Lokaler Tierschutz
Feb 142009
 

Globale Perspektive

Lesenswerte Broschüre von Peter Hopp

(iz) Ende 2008 hat sich die „Tierschutzverein-Stiftung der Bürger Wilhelmshavens und Umgebung“ nach 20jährigem Bestehen aufgelöst. Aus diesem Anlass hat deren langjähriger Vorsitzender Peter Hopp eine Broschüre veröffentlicht, die weit über eine reine Chronik des hiesigen Tierschutzes hinausgeht: eine kritische, politische, philosophische und ethische Denkschrift über unseren Umgang mit der Kreatur.


Seit 1988 hatte die vom Tierschutzverein Wilhelmshaven gegründete unabhängige Stiftung zahlreiche gemeinnützige Einrichtungen, Initiativen, Vereine und Projekte des praktischen Tierschutzes und tierschutzförderlicher Sozialbereiche finanziell unterstützt. Da sich für die Stiftung jedoch langfristig in Wilhelmshaven keine gesicherten Perspektiven abzeichneten, beschlossen Vorstand und Beirat der Stiftung deren Aufhebung.
Satzungsgemäß floss das Stiftungskapital von gut 90.000 Euro dem Deutschen Tierschutzbund in Bonn zu. Die Wilhelmshavener Institution ist als Stiftung zwar erloschen, hält sich aber weiterhin als vereinsunabhängiges „Tierschutz-Forum“ bereit. Sie möchte offene Plattformen anbieten „zur zwanglosen, doch öffentlichkeitsorientierten, sachlich-qualitativen Erörterung größerer Konfliktfelder der Mensch-Tier-Beziehung mit dem Ziel, humanitärere Lösungswege entwickeln zu helfen“, so Peter Hopp.
Vor diesem Hintergrund ist seine Broschüre als fundierte Grundlage für diese weiteren Diskussions- und Entwicklungsprozesse zu betrachten. Hinter dem bescheidenen und beinahe irreführenden Titel „20 Jahre Tierschutzverein-Stiftung der Bürger Wilhelmshaven und Umgebung“ verbirgt sich ein sorgfältig recherchierter und großartig geschriebener, engagierter aber sachlicher, pointierter und – wo passend – auch witziger Rundumschlag über das Verhältnis einer sich zivilisiert nennenden Gesellschaft zu Tier und Natur. Freilich geht es auch um die Geschichte des organisierten Tierschutzes in der Jadestadt, insgesamt aber um grundlegende Tierschutzperspektiven vor dem Hintergrund der Globalisierung.
Kapitel wie „Das Grauen der Schlachthöfe – Angelernte Billigjobber beim Akkord-Gemetzel“ entlarven die „Sachzwänge“, die die Nutztierhaltung und -verwertung in einen industrialisierten Produktionsprozess ohne ethische Bezüge verwandelt haben. Ob Jagd, Stierkampf, Tiertransporte – konsequent zeigt Hopp die Abgründe eines anthropozentrischen Weltbildes auf.
Bei alledem verliert der Autor nie die Menschen aus den Augen, die gleichfalls Opfer von Profitgier oder Machtansprüchen sind: „Was versteckt sich … nicht alles unter dem Tarnbegriff ‚Kultur’! Ehrenmorde, Genitalverstümmelung, Frauenunterdrückung, Intoleranz, religiöser Totalitarismus, rituelle betäubungslose Schächt-Schlachtmethoden aus ‚Weltanschauungs’-Ggründen – alles Kultur? … Humanität, grundlegende individuelle Menschen- und Tierrechte sind nirgendwo auf der Welt in die moralische Beliebigkeit irgendeiner Kultur gestellt. Vielmehr kann eine Kultur nur insoweit Legitimität für sich beanspruchen, wie sie sich der Humanität gegenüber Mensch und Tier verpflichtet …“ Zitate von Porphyrus (4. Jh. v. Chr.), Luther und Lincoln bis zu Gandhi und Grzimek einerseits belegen, dass dieser Gedanke nicht neu ist; die „BILD“ als Spiegelbild des dumpfen Mainstream andererseits zeigt, dass der Weg zu einer humanitären Gesellschaft noch ein langer ist.
Kehren wir zurück nach Wilhelmshaven: Die Chronik des Tierschutzvereins von 1981 „mutmaßte vorsichtig, die Menschheit beginne allmählich zu begreifen, dass sie mit der Umwelt für Tiere und Pflanzen zugleich auch ihre eigenen Lebensgrundlagen demontiert hat und sich hiermit in eine tödliche Katastrophe hineinmanövriert“ und „geißelte, dass man in technologischem Größenwahn meinte, alles sei machbar …“ Bereits 1965 schloss sich der Tierschutzverein der Aktionsgemeinschaft „Gesunde Jade“ an als frühestem Vorläufer aller späteren Umwelt-Initiativgruppen in der Jadestadt. „1988 registrierte die fortgeschriebene Vereins-Chronik fortgeschrittene Umweltdemontage …“ Wenn wir heute auf ehemalige riesige Wald- oder Wattgebiete im Stadtnorden blicken, die dem Industrie-, Kohlekraftwerks- und Hafenwahn zum Opfer fielen, oder die gerade in letzter Zeit massiven Baumfällungen im Stadtgebiet, erhalten diese historischen Dokumente zum lokalen Tier- und Naturschutz besonderes Gewicht.
Die Broschüre ist Pflichtlektüre für alle, die sich beruflich oder ehrenamtlich bzw. als politische Entscheidungsträger mit dem Tier- und Naturschutz auseinandersetzen.

Die Broschüre „20 Jahre Tierschutzverein-Stiftung der Bürger Wilhelmshaven und Umgebung“ ist erhältlich bei Peter Hopp, Rüstersieler Straße 45 B, Telefon 04421-81307  (PeterHopp@gmx.de)

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