Klimaschutz und Kohlekraftwerke
Mrz 052008
 

Klimaschutz ist teuer – kein Klimaschutz ist unbezahlbar.

(hk) Mit dieser Erkenntnis des britischen Ökonomen Sir Nicholas Stern eröffnete der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Rainer Baake eine Veranstaltung der Wilhelmshavener Bürgerinitiative gegen Kohlekraftwerke und für Klimaschutz am 26. Februar in Wilhelmshaven.


Die Veranstaltung hob sich wohltuend von der auf der vorigen Seite beschriebenen Veranstaltung der E.on ab, denn mit Rainer Baake hatte die Bürgerinitiative einen Glücksgriff getan. Während man auf der E.on-Show bei jedem Wortbeitrag seitens des Podiums merkte, dass es sich um eine Lobbyveranstaltung des Energieriesen E.on handelte, auf der es nicht um die Diskussion mit dem Bürger, sondern einzig um die Propagierung der E.on-Konzernziele ging, konnte der Geschäftsführer der DUH mit nachprüfbaren Zahlen und beschreitbaren Wegen aufwarten.

Zur Person Baakes: Der gelernte Diplom-Volkswirt Rainer Baake war zwischen 1998 und 2005 beamteter Staatsekretär im Berliner Umweltministerium unter Jürgen Trittin und als solcher verantwortlicher Organisator aller „umweltpolitischen Großbaustellen“ der rotgrünen Regierungszeit – vom Atomausstieg über die Klimapolitik und das Kyoto-Protokoll, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes bis hin zur Abfallpolitik. Seit 2006 ist Baake der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Baake sparte nicht mit Lob für die Anstrengungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Klimaschutzziele der Bundesrepublik durchzusetzen. Und genau darum ging es in Baakes Vortrag: Was muss getan werden, um diese Ziele (Reduktion der CO2-Erzeugung um 40% bis 2020) zu realisieren?
Von Anfang an machte er deutlich, dass diese Ziele nicht mit Reförmchen erreicht werden können, sondern dass hierfür große gemeinschaftliche Anstrengungen nötig sind.
Der Titel seines Vortrages lautete „Klimaschutz und neue Kohlekraftwerke – ein unauflöslicher Widerspruch“ – und diese These belegte Rainer Baake mit harten Daten und Fakten, die, so Baake, „allesamt entweder direkt von der Bundesregierung oder vom Bundesamt für Statistik stammen und jederzeit nachprüfbar sind.“

Zu den Fakten:

StromUm jetzt die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen, dürfen die neuen fossilen Kraftwerke maximal 21 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr emittieren. Daraus ergibt sich, dass die durchschnittlichen CO2-Emissionen der zwischen 2006 und 2020 in Betrieb gehenden fossilen Kraftwerke 368 g pro KWh nicht überschreiten dürfen.

Fossile Kraftwerke emittieren unterschiedliche CO2-Mengen. Während ein modernes Braunkohlekraftwerk 950 Gramm pro KWh emittiert, gelangen aus einem Steinkohlekraftwerk immerhin noch 750 g/KWh in die Atmosphäre, einzig das Erdgas liegt mit 365g CO2 pro Kilowattstunde unter dem zur Erreichung der Klimaschutzziele errechneten Wert von 368 Gramm.

Die Schlussfolgerungen hieraus:

1. Klimaschutz und Atomausstieg sind vereinbar, wenn die Ziele bei der Einsparung, dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) ernsthaft umgesetzt werden.
2. Der Umbau des bestehenden Kraftwerksparks muss beschleunigt werden. Insbesondere alte, ineffiziente Kohlekraftwerke müssen nachgerüstet oder stillgelegt werden. Dadurch würde Spielraum geschaffen, um die hohen Emissionen der schon genehmigten und im Bau befindlichen Braun- und Steinkohlekraftwerke zu kompensieren.
3. Fossile Kraftwerke dürfen in Zukunft nur noch als KWK-Anlagen genehmigt und errichtet werden und als Brennstoff Gas verwenden. Neue Kohlekraftwerke – ohne CO2-Abscheidung – sind mit einer ernsthaften Klimaschutzstrategie, die am Atomausstieg festhält, unvereinbar.

Der Vorschlag der Deutschen Umwelthilfe zur Erreichung der Klimaschutzziele:

1. Beseitigung des Rechtsanspruchs auf Genehmigung von klimaschädlichen Kohlekraftwerken
2. Pflicht zur Kraft-Wärme-Koppelung
3. Mindestwirkungsgrade für fossile Kraftwerke = Verbot von konventionellen Kohlekraftwerken (ohne CO2-Abscheidung).

Viel Diskussionsstoff

Die Ausführungen Rainer Baakes bargen natürlich viel Diskussionsstoff – und hier vermisste man dann doch die Damen und Herren des Stadtrates und der Verwaltung, aber zumindest im Stadtrat scheint man ja lernresistent zu sein. Neben den Abgeordneten der Grünen, LAW und BASU bildete der für die CDU im Stadtrat sitzende Bernhard Rech eine Ausnahme.
Doch die Diskussion war auch so spannend und wurde von Rainer Baake konsequent und kompetent geführt.

Wir dokumentieren einige wichtige Diskussionsbeiträge:

Die Kraft-Wärme-Kopplung soll Pflicht werden. Was ist mit Standorten, an denen das nicht möglich ist?

Baake: Die Kraft-Wärme-Kopplung ist ein unerlässlicher Pfeiler der CO2-Reduzierung. Wenn sie an einem Standort nicht möglich ist, dann handelt es sich um einen falschen Standort, und es darf dort kein Kohlekraftwerk errichtet werden.

In Wilhelmshaven verspricht die Electrabel Möglichkeiten zur KWK genau wie die CO2-Abscheidung zu berücksichtigen, gleiches verspricht auch die E.on.

Baake: So geht das auf keinen Fall. Nur wenn die Betreiber nachweisen, dass ihre Anlage mit KWK und CO2-Abscheidung in Betrieb geht, kann ein solcher Antrag befürwortet werden. Absichtserklärungen zur Nachrüstung sind nichts wert.

Das Konzept der DUH basiert stark auf dem Einsatz von Gas zur Stromerzeugung. Begeben wir uns damit nicht in eine neue Abhängigkeit?

Baake: In Deutschland gibt es eine Gas-Phobie. 80% unserer Heizungen laufen mit Gas. Aber sobald Gas in Konkurrenz zur Kohle tritt, werden alle ganz nervös und beschreien die Abhängigkeit! Mit der Abhängigkeit vom Gas wird nur Panikmache betrieben! Die DUH setzt auch verstärkt auf Biogas, denn Biogas ist CO2-neutral – das, was aufgenommen wird, wird auch wieder abgegeben.

Was nützt es, wenn wir in Deutschland die besten und teuersten CO2-Reduzierungen realisieren – muss nicht zuerst auf die CO2-Reduzierung in den Entwicklungsländern gedrängt werden?

Baake: Ich habe viele Verhandlungen mit Vertretern der 3. Welt geführt, als es um die Durchsetzung des Kyoto-Protokolls ging. Es funktioniert nicht, wenn wir diesen Ländern nicht ein Beispiel geben. Wenn wir auf Kernenergie setzen, dann kann ich das den Ländern der 3.Welt nicht versagen. Wir müssen intelligente Lösungen vorleben.

In weiteren Beiträgen machte Rainer Baake klar, dass die Lichter in Deutschland nicht ausgehen werden, dass die Auswirkungen des CO2 auf das Klima nachgewiesen sind. Leugner der CO2-Auswirkungen wird es immer geben, sie sind aber völlig unbedeutend und nicht in der Lage, das Wissen über den Klimawandel in Frage zu stellen.
Deutsche Umwelthilfe im Internet: www.duh.de

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