Hartz IV – 1
Feb 012005
 

Eine neue Zeit

Seit dem 1. Januar ist “Hartz IV“ Gesetz. Das ist für unzählige Menschen ein tiefer Einschnitt. Die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe – wie dieser Sozialabbau beschönigend genannt wird – ist nun vollzogen. Leute, die bis Silvester von ihrer Arbeitslosenhilfe, die sich redlich verdient hatten, für die sie lange gearbeitet und Beiträge bezahlt hatten, noch einigermaßen leben konnten, sind ab Neujahr arm. Von denen, die angeblich durch die neue Leistung „Arbeitslosengeld II“ besser dran sind als vorher, glauben viele das im Moment auch noch, weil sie für Januar mehr Geld bekommen haben als früher pro Monat. Sie werden erst im Lauf der nächsten Monate merken, dass auch sie nicht besser, eher noch schlechter dran sind als bisher.

In den Arsch gekniffen

(noa) Wer aus einer früheren gut bezahlten Tätigkeit Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte und bis 31.12.04 bezog, steht jetzt mit 345 Euro als Einzelperson bzw. 311 Euro als Ehepartner recht bescheiden da. Heinz Westerfeld (Name von der Redaktion geändert) erlebt Hartz IV schon länger. Anhand seiner Geschichte kann man vorhersehen, wie es den bisherigen Alhi-Empfängern künftig ergehen wird.

Heinz W. trat 1966 ins Berufsleben ein. Bis 1997 arbeitete er. Den größten Teil der Zeit war er immer im selben Betrieb tätig. Dann kündigte er seine Stelle. Das Betriebsklima an seinem Arbeitsplatz war so schlecht, dass er krank wurde. Wer wie er in den vergangenen Jahren selber seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat, weiß, dass man als „selbstverschuldet arbeitslos“ dann eine große Chance auf eine Sperrfrist hatte. Er bekam keine, was darauf schließen lässt, dass es wirklich schlimm zuging in seinem Betrieb. Er bekam Arbeitslosengeld, und zwar – nach so langer Berufstätigkeit – auch entsprechend lange. Bis Juli 1999 fand er zwar keine Arbeit, hatte aber mit seinem Arbeitslosengeld sein Auskommen.
Die Probleme begannen, als der Anspruch als Arbeitslosengeld aufgebraucht war und Heinz W. Arbeitslosenhilfe beantragen musste. Auch damals schon musste man bei einem Alhi-Antrag sein Vermögen angeben.
Heinz W. hatte in den vielen Jahren seiner Berufstätigkeit fleißig gespart und einiges Geld auf Sparbüchern. Auf Anraten seiner Hausbank hatte er im Frühsommer 1999 das ganze Ersparte in einen Altersvorsorgevertrag eingebracht. Diesen Vertrag nun sah das Arbeitsamt Wilhelmshaven als „Vermögen“ an, das er bis auf einen Behalt von 1000 DM pro Lebensjahr erst einmal verbrauchen solle, bevor er Arbeitslosenhilfe bekommen würde, und verpasste ihm eine Sperre von 38 Wochen.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde abgelehnt, und Heinz W. klagte dagegen beim Sozialgericht in Oldenburg. Sein Oldenburger Anwalt schaltete außerdem den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein. Mit Erfolg: Ende Dezember 1999 bezog Heinz W. Arbeitslosenhilfe, durfte seinen Altersvorsorgevertrag behalten und bekam eine Nachzahlung für die Zeit seit Antragstellung.
Einige Jahre lang war die Welt für Heinz W. abgesehen von seinen vergeblichen Bemühungen um Rückkehr ins Berufsleben so einigermaßen in Ordnung, denn er bezog seine Arbeitslosenhilfe. Doch zum 01.01.2003 gab es eine Änderung der Arbeitslosenhilfeverordnung. Heinz W.s neuer Alhi-Antrag wurde ablehnt. In der neuen Verordnung war der geschonte Betrag von 1000 DM auf 200 Euro pro Lebensjahr gesenkt worden. Und nun sollte er doch endlich anfangen, seine Altersvorsorge zu verbrauchen.
Der Widerspruch dagegen wurde abgelehnt. Die Klage dagegen läuft noch.
Im April 2004 wiederholte sich dieses Spiel: Antrag auf Alhi abgelehnt, Widerspruch eingelegt, Widerspruch abgelehnt, Klage dagegen. Beide Klagen wurden zusammengelegt und sind als eine Klage bei Sozialgericht Oldenburg anhängig.
Von Anfang 2003 bis September 2004 lebte Heinz W. von seiner Altersvorsorge. Dann war diese bis auf den geschonten Betrag verbraucht. Für Oktober bis Dezember 2004 bekam er endlich wieder Arbeitslosenhilfe. Wie alle anderen Alhi-Bezieher bekam er dann auch seinen dicken Fragebogen für die Beantragung von Arbeitslosengeld II, doch der lag bis neulich bei der gewerkschaftlichen Rechtsschutzstelle, so dass er ihn erst im neuen Jahr abgeben konnte. Und so lebt Heinz W. momentan weiter von den spärlichen Resten seiner Altersvorsorge. Mal sehen, welchen Strick man ihm daraus drehen wird, dass er – notgedrungen – dieses Geld aus der festen Anlage rausgeholt hat!

Sorry, the comment form is closed at this time.

go Top