Mobbing 1
Mai 131998
 

Mobbing von oben?

Beschäftigte des städtischen Gesundheitsamtes führen Beschwerde gegen ihre Amtsleitung

(noa) Im Gesundheitsamt brennt es – so viel war aus der Berichterstattung und Kommentierung in „WZ“ und „Radio Jade“ zu entnehmen. Brandstifter und Brandstifterin scheinen der Verwaltungsleiter, Herr Lutz, und die Amtsleiterin, Frau Dr. Lienau, zu sein, aber auch der 1. Stadtrat, Herr Frank, scheint Öl ins Feuer gegossen zu haben.

Achtzehn (z.T. ehemalige) Beschäftigte des Gesundheitsamtes wandten sich Ende März an den Personalrat der Stadt „mit der Bitte um Abhilfe der Zustände im Amt 53“ und nannten beispielhaft: Erkrankte oder im Urlaub befindliche Beschäftigte sollen nicht nur vertreten, sondern voll ersetzt werden, dabei müssen teilzeitbeschäftigte KollegInnen volle Stellen mitversorgen. Obwohl alle sich sehr bemühen, diese Überarbeit zu leisten, wird ihre Motivation in Frage gestellt. Dadurch, dass Vertretungsregelungen häufig wieder geändert werden, wächst der Stress.
All dies zusammen führt zwangsläufig zu Arbeitsrückständen, und die Beschäftigten sind mittlerweile mit ihrer eigenen Arbeitsleistung nicht mehr zufrieden. Weitere Unzufriedenheit entsteht dadurch, dass die Überlastung von den Vorgesetzten offenbar nicht anerkannt wird: Mündliche Hinweise auf die Überbelastung werden einfach ignoriert.

Fehler sind in dieser Situation unvermeidlich, aber Lutz und Lienau zeigen dafür kein Verständnis, sondern spielen selbst kleinste Formfehler hoch. Zu diesem Zweck werden MitarbeiterInnen unvorbereitet zu Gesprächen mit Dr. Lienau und Herrn Lutz zitiert. Nach einigen unangenehmen Erfahrungen mit solchen Gesprächen würden die Beschäftigten gerne jemand vom Personalrat zu solchen Gesprächen mitnehmen, aber es wird unverzügliches Erscheinen angeordnet, ohne Rücksicht auf die laufende Arbeit, u.U. sogar aus einer Untersuchung heraus – „Verwaltungsarbeit geht vor“, heißt es dann.
Offenbar ist es der Amtsleitung gelungen, die ihr unterstellten MitarbeiterInnen auch gegeneinander auszuspielen, denn viele Beschäftigte haben den Eindruck, dass jeder jeden beobachtet und nur auf Fehler bei den anderen wartet, fühlen sich verfolgt, gemobbt und erniedrigt.

Ein „Rundschreiben an alle MitarbeiterInnen“, das beinahe postwendend herausgegeben wurde, verbesserte das Klima nicht gerade. Erbost stellen einige Beschäftigte fest, dass die Wortwahl in diesem Rundschreiben („… Berichterstattungen sind nicht nachvollziehbar…“) nicht darauf hindeutet, dass Lienau und Lutz dazu bereit seien, ihr Führungsverhalten zu ändern oder auch nur hinterfragen zu lassen. Auch Frau Dr. Lienaus persönliche Gegendarstellung in Radio Jade am 22.4. ließ kein bisschen Selbstkritik erahnen. Ehemaligen Beschäftigten des Gesundheitsamtes, die sich öffentlich geäußert haben, soll mittlerweile sogar mit zivil- und strafrechtlichen Schritten gedroht worden sein. Unter diesen Umständen sehen die BeschwerdeführerInnen keine Basis für eine künftige vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit und keine Möglichkeit, sich in Anwesenheit von Lutz und Lienau offen zu äußern.
Ende April lud Frank die Belegschaft des Gesundheitsamtes zu einer MitarbeiterInnenversammlung für den 4.5. ein. Eine mögliche Lösung für die festgefahrene Situation im Amt 53 deutete er in seinem Einladungsschreiben schon an: Eine stadtinterne Kommission sieht „einhellig eine Projektarbeit in Ihrem Amt (ggf. auch Supervision) als geeignetes Instrument“ an. Das Thema „Förderung der gedeihlichen Zusammenarbeit und des reibungslosen Arbeitsablaufes im Amt 53“ soll u.U. unter externer Leitung aufgearbeitet werden.

Die KollegInnen, die nicht mehr an eine zukünftige gute Zusammenarbeit mit ihrer Amtsleitung glauben, demonstrierten ihre Verhandlungsbereitschaft, indem sie an der Veranstaltung teilnahmen, doch die Fronten scheinen bereits so verhärtet zu sein, dass für sie nur personelle Konsequenzen in der Leitung des Gesundheitsamtes als Lösung in Frage kommen. Herr Frank erklärte jedoch, dass er niemanden „auf dem silbernen Tablett“ servieren würde und drängte auf Supervision bzw. Gruppenarbeit.
Schon vor Ablauf der Bedenkzeit, die die Beschäftigten sich erbaten, war in der „WZ“ zu lesen, dass das Gesundheitsamt zur Beseitigung der Streitigkeiten einen Supervisor habe. Ganz offensichtlich war die Stadt da etwas voreilig, und vielleicht hat der Verdacht, dass für Frank das Ergebnis der MitarbeiterInnenversammlung schon vorher fest stand, die Abstimmung unter den Beschäftigten des Amtes 53 beeinflusst. Es stimmten jedenfalls von 28 MitarbeiterInnen nur 12 für Supervision.

Was den Beschäftigten besonders gegen den Strich geht, ist die Tatsache, dass es ausgerechnet Dr. Lienau war, die den Supervisor vorgeschlagen hat. An seine Unabhängigkeit können sie da nicht glauben.
Das Personalamt nahm dann auch schnell wieder Abstand von dem ausgeguckten Supervisor – wenn von vornherein gemutmaßt wird, die Supervision sei eine parteiliche Angelegenheit und diene der Disziplinierung einer der zerstrittenen Parteien, ist sie zum Scheitern verurteilt. Da die Beschäftigten des Gesundheitsamtes zumindest z.T. anzunehmen scheinen, dass Supervision ihre verfahrene Situation nicht beheben helfen kann, wird es auch nichts nützen, dass die Stadt dafür nun jemanden anderen sucht.

Eine Pattsituation, in der markige Sprüche die Eskalation nur vorantreiben können, scheint entstanden zu sein. Nach der Stellungnahme einer zwar nicht überwältigenden, aber doch deutlichen Mehrheit gegen Supervision ließ Frank die Beschäftigten wissen, dass er nun eben alle einzelnen Beschwerdefälle juristisch klären lassen will.

 

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