Demokratische Sozialisten
Jun 011982
 

Keine Alternative zur SPD

Anfang März 1982 traten etwa 30 Mitglieder in Wilhelmshaven aus der SPD aus. In einigen Interviews und Austrittserklärungen versuchten sie, ihren Schritt zu begründen. Viele ihrer Argumente können wir auch unterschreiben; es sind Positionen, die auch wir teilen. für deren Durchsetzung auch wir gemeinsam mit allen, die gegen Aufrüstung, den Sozialabbau und den Abbau demokratischer Rechte auftreten, kämpfen wollen. Jedoch berechtigen uns diese Argumente, die Partei zu verlassen?

Die sozialdemokratische Bewegung ist weder in Deutschland noch in anderen Ländern jemals einheitlich und homogen gewesen . Es gab in ihr immer wieder entgegengesetzte Strömungen und Richtungen, die sich mehr oder weniger heftig miteinander auseinandersetzten. In den letzten Jahren hat sich dieser Differenzierungs- und Polarisierungsprozeß noch erheblich verstärkt.
Mit den im Dezember 1981 veröffentlichten „Löwenthal-Thesen“ setzt eine wichtige Stufe in der ideologischen Auseinandersetzung ein. War bisher meist die Argumentation zur Durchsetzung pro-kapitalistischer Politik mit ökonomischen Notwendigkeiten oder dem Hinweis auf den Koalitionspartner wenig theoretisch begründet worden, so wird jetzt eine immer intensivere Diskussion um die Integration linker Kräfte in die SPD, die den Argumenten der Notwendigkeit offensiv gegenübertraten, theoretisch eindeutig festgelegt und beantwortet. „Aussteiger und Alternative“ und die Masse der Berufstätigen werden auseinanderdifferenziert. Der Vorwurf an Willy Brandt, er wolle zu sehr die „Aussteiger“ integrieren, ist im Klartext die Aufforderung, die Linken und die Anhänger der Friedensbewegung aus der SPD auszugrenzen .Begleitet wird dieses Vorgehen von administrativen Maßnahmen, die kritische Stimmen und Positionen innerhalb der SPD unterdrücken sollen, um eine Diskussion über sozialdemokratische Politik und Ansprüche nicht aufkommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund sind Reaktionen wie Resignation und Austritt sicher verständlich. Doch was wird dadurch bewirkt ?
Die Parteiaustritte in W’haven und die Entstehung der Bewegung demokratischer Sozialisten ist eng verbunden mit dem Parteiaustritt Manfred Coppiks. Ob und wie eine Parteigründung und damit verbunden ein Programm bei dem breiten Spektrum, das sich in Recklinghausen darstellte, möglich sein wird, muß man abwarten, doch läßt sich schon heute eine Einschätzung dieser Bewegung geben.
„Wenn es eine Partei geben wird, dann deshalb, weil die tausenden Leute, die aus der SPD ausgetreten sind oder vielleicht in nächster Zeit austreten, meinen, daß sie sich in einer Partei organisieren sollten“ (Coppik-Interview in der taz, 28.01.1982).
Also wieder desillusionierte ehemalige SPD-Mitglieder, die allein durch eine Parteineugründung meinen, Diskussions- und Organisationszusammenhänge herstellen zu können, wozu sie bisher nicht in der Lage waren. Wer heute den Versuch unternimmt, im sozialdemokratischen Spektrum eine Parteineugründung vorzunehmen, entzieht sich erstens der Diskussions- und Handlungsmöglichkeiten in der SPD, – denn nach wie vor ist der größte Teil der Arbeiterbewegung auf die SPD orientiert bzw. in ihr organisiert-, überläßt damit den“ Löwenthalianern“ die alleinige Handlungsmöglichkeit. Zweitens gibt er sich der Illusion hin, allein durch eine solche Parteineugründung zu einer Massenbasis zu gelangen und allein durch eine neue Partei Veränderungen herbeiführen zu können.
Die Jungsozialisten halten die Gründung von neuen sozialdemokratischen Organisationen für nicht sinnvoll, wie auf der Bezirkskonferenz im April einstimmig erklärt worden ist. Die Geschichte hat bewiesen, daß sozialdemokratische Ziele nur in der SPD und mit der SPD durchgesetzt werden können. Jede Aufspaltung gerade der Linken nützt nur den rechten Kräften. Unsere Aufgabe muß in dem gemeinsamen Kampf aller Linken in den gesellschaftlichen Brennpunkten liegen.

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