Job-Center 1
Jun 042008
 

Ein Vollzeitjob

kann es werden, sich um einen 1 Euro-Job zu bemühen. Kerstin Richter (der Name wurde auf Wunsch der Informantin verändert) ist Hartz IV-Empfängerin. Am 30. April bekommt sie Post vom Job-Center: Sie soll sich bei BeKA e.V. wegen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung melden

. An diesem Tag wird daraus nichts mehr, aber am 2. Mai verabredet sie telefonisch einen Vorstellungstermin für den darauffolgenden Montag. Sie geht hin und ist begeistert: Ab 13. Mai (Dienstag nach Pfingsten) soll sie als „Mädchen für alles“ im Störtebekerpark arbeiten. Eine Woche bleibt ihr, die Betreuung ihres Sohnes, der nachmittags den Kindergarten besucht, zu organisieren.
Eine Verlegung der Kindergartenzeit auf vormittags, worauf Frau Richter gehofft hat, kommt nicht in Frage. Beim Jugendamt nennt man ihr das Familien- und Kinderservicebüro als Ansprechpartner. Dort ist man sehr hilfsbereit und nett; die Kollegin dort macht sich sofort auf die Suche nach einer Tagesmutter. Die soll vom Jugendamt finanziert werden. Doch ein Anruf bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe ist entmutigend: Eine Tagesmutter wird bezahlt, wenn eine Mutter eine „richtige“ Arbeit antritt – 2,50 Euro pro Stunde investieren, wenn die Mutter nur 1,50 Euro pro Stunde erzielt, das sei ja unmöglich. Das Job-Center sei dafür zuständig.
Mittlerweile ist Freitag, das Pfingstwochenende steht vor der Tür. Was tun? Frau Richter geht zum Job-Center, um mit der Dame zu sprechen, die die AGH angeboten hat. Aber die ist nicht im Haus. Also zum Fallmanager. Der hat sich bisher immer als zugewandt und hilfreich erwiesen, der wird helfen. Oder?
Er ist auch diesmal zugewandt. Aber ob er hilfreich sein kann, ist nicht so ganz klar. Die Bezahlung einer Tagesmutter bei einem 1 Euro-Job sei nicht zwingend vorgesehen, sondern es handle sich um eine Kann-Bestimmung; er werde sich aber bei seiner Teamleiterin dafür einsetzen, dass sie in diesem Fall erfolgen werde.
Kurz vor Mittag kommt dann sein Anruf: Leider übernehme das Job-Center die Kosten der Kinderbetreuung nicht. Frau Richter fällt nur noch ein, bei BeKA nachzufragen, ob sie ihren Sohn mit in den Störtebekerpark bringen dürfe, doch am Freitag erfährt sie dort nur, dass sie Dienstag noch einmal anrufen soll.
Am Dienstag soll Frau Richter eigentlich anfangen zu arbeiten… Aber mit Kind – nein, aus diesem „Job“ wird nichts.
Am selben Dienstag besucht eine Bekannte von Frau Richter jedoch die ALI-Monatsversammlung, auf der der Geschäftsführer des Job-Centers spricht, und erfährt, dass die Betreuung eines Kindes bei einer AGH der Mutter vom Job-Center prinzipiell finanziert wird. Warum also nicht im Fall von Frau Richter?
In der Zwischenzeit hat deren Fallmanager sich um einen anderen 1 Euro-Job für sie bemüht, bei dem die Arbeitszeiten mit den Kindergartenzeiten des Sohnes übereinstimmen. Der Träger muss ihn aber erst beantragen, und das kann sich noch eine Weile hinziehen.
Frau Richter hat zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Gegenwind-Ausgabe drei hektische und anstrengende Wochen hinter sich, in denen sie von Amt zu Amt gelaufen ist und viel telefoniert hat. Ihren „Job“ hat sie aber immer noch nicht. (noa)

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