standorte der Wilhelmshavener Grundschulen vor dem Hintergrund der demographischen Herausforderungen und der wachsenden Ansprüche an die Grundschule bis zum Beginn des Schuljahrs 2010/11 neu ordnen.
2. Zum Schuljahr 2008/09 wird im Gebäude der ehemaligen Realschule Helene-Lange-Schule eine neue Grundschule eingerichtet, zugleich werden die Grundschulen Allerstraße, Oldeoogeschule und Kathrinenfeld aufgehoben. Die GS Kathrinenfeld wird erst aufgehoben, bis die GS Mühlenweg mindestens den Bau- und Ausstattungsstand des Schulgebäudes der GS Kathrinenfeld erreicht hat.
3. Zum Schuljahr 2009/10 werden die Grundschulen Neuende und Neuengroden aufgehoben. Die beiden katholischen Grundschulen Ansgarischule und Elisabethschule werden im Gebäude der ehemaligen Orientierungsstufe Altengroden zu einer neuen katholischen Grundschule zusammengefasst. Für den außerschulischen Lernort „Bildung für Natur und Technik“ wird rechtzeitig ein angemessener neuer Standort bereitgestellt.
4. Zum Schuljahr 2010/11 wird die Grundschule Albrechtstraße aufgehoben. Die GS Sengwarden wird bis 2012 als „Schule im Dorf“ erhalten. 2012 erfolgt eine erneute Überprüfung der Schulqualitätskriterien gem. dem aktuellen Schülerbestand.
5. Der Rat der Stadt Wilhelmshaven wird die erforderlichen Einzelbeschlüsse über die Aufhebung oder Einrichtung der jeweiligen Standorte rechtzeitig zu den einzelnen Schuljahren fassen und dabei auch die Einzugsbereiche so festlegen, wie es den Anforderungen einer gleichmäßigen Auslastung der Standorte und den Anforderungen einer wohnortnahen Beschulung entspricht.
♦ Saubere Lösung? (1)

Die LAW sorgt sich um die Zukunft der städtischen Reinigungskräfte. Zusammen mit dem Hausmeisterdienst sollen sie in den städtischen Eigenbetrieb GGS (Grundstücks- und Gebäudeservice) überführt werden, zudem wird die Reinigung von Schulen weiter privatisiert. Im Rahmen einer Kleinen Anfrage erkundigte sich LAW-Ratsmitglied Johann Janssen, ob und wie sich das auf die Arbeitsbedingungen auswirkt. Dezernent Jens Stoffers gab Auskunft: Nach einem einjährigen Kosten- und Leistungsvergleich, der im Ergebnis für die Fremdreinigung durch private Anbieter sprach, hatte der Rat Ende 2004 diese strukturellen Änderungen beschlossen. Seitdem wurden 17 städtische Gebäude (etwa ein Drittel der Fläche) auf Fremdreinigung umgestellt. Von der Überführung der städtischen Kräfte in die GGS verspricht man sich „Synergieeffekte“ und Einsparung von Personalkosten (was auch sonst?). Die Tarifverträge und die damit verbundenen Leistungen und Arbeitszeitregelungen sollen bestehen bleiben, auch Verträge zur Altersteilzeit behalten ihre Gültigkeit – dazu ist die Stadt als Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband verpflichtet. Der Personalabbau soll im Rahmen der „natürlichen Fluktuation“ erfolgen.

♦ Jetzt doch

Lange hat sich die SPD gegen die Einführung einer „Aktuellen Stunde“ im Rat gesperrt – mit der neuen „Jamaika“-Mehrheit wurde sie nach der letzten Kommunalwahl dann doch durchgesetzt. Erstmals wurde nun davon Gebrauch gemacht – ausgerechnet von der SPD! Thema war die Verlegung des Wochenmarktes in F’Groden von der Posener Straße zurück auf den Kirchplatz. Nach diesem Beschluss (gegen die Stimmen der SPD) in der vergangenen Ratssitzung waren Marktbeschicker und Geschäftsleute Sturm gelaufen. Damit wirklich alle Interessen berücksichtigt werden, schlug SPD-Sprecher Wilfrid Adam, wieder im Rückgriff auf eine Vereinbarung im Jamaika-Kooperationspapier, vor, einen „Runden Tisch“ zum Thema einzurichten und nach ausführlicher Diskussion erneut über den Standort zu beschließen. Die 30 Minuten, die eine „Aktuelle Stunde“ dauern darf, wurden von allen voll ausgenutzt, um bekannte Argumente nochmals aufzuwärmen bzw. umzurühren. Adam beendete dies mit dem Hinweis, der Appell sei da – eine „Aktuelle Stunde“ beinhaltet keinen Antrag bzw. Beschlussvorschlag.

♦ Saubere Lösung? (2)

Die Mehrheit des Rates nickt immer noch routinemäßig ohne große Diskussion weitere Bauvorhaben und damit Versiegelungsmaßnahmen in der Stadt ab. Gleichzeitig sind die Probleme durch steigende Regenwasserabflüsse Thema Nummer eins – sprich Abschlag von Mischwasser am Südstrand -, und man diskutiert, wie man die (durch Hausabwässer verunreinigten) Wassermassen kostengünstig in den Griff kriegt. Allein die LAW wagte jetzt den Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung, wo nicht nur Symptome, sondern auch Ursachen zur Diskussion gestellt werden. Nämlich: Soll es mit der Versiegelung von Flächen so weitergehen wie bisher? Warum werden, z. B. in der Genossenschaftsstraße, keine Bäume nachgepflanzt? Zudem werden versiegelte Flächen wie Gehwege mit der chemischen Keule von sogenanntem „Unkraut“ befreit. „Unkraut wächst da, wo wenig oder kein Lauf ist, warum wird nicht entsiegelt?“ wollte Johann Janssen wissen. 
Die Verwaltung rechtfertigte die Versiegelung bzw. die ausbleibende Entsiegelung von Flächen mit zu hohen Kosten für die Unterhaltung sowie der Verkehrssicherheit, auch wurde auf den „historischen und gestalterisch wertvollen Charakter“ bestimmter Flächen verwiesen. Folgekosten wie das Regen-/Mischwasserproblem wurden nicht angesprochen, oder anders gesagt, sie belasten andere Haushaltstitel und werden deshalb vernachlässigt. Historie? Historische Plätze, wie vielleicht der Banter Markt, wurden zu einer Zeit durchgepflastert, als sie tatsächlich genutzt wurden und als das gesamte Stadtgebiet noch von unversiegelten Flächen durchzogen war. Moderne Entwicklungen und Erfordernisse sollten bei der Sanierung berücksichtigt werden. Und ob die Neuversiegelung gewaltiger Flächen wie z. B. zwischen Rhein- und Jadestraße gestalterisch wertvoll und vor allem notwendig war, ist mehr als eine Geschmacksfrage. Nee, eine wegweisende Antwort der Verwaltung auf ein ernst zu nehmendes Thema war das nicht.
Was den Einsatz von Herbiziden angeht, wurde auf einen „Modellversuch“ der Stadtreinigung mit Ausnahmegenehmigung der Landwirtschaftskammer verwiesen. In einem „umweltschonenden“ Verfahren würden die „Pflanzenschutzmittel“ (?) direkt auf die Wildkräuter aufgestrichen. Dieser „Modellversuch“ dauert jetzt übrigens schon etwa 5 Jahre (s. „Umweltsplitter“ vom November 2002 – Gegenwind 185). Wann und wie wird er ausgewertet, was sind die Ergebnisse? Damals setzte sich übrigens FDP-Ratsherr Michael von Teichman vehement gegen diese Praxis ein. Ob dort oder anderswo, vielleicht sollte sich Johann Janssen im Rat zu diesem Thema Verbündete suchen, damit es nicht einfach im Protokoll versinkt.
Auf den Friedhöfen dürfen, so die Verwaltung, auf Grund gesetzlicher Regelungen grundsätzlich Spritzmittel eingesetzt werden, was nach Bedarf (maximal 2mal pro Jahr) ausschließlich auf wassergebundenen Wegeflächen passiert. Ansonsten erfolge, außer einmal jährlich auf der „Rambla“, kein Einsatz von Spritzmitteln.
Und all das Zeugs bzw. dessen Ab- und Umbauprodukte landen irgendwann im Wasserkreislauf. 

♦ Gesunde Kinder

wünscht sich die SPD und beantragte deshalb verschiedene Maßnahmen, um Fehlentwicklungen und deren Ursachen frühzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken. Dazu gehören zum Beispiel flächendeckende Eingangsuntersuchungen auch für Kindertagesstätten und ein Netzwerk für „frühe Hilfen“. Biehl befürchtete, dass damit genau die Kinder nicht erreicht würden, die am meisten betroffen sind – weil die Eltern sich KiTa oder Kindergarten nicht leisten können, oder „die verschwinden, weil die Eltern die Schulden für das Mittagessen nicht zahlen können.“ Trotz des – berechtigten und nachdenkenswerten – Einwandes schloss er sich dem einstimmigen Beschluss für den Antrag an.

♦ Saubere Lösung? (3)

Gleich mehrere neue Kohlekraftwerke sollen, wie der OB in den letzten Wochen verlauten ließ, im Norden der Stadt entstehen – im Hinblick auf den Klimawandel kein besonders origineller Vorschlag. Der Beitritt Wilhelmshavens zu SolarLokal (einer bundesweiten Imagekampagne für Solarstrom) vor einigen Monaten klingt da schon interessanter. Die LAW wollte jetzt im Detail wissen, wie ernst es der Stadt – auch als Vorbild für BürgerInnen – mit der Einsparung von Energie bzw. CO2 ist. Dazu Umweltdezernent Jens Graul: Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix beträgt beim städtischen Stromlieferanten GEW derzeit 15,5% (Bundesdurchschnitt: 11,1%). Eine Anfrage an die GEW für die Versorgung von drei repräsentativen Gebäudekomplexen mit 100% Ökostrom ist erfolgt. Im Rahmen eines Contractings zwischen Stadt und Stadtwerken wurden 14 Gebäude energietechnisch saniert. Im Zusammenhang mit dem Vertrag zur Wärmelieferung durch die GEW werden Heizanlagen fortlaufend von Öl- auf Gasfeuerung umgerüstet und Brennwert- oder Niedertemperaturheizkessel eingesetzt. In Stadtverwaltung und Schulen kommen fast nur Leuchtstoff- und Energiesparlampen zum Einsatz. In 14 Schulen wurden die Leuchten in den Klassenräumen komplett erneuert, das Programm wird fortgesetzt. 2007 wird die Sanierung der Beleuchtung im Rathaus abgeschlossen.
Interessant wäre zu erfahren, wie viel Energie und CO2 dadurch bereits eingespart wurde.

♦ Ins Trudeln

brachte der Wechsel von Gerold Tholen von der LAW zur BASU nicht nur die Sitzverteilung der Gremien, sondern auch MitarbeiterInnen der Verwaltung: Bei der Abwicklung des Verfahrens zur Umbesetzung der Ausschüsse gab es ziemliches Durcheinander. Je nach Größe des Ausschusses musste zwischen Grünen und BASU und ggf. auch SPD gelost werden. Im Einzelnen ist die neue Zusammensetzung der Gremien dem Ratsinformationssystem zu entnehmen. Spannend wurde es bei einem Deal zwischen Grünen und BASU, als es um die Neubesetzung der Ausschussvorsitze ging: Die BASU verzichtete auf das Los für den Verwaltungsausschuss, durch den Werner Biehl (Grüne) möglicherweise seinen Sitz und damit Bürgermeister-Posten verloren hätte; dafür trat Biehl den Vorsitz im Umweltausschuss an Joachim Tjaden (BASU) ab, die Grünen wiederum konnten sich so den Kulturausschuss greifen. Nachdem alle kapiert hatten, dass und weshalb dieser Schachzug verfahrensrechtlich zulässig ist, ging das so über die Bühne.
Die LAW verlor mit Tholen auch den Fraktionsstatus und damit die Grundmandate für alle Ausschüsse bis auf einen. Janssen entschied sich für den Ausschuss für Soziales und Gesundheit.

♦ Klare Worte

durfte Johann Janssen anlässlich Tholens Fraktionswechsel sprechen. Er fasste sich kurz: Tholen sei für die LAW und deren Ziele in den Rat gewählt worden, und es sei undemokratisch und den WählerInnen gegenüber unfair, das ihm übertragene Mandat nun anderweitig auszuüben, statt es an die LAW zurückzugeben. Dass der Ratsvorsitzende ihm die Möglichkeit zu dieser Stellungnahme gab (), mag damit zu tun haben, dass Norbert Schmidt es ebenfalls nicht leiden kann, wenn Ratsmitglieder nach der Wahl das Lager wechseln.

♦ Selbsterkenntnis

Erst eine ganze Zeit später wurde bemerkt, dass die SPD sich bei der Neubesetzung der Vorsitze einen Ausschuss gegriffen hatte, der bereits vergeben war. Dazu Adam: „Ist doch klar – wenn ich ‚Straße und Grün’ sage, meine ich ‚Grundstücke und Gebäude!’“ In der Tat.

♦ No Dumping

Die LAW beantragte, dass bei der Vergabe städtischer Aufträge nur solche Firmen berücksichtigt werden, deren Beschäftigte nach den offiziellen Tarifabschlüssen behandelt und bezahlt werden. CDU-Sprecher Günther Reuter beantragte Nichtbefassung, da dies bereits beachtet würde. Die Rechtsabteilung der Verwaltung bestätigte, dass die Stadt die Tariftreueerklärung unterzeichnet habe. Gegen Janssen und bei zwei Enthaltungen (Tjaden, Tholen) schloss sich der Rat Reuters Antrag an. Ob die jetzige Kontrolle wirklich alle beteiligten Subunternehmer erreicht, sei dahingestellt.

♦ No Swimming

Eigentlich wollte die SPD ihren Antrag aus der letzten Sitzung nochmals einbringen, wonach Hartz IV-EmpfängerInnen und andere Bedürftige besondere Ermäßigungen für das neue Schwimmbad „Nautimo“ erhalten sollen. Nun machte sie doch einen Rückzieher, denn, so Ursula Aljets, es waren zwischenzeitlich „weitreichende Regelungen“ für Familien oder Schüler getroffen worden, und man denkt laut darüber nach, auch für wenig frequentierte Öffnungszeiten Rabatte anzubieten. Erwachsene Arbeitslose wissen damit allerdings immer noch nicht konkret, ob sie sich den Badespaß werden leisten können. Tjaden fand es schade, dass kein entsprechender Beschluss zu Gunsten Betroffener zur Abstimmung stand – „alle Fragen sind geklärt“, und schon in der letzten Sitzung zeichnete sich trotz Widerspruchs eine knappe Mehrheit dafür ab. Wirklich schade. 

♦ Kein Sinn für Interesse?

Eigentlich sollte der Termin für die Neuwahl des Ausländerbeirats verschoben werden, nun denkt man eher darüber nach, dieses Gremium ganz abzuschaffen. „Die Begeisterung der Ausländer im Beirat tendiert gegen Null“, meinte Uwe Reese (SPD). Biehl ergänzte: Bei der Gründung des Beirates sei dieser notwendig gewesen, nun gäbe es Gesetze, die die Rechte der ausländischen MitbürgerInnen gewährleisten. Janssen wusste, dass die Migrationsberatung zurzeit etwas vorbereitet, das den Beirat ersetzen könnte.
Na ja. Vielleicht sollte man die MigrantInnen mal selbst fragen, warum sich ihr Engagement im Beirat in Grenzen hält?

♦ Groschengrab

Immer mal wieder schiebt die Stadt Geld in verschiedenste Gesellschaften zum Wohle des Aufschwungs, sprich des JadeWeserPorts. Diesmal ging’s um 25.000 Euro für die Ende 2006 gegründete Vermarktungsgesellschaft „JadeWeserPort Logistics Zone GmbH“. Grundlage ist eine Grundsatzvereinbarung und der darauf basierende Kooperationsvertrag zwischen der Stadt und dem Land Niedersachsen. Dazu zählt auch die Gründung einer Vermarktungs- und Immobilienmanagement-Gesellschaft. Die Beteiligung kann erstmals im Jahr 2012 gekündigt werden. Weitere Gesellschaftsanteile (zwischen 1,5 und 5,5% des Stammkapitals von 100.000 Euro) wurden den Landkreisen Friesland, Wittmund und Wesermarsch zum Kauf angeboten. Man wolle „im Spiel der großen Global Player mitmachen“, zitierte Adam Detthold Aden. Dieser Beschluss sei ein Startsignal für den JWP. „Das ist nun schon das dritte Startsignal – im Sport bedeuten drei Fehlstarts den Wettkampfabbruch“, lästerte Tjaden. Gegen seine und Janssens Stimme wurde die Beteiligung an der „Logistics Zone“ beschlossen.

♦ Groschenquelle

Mit EU-Mitteln (EFRE) soll ein „Integriertes Wachstums- und Entwicklungskonzept“ umgesetzt werden. Umstritten war, ob auch Gelder zur Wieder-Öffnung der ersten Einfahrt für touristische Zwecke (Wassersportler) beantragt werden sollen. Die CDU hält das für „Spökenkiekerei“. Menzel wies darauf hin, dass auch die Schleusung von Yachten durch die 4. Einfahrt für die Stadt nicht umsonst sei, man zahle dafür „einen gewissen Beitrag“ an den Bund. (Interessant, am Rande, dass man Yachtbesitzer für ihr Freizeitvergnügen klaglos bezuschusst, bei mittellosen Schwimmern aber einen Aufstand davon macht.) Norbert Schmidt nannte weitere Maßnahmen, z. B. die Erneuerung der südlichen Rathausfassade, die noch den „Charme der 50er Jahre“ ausstrahle. Man erwägt, dort auch neue Fenster einzubauen. (Licht und Sauerstoff für den Pressetisch statt den muffigen Vorhang im Nacken – ich bin dafür!) Übrigens taucht auch die Südzentrale in der Vorschlagsliste auf (ggf. Förderung als historisches Erbe durch das für 2009 vorgesehene Programm „Städtischer Denkmalschutz“). Das Konzept wurde mit knapper Mehrheit zustimmend zur Kenntnis genommen.

♦ Reflektionen

Am Rande einer Debatte hatte Holger Barkowsky (SPD) die Frage aufgeworfen, wie von Teichman überhaupt noch durch die Tür des Ratsaals passen würde mit dem riesigen Heiligenschein auf seinem Kopf. Angesichts der Option auf neue Fenster in der Südwand des Sitzungssaals bat von Teichman darum, dafür Sorge zu tragen, dass der Glanz seines Heiligenscheins nicht durch die starke Lichteinstrahlung beeinträchtigt wird.

♦ Schon wieder ’n Startschuss

Über 200 Seiten umfassten die Vorlage zur Änderung des Flächennutzungsplanes sowie der darauf basierende Bebauungsplan für den sogenannten Hafengroden. Tjaden riskierte die Frage, ob auch alle Ratsmitglieder diese vorab studiert hätten: „Die Festsetzungen könnten uns einholen – beschließen Sie nicht eine Vorlage, die Sie nicht kennen.“ Er verwies auf unschöne Entwicklungen nach der Ansiedlung der Firma NOEX – „da hätten wir auch genauer gucken sollen“. Hier erntete er keinen Widerspruch – wohl aber zu seiner ersten Aussage. „Reflexartig reagierte der OB auf die Hafengegner“, schlug Menzel selbst mir vor für die Zusammenfassung dessen, was folgte. Meinetwegen. Punkt. Was Menzel von Tjaden hält, müssen wir nicht immer wieder abdrucken. Neu allenfalls, dass der OB die Klagen der Hafengegner für „Rechtsmissbrauch“ hält. Dass nicht allein diese, sondern auch Fehler im Planungs- und Vergabeverfahren den ersten Spatenstich verzögert haben, sagte er nicht.
Janssen brachte in Erinnerung, dass Tjaden kein verirrter Einzelkämpfer ist. Auch er bekannte sich als Gründer der Antiport-Initiative, zu deren Zielen er immer noch stehe. „Man darf nicht von DEN Menschen sprechen, die möglichst bald Kräne auf dem Terminal sehen wollen, sondern allenfalls von einer Mehrheit.“

♦ Und zum Abschluss: Der aktuelle Fäkalbericht

„Heute, 14 Uhr: Starkregen in Wilhelmshaven. Ab 14 Uhr 20: Beginn der Abschläge am Banter Siel. 16 Uhr: Beginn der Badezeit am Südstrand“, berichtete Monika Giesche-Emmerich, Sprecherin der BI gegen Fäkaleinleitungen am Südstrand („Kaiserliche KanalarbeiterInnen“) brandaktuell bei der anschließenden Einwohnerfragestunde. In diesem Sinne bedankte sie sich beim Rat für die vorab gefassten Beschlüsse zur Verbesserung der Situation. Zunächst sollten nur Maßnahmen zur Verminderung der Mischwasser-Einleitungen getroffen werden, man entschied sich dann aber, parallel die (vermutlich teuerste, aber wirksamste) Variante „Trennkanalisation“ auch prüfen zu lassen.
Lange Zeit wurde der BI quer durch den Rat vorgeworfen, sie seien Nestbeschmutzer. Nicht die Dreck-Einleitungen waren von Übel, sondern die Menschen, die dies öffentlich machten. Noch zur Eröffnung der Fäkal- pardon: Badesaison gab es vom OB derartige Vorwürfe. Mittlerweile gibt es wohl einen Sinneswandel. Menzel schimpfte im Rat nur noch auf Tjaden, weil auf dem BASU-Bürgerportal fiese Karikaturen zum Thema veröffentlicht sind. Für die Grünen, die anfangs auch mehr um das touristische Image als um die Wasserqualität fürchteten, sagte Werner Biehl jetzt: „Dass die Vorlage (zur Verbesserung der Situation) heute auf dem Tisch liegt, ist engagierten BürgerInnen zu verdanken.“ Tjaden mahnte, „nicht auf BürgerInnen einzuschlagen, die sich kümmern“. Es wäre schön, wenn Rat und Verwaltung daraus lernen und auch bei anderen Initiativen dieser Art – von Anfang an – den konstruktiven Ansatz erkennen und ein ebensolches Miteinander suchen würden.

Beschluss Mischwassereinleitung in den Jadebusen
Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass die derzeitige Praxis der Mischwassereinleitung in den Jadebusen über das Banter Siel den gesetzlichen Anforderungen und anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Gleichwohl hält der Rat diese Praxis für auf Dauer kaum vereinbar mit der Bedeutung des Südstrandes als Badegewässer und Naherholungsgebiet. Er begrüßt deshalb, dass die Wilhelmshavener Entsorgungsbetriebe zum Beginn der Badesaison erste Maßnahmen zur Reduzierung der Mischwasserabschläge um etwa 20% eingeleitet haben.
Die WEB werden beauftragt, auf Grundlage der vom Institut für wissenschaftlich-technische Hydrologie (ithw) und dem Forschungszentrum Terramare vorgelegten Zwischenergebnisse, die Maßnahmen zur Optimierung des bestehenden Mischwassersystems (Feinsiebung, Abtrennung von Gebieten, Aktivierung von Speichervolumen im Kanalnetz und Erhörung der Pumpenleistung zur Zentralkläranlage) vertiefend untersuchen zu lassen und daraus Vorschläge für konkrete Maßnahmen ab dem Jahre 2008 zu entwickeln und in den Wirtschaftsplan einzustellen.
Parallel wird von den WEB ein unabhängiges, mit Druckentwässerung und Freigefälleentwässerung vertrautes Institut / Hochschule mit einer Machbarkeitsstudie für ein Trennsystem beauftragt.
Ziel soll es sein, die Auswirkungen der Abschläge über das Banter Siel auf 20% des dargestellten Umfangs zu reduzieren.

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