Kein Jever für Nazis
Okt 252014
 

NPD-Kundgebung auf dem Alten Markt geriet zur Farce

Jever bleibt nazifrei

(red) Am 25.10.2014 veranstaltete die NPD eine Kundgebung auf dem alten Markt in Jever. Die Parteien im Rat der Stadt Jever und Stopp Rechts riefen zur Gegendemonstration auf. Gut 250 Menschen sorgten mit einem mehr als einstündigen Pfeifkonzert dafür, dass von den braunen Hassparolen kein Wort zu verstehen war.

Großkundgebung der NPD. Foto: Gegenwind

Großkundgebung der NPD. Foto: Gegenwind

Im Übrigen war sowieso kaum jemand vor Ort, den das menschenverachtende Geschwätz interessiert hätte. Der niedersächsische NPD-Landesvorsitzende Ulrich Eigenfeld hatte 20 bis 25 Teilnehmer angemeldet, außer ihm kamen aber nur 14, die er selbst mitgebracht hatte, inklusive einigen hauseigenen „Ordnern“ der NPD. Das Häufchen hielt sich vor dem Eingang und auf der Treppe zur OLB auf, Bankkunden wurden von der Polizei daran vorbei geleitet. Bis zur Absperrung in Höhe der Eisdiele herrschte ein großes Vakuum, dahinter stand die laut und ausdauernd pfeifende Menge der AntifaschistInnen mit vielen bunten Luftballons. Außer Eigenfeld sprachen Carin Hollack (Beisitzerin im Landesvorstand) und Ingo Helge (Pressesprecher) ins Mikrofon, aber was sie sprachen, konnte (wegen des Pfeifkonzertes) und wollte auch niemand außerhalb der Absperrung hören. Bis auf einen Zusammenstoß zwischen einem „Demonstranten der rechten Szene“ (Polizeibericht) und „einer männlichen Person aus dem linken Spektrum“ in der Petersilienstraße verlief alles friedlich.

Jeveraner pfeifen auf die Nazis. Foto: Gegenwind

Jeveraner pfeifen auf die Nazis. Foto: Gegenwind

Im Vorfeld war diskutiert worden, ob es nicht besser sei, die NPD-Kundgebung einfach zu ignorieren. Mit dieser Begründung hatte die FDP im Jeverschen Stadtrat sich auch als einzige Fraktion nicht an dem Aufruf von Grünen, SPD, CDU und SWG beteiligt. Es stimmt wohl, dass die Nazis durch solche Aktionen mehr Aufmerksamkeit erhalten. Das steht aber nicht für Anerkennung, sondern für Wachsamkeit. Und darum geht es ja: Aufmerksam bleiben und nicht wegschauen. Zeigen, dass das braune Treiben genau beobachtet wird. Deutlich machen, dass eine große Mehrheit null Toleranz zeigt gegenüber faschistischen Parolen und Umtrieben. Laut Stopp Rechts steht die Kundgebung in Jever in einer Reihe mit weiteren Kundgebungen in Niedersachsen. In Wilhelmshaven ist bislang keine angemeldet.

 

Danny Schnur, Sekretär des DGB in der Region Oldenburg-Ostfriesland, hat sich mit der Person Ulrich Eigenfeld beschäftigt.

Ulrich Eigenfeld. Foto: Gegenwind

Ulrich Eigenfeld. Foto: Gegenwind

Ulrich Eigenfeld, Jahrgang 1947, ist NPD-Landesvorsitzender in Niedersachsen und altgedientes Mitglied des Bundesvorstands. Mit 22 Jahren trat Eigenfeld in die NPD ein, die damals überwiegend aus Nationalsozialisten bestand. Durch viele Parteikrisen hindurch blieb der damalige Bundesbahnbeamte seiner Gesinnung stets treu. Wegen einer Kandidatur für die NPD wurde Eigenfeld 1986 aus dem Dienst entlassen. Seitdem ist er bei der NPD beschäftigt und wird von ihr bezahlt. Unter anderem ist er langjähriges Mitglied im Bundesvorstand der NPD, intern gilt er als stiller und emsiger Organisator. Eigenfeld hat es gelernt, Positionen zu entwickeln, Parteidebatten zu beeinflussen, Personalstreiterein zu überstehen und Machtkämpfe zu gewinnen. Nicht umsonst stellt die NPD ihn auch als „lebende Parteigeschichte“ vor. Eigenfeld ist ein ausgemachter Gegner der Annäherung an die „Kameradschaften“, er wurde 2006 deshalb nicht mehr zum Bundesvize gewählt und verlor drei Jahre später den Landesvorsitz der NPD in ihrem Stammland Niedersachen. Doch der Parteisoldat springt in Krisenzeiten immer wieder ein. 2008 übernahm er das Amt des Bundesschatzmeisters, nachdem sein Vorgänger Geld aus der Parteikasse veruntreut hatte. Und auch den Landesvorsitz hat er inzwischen wieder, nachdem der Landesverband wegen interner Streitereien kopflos schien. Seit 2011 sitzt Eigenfeld im Rat der Stadt Oldenburg und präsentiert die NPD als vermeintliche „Kümmerer“-Partei. Schon früh kündigte der heute 68jährige an, er wolle versuchen, „gerade beim Thema Stadtentwicklung mehr Öffentlichkeit bei Entscheidungen zu schaffen.“ Auch „zu den sozialen Themen“ wolle er nicht schweigen und werde sein „Rede- und Antragsrecht natürlich nutzen“. Es sind die Schnittmengen bei Themen, die auch andere Parteien besetzen und es ihnen schwer machen, den NPDler zu isolieren. 2011 kündigte Eigenfeld eine Bürgersprechstunde an, in der Bürger ihm ihre Sorgen und Anliegen anvertrauen sollten. Dabei geht es vor allem um den Gestus „Die da oben, wir hier unten“, mit dem die NPD versucht zu punkten, gemischt mit dem typischen Rassismus. Doch beim seriösen Auftritt stört das natürlich nur, so dass Eigenfeld gegenüber der Presse lieber die Oldenburger Verschuldung anprangert statt vom Wahlversprechen der NPD zu reden, „entschlossen alles Erdenkliche (zu) tun, um die Asylschwemme nach Oldenburg zu verhindern“. Eigenfeld verfolgt ein Konzept, das auch der gescheiterte NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel proklamiert hat: die „seriöse Radikalität“. Als Podium nutzt Eigenfeld das Kommunalparlament, die demokratische Bühne, die die NPD eigentlich abschaffen will, denn sie will die Demokratie und das System überwinden. Die kommunalpolitischen Bemühungen sind nicht neu, bereits 1999 hieß es in der NPD-Zeitung „Bürgernähe zeigen – vor Ort siegen“ mit der Hoffung, auf kommunaler Ebene die Ausgrenzung zu unterlaufen. Doch: Die NPD ist keine Partei wie jede andere und Ulrich Eigenfeld ist kein Politiker wie jeder andere. Die NPD ist eine Gefahr für die Demokratie und sie ist eine Gefahr für die solidarische Zivilgesellschaft. Das gilt auch für ihre menschenverachtende Ideologie, wenn sie versucht – wie Ulrich Eigenfeld – sich mit Schlips und Kragen zu tarnen. Der NPD keinen Meter, weder in den Parlamenten noch im öffentlichen Raum!! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!!

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