Müllentsorgung
Apr 111995
 

Story ohne Happy End

Die Wilhelmshavener zahlen erhöhte Müllgebühren und trennen brav ihren Müll – die dadurch erzielten Erfolge sind eher bescheiden

(jm) Die Stadt ist ihrer gesetzlichen Verpflichtung, für ihr Gebiet ein Abfallwirtschaftsprogramm aufzustellen, nachgekommen. Einer nachhaltigen Lösung des Abfallproblems stehen jedoch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Rücksichtnahme auf Wirtschaftsinteressen und eine falsche Optik beim Einsatz von Finanzmitteln entgegen.

Auch in Wilhelmshaven ist zu spüren, wie durch Vorschriften wie der Verpackungsverordnung das gesetzliche Gebot der Abfallvermeidung ad absurdum geführt wird: Seit Einführung des „Grünen Punktes“ im Jahre 1991 ist die Gesamtmenge des Hausmülls um ca. 1.000 t (3%) angestiegen. Und das, obwohl seitdem immer mehr BürgerInnen zur Eigenkompostierung von Grünabfällen übergegangen sind und somit einen erheblichen – aber leider nicht statistisch erfaßten – Beitrag zur Abfallvermeidung und zur Entlastung der Mülldeponie Nord beigetragen haben.

Einer Intensivierung der Müllvermeidung (z. B. durch Begünstigung des Einsatzes von Pfandflaschen) wird durch die unsägliche Verpackungsverordnung – die sachgerecht „Verpackungsindustrie-Schutzverordnung“ heißen müßte – der „Grüne (Schluß-)Punkt“ gesetzt. Mit der Einführung des „Gelben Sacks“ wird das Umweltbewußtsein der Leute auf die Schmalspurbahn der Sammelleidenschaft gelenkt, ohne daß dem Bürger bewusst wird, daß nur einige gewinnbringende Stoffe wiederverwertet werden. Im Jahre 1993 wurden 44% der ‚Gelben- Sack-Sammlung‘ auf den Müll gekippt oder gar verbrannt, wobei bedacht werden muß, daß in beiden Fällen die Umwelt mit Giftstoffen belastet wird. Welcher Anteil der gewonnenen Wertstoffe tatsächlich wiederverwertet wird, bleibt zudem im Dunkeln.
Zwar ist sich die Stadt darüber im klaren, daß was für die Müllvermeidung getan werden muß, doch Worte und Taten klaffen bei ihr auseinander: Waren für die ‚PR-Kampagne Abfallvermeidung‘ im vergangenen Jahr noch 140.000 DM vorgesehen, so sind es dieses und die folgenden Jahre nur noch 50.000 DM.
Den Problemmüll aus den Haushalten scheint die Stadt besser im Griff zu haben, denn immerhin hat sie ihre Sammlung von 51 t im Jahre 1991 auf 85 in 1993 steigern können. Allein durch die Annahme von Elektronikschrott konnte sie das Problemmüllsammelaufkommen um 16 t steigern. Doch trägt die Stadt sehr dick auf, wenn sie behauptet, daß sich das Wilhelmshavener zentrale/dezentrale Problemmüllsammelsystem bewährt hat. Dazu ist hinsichtlich der ca. 80 Geschäfte, die sich zur Annahme von Problemstoffen aus Haushalten bereit erklärt haben anzumerken, daß Stichproben des GEGENWIND ergaben, daß längst nicht alle der von der Stadt in einer Ende 1994 aktualisierten Liste angegebenen Geschäfte die Problemstoffe wirklich annahmen und schon gar nicht alles. Gut loswerden kann man Batterien, Medikamente und Altöl. So gut wie gar nicht wird man dagegen Haushaltschemikalien los. Zwei Geschäfte, die von der Stadt für die Annahme von Farben, Lösemitteln usw. angegeben waren, sind unter der genannten Adresse nicht mehr aufzufinden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Verzicht auf den Bau einer Müllsortieranlage. Dort sollten – so war es geplant – bereits ab 1995 30.000 t Gewerbemüll, BaustellenabfäIle und Sperrmüll durchgeschleust und daraus 6.000 Tonnen (20%) Wertstoffe gewonnen werden. Jetzt soll es eine Restmüllbehandlungsanlage werden, in der mit einer Wertstoffrückgewinnung von nur 14% gerechnet wird. Dabei muß eigentlich auch der Hausmüll durch eine Sortieranlage, denn darin sind noch etliche Wertstoffe, die nicht vom Grünen Punkt erfaßt werden, z.B. verschlissene Haushalts-, Spiel-, Sport-, Gartengeräte u.v.m., denn der Restmüllaufbereitung muß eine sorgfältige Sortierung vorangehen, schon allein um dem Abfallgesetz Rechnung zu tragen.

Höchst unerfreulich ist zudem die stetig steigende Menge von Shredderabfällen auf der Mülldeponie Nord. Zwar ist ihre Herkunft nirgendwo verzeichnet aber sie stammen wohl so ziemlich ausschließlich aus der Autoverschrottung bei der Firma Jade-Stahl. Von 3.430 t im Jahre 1989 auf 5.312 t im Jahre 1993 – also um 54% wurde diese Abfallmenge in die Höhe getrieben. Was in diesem Shredder an Schadstoffen steckt, scheint bei der Stadt niemanden zu interessieren. Unter der Devise – was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß –scheint sich dort niemand nach anderen Problemlösungen umzuschauen. Stattdessen wartet man auf “ … eine bundesweit einheitlich angestrebte Entsorgungsmöglichkeit von Zeridatorabfällen in Verbrennungsanlagen … “ und legt bisweilen die Hände in den Schoß.

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