Der Kandidat
Okt 081990
 

Eulenspiegel oder Scharlatan

Gegenwind-Gespräch mit Focke Hofmann, der mit Bandenwerbung in den Bundestag einziehen will

(hk/ef) Focke Hofmann war schon immer für eine Überraschung gut so wie jetzt seine Kandidatur zum Bundestag. Hofmann, dessen kaiserlich-autoritär nach oben gezwirbelter Bart eher eine erzkonservative Haltung dokumentiert, findet bei allen Parteien ein wenig politische Heimat.

gw096_btw90Gegenwind: Als wir am 16.Mai in der WZ lasen, daß Sie als Parteiunabhängiger für das Direktmandat im Wahlkreis 21 für den Bundestag kandidieren, hielten wir das für einen Ulk. Inzwischen haben Sie ihre Aktivitäten für dieses Ziel aufgenommen. Glauben Sie wirklich, daß Sie eine Chance haben?
Hofmann: Ich habe den Willen und das Ziel, das Direktmandat zu gewinnen. Dazu gehören natürlich eine ganze Menge Eckdaten. Insbesondere gehört dazu, daß ich einen gleichen Wahlkampf führen kann, wie es die großen Parteien auch tun. Mit allem Drum und Dran. Damit sind wir schon bei der Finanzierung. Und da darf ich offen sagen: Wenn mir das nicht so gelingt, wie ich mir das vorstelle, und ich habe da ja besondere Vorstellungen, dann wird es sehr schwer sein. Aber die Stimmung im Wahlkreis für mich ist nicht schlecht. Um als Kandidat zugelassen zu werden, benötige ich 200 Unterschriften. Ich habe inzwischen 800. Und ich sag noch mal eines dazu: Je öfter Frau Iwersen irgendwo auftritt, je mehr Zustimmung und je mehr Alternative bin ich insbesondere für SPD-Wähler.

Gegenwind: Sie betreiben den Wahlkampf wie Boris Becker den Grand Slam: Sponsoren finanzieren Ihren Wahlkampf. Soll damit die Käuflichkeit der Politiker salonfähig gemacht werden?
Hofmann: Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich weiß aus meiner langjährigen Tätigkeit in der CDU, dass immer versteckt die Gelder gezahlt werden. Meinetwegen die Finanzierung des Wahlkampfes des Herrn Maaß über den sogenannten „Kleinen Kreis“ in Oldenburg. Wenn man versteckt Geld abstaubt, dann kommt man damit eher in den Geruch, bezahlte Politik zu machen, als derjenige, so wie es meine Vorstellung ist, der daraus im -Grunde ein PR-Geschäft macht: In den letzten Monaten vor dem Wahltermin bin ich derjenige, der in der Öffentlichkeit besondere Anziehungskraft ausübt und dies kann meinetwegen der eine oder andere aus der Werbebranche nutzen – das ist mein Angebot. Ich nehm ja kein Geld, das muß man ja ganz deutlich sehen, sondern ich stelle mich zur Verfügung mit diesem besonderen Gewicht, daß man Anziehungskraft ausübt, weil man im Wahlkampf ist.gw096_fockehofmann

Gegenwind: Was haben die Firmen für ein Interesse daran, Ihnen den Wahlkampf zu finanzieren?
Hofmann: Wir haben hier ein Büro, ich habe das natürlich mit Absicht so ausgesucht, daß das so ein Schaufenster ist. Ich sitze im Schaufenster, im Glaskasten – so ist das auch angelegt- bei mir kann jeder in die Bücher, ins Büro reingucken. Und diese Schaufenster stelle ich den Firmen zur Verfügung, in dem Sinne, daß sie hier Werbung machen dürfen, dafür mir aber dann die Geräte zur Verfügung stellen, mehr nicht. So einfach ist das. Ich bin in Verhandlungen mit großen Firmen, die ihre Bereitschaft erklärt haben, eventuell mit mir diese Geschichte steigen zu lassen – und die Verhandlungen werden bis Mitte Oktober abgeschlossen sein.
Gegenwind: Und das Geschäft ist dann mit dem Wahltermin erledigt?
Hofmann: Das ist weg. Das ist ja genau das umgekehrte wie bei denen, die heimlich Geld nehmen. Sie müssen das so sehen: Nehmen wir einmal an, irgendeine Firma macht eine Beilage in der Zeitung. Die Beilage wird in der Regel ganz schnell beiseite gelegt – aber wenn das in irgendeiner Form mit den aktuellsten Themen verbunden wird, kann es sein, daß der Leser das nicht so schnell weglegt. Das ist der Trick.

Gegenwind: Wieviel Stimmen müssen Sie bekommen, damit der Steuerzahler ihre Wahlkampfkosten erstattet?
Hofmann: Für Einzelbewerber gibt es keine Wahlkampfkostenerstattung es gibt Wahlkampfkostenerstattung für die Zweitstimmen und die Zweitstimmen will ich nicht haben, brauch ich auch nicht, weil ich das Direktmandat will.
Gegenwind: Kann es sein, daß Sie, wenn die Sache für Sie schlecht ausgeht, vor einem Berg Schulden stehen?
Hofmann: Nein. Ich fahre plus minus Null, abgesehen von Spritkosten aber das sind für mich keine Kosten. Ich fahre ja auch sonst viel durch die Gegend um meinetwegen die ostfriesische Landschaft zu genießen. Da kann man ja das Gute mit dem Nützlichen verbinden.

Gegenwind: Mit welchem Programm wollen sie gegen Iwersen und Maaß in den Wahlkampf ziehen? Wo sind die Unterschiede?
Hofmann: Ich sage einfach und ganz deutlich: Die Kandidaten der etablierten Parteien sind überhaupt nicht in der Lage, die Interessen dieser Region in Bonn oder Berlin zu vertreten, weil sie im Fraktionskorsett drinhängen. Und wenn Sie mal Herrn Maaß nehmen und fragen mal ganz ehrlich, was er für diese Region erreicht hat, dann ist das Null. Das ist tatsächlich Null. Nur jemand, der wirklich Lobbyist für diese Region ist, kann auch etwas erreichen, auch als einzelner Abgeordneter. Ich habe sicher Ideen genug, den Finger in die Wunde zu legen, um bestimmte Dinge zu erreichen.
Gegenwind: Als Einzelkämpfer?
Hofmann: Ein Einzelkämpfer, der in den Bundestag gewählt wird – das ist eine Sensation bundesweit. Der Wähler macht damit deutlich, dass wir hier besondere Probleme haben. Der wählt also gar nicht so sehr Focke Hofmann, der wählt die Tatsache, daß wir hier besondere Probleme haben – höchste Arbeitslosigkeit und keine Perspektive. Und in diesem Sinne, wenn er das auch erkannt hat, wenn er dies praktisch als Auftrag nach Bonn oder Berlin schickt, dann hat das schon sehr viel  Gewicht. Da bin ich fest von überzeugt. Ich werde sehr oft gefragt , wie viel Stimmen brauchst Du denn: Relative Mehrheit eine Stimme mehr als die anderen. Eigentlich ist das ja nicht viel, wenn man nur eine Stimme mehr braucht.
Gegenwind: Das ist im Grunde keine programmatische Alternative, sondern nur die Hoffnung, daß eine Person, die nicht durch ein, wie Sie es nennen, Fraktionskorsett, an bestimmte Parteivorgaben gebunden ist, mehr erreichen kann.
Hofmann: Das ist das eine, natürlich gehört aber auch eine programmatische Seite dazu.
Gegenwind: … die sich aber anscheinend nicht von dem unterscheidet, was im Programm von Maaß oder Iwersen steht …
Hofmann: Doch. Diese Unterschiede kann ich also ganz klar aufzeigen. Ich fordere für diese Region in erster Linie eine besondere Hilfe, die bislang in andere Bereiche floß. Ich nenne nur das Stichwort „Zonenrandförderung“ und ich nenne das Stichwort „EG-Förderung“. Ich meine, daß man hier wirklich programmatisch die Dinge deutlich machen muß. Ich sehe, daß wir im Zuge der Wiedervereinigung hier in die absolute Randlage kommen und das wird sich noch verstärken. Das ist ja das, was Herr Maaß bestreitet. Der sieht ja eher einen Aufschwung kommen – und den sehe ich nicht.

Gegenwind: Wenn wir Ihre politische Laufbahn und Ihre Äußerungen betrachten, kommt bei uns der Verdacht auf, daß Sie mit Ihrer Kandidatur der CDU und insbesondere Herrn Maaß einen auswischen wollen.
Hofmann: Der CDU auf keinen Fall. Ich will mal so sagen Ich bin Marktwirtschaftler und ich bin gegen Dirigismus – insofern ist die CDU ja nicht so fern für mich. Dann habe ich eine ganze Menge Liberalismus – dann kann ich also auch bei der FDP gut unterkommen. Wenn ich dann noch dazunehme, daß ich mich in vielfältiger Weise in sozialen Belangen engagiere, dann bin ich bei der SPD auch gut zu Hause.
Gegenwind: Und auch mit den Grünen hapert’s nicht?
Hofmann: Nee, das sieht man ja auch daran, daß ich z.B. die Entschwefelung bei der MOBIL-Raffinerie gefördert habe – was mir in Bezug auf die Arbeitsplätze sehr schwer fiel. Aber ich meine, da muß man neuesten Standard der Technik walten lassen. Im Rat hatte ich gebeten, in die Mobil-Resolution doch wenigstens „Im Rahmen der bestehenden Gesetze“ reinzuschreiben. Aber selbst dazu waren sie nicht bereit. Da schließt sich so der Kreis, daß ich im Grunde eigentlich ganz prima sagen kann „Die Zweitstimme gebt eurer Partei, da habe ich im Grunde nichts gegen, aber die Erststimme – die müßt Ihr mir geben.

Gegenwind: …die Zweitstimme brauchen Sie ja auch nicht!
Hofmann: Nein – eben. Machen Sie doch einfach mal die Rechnung auf: Selbst wenn die SPD-Wähler nicht unbedingt mir die Erststimme geben – nehmen wir mal einfach alle anderen dann habe ich schon die Mehrheit. Wenn die mir die Erststimme geben, dann würde nicht Frau Iwersen nach Bonn oder Berlin ziehen, sondern dann würde Focke Hofmann als Lobbyist sich da einsetzen können – für die Region. Das ist eigentlich eine ganz tolle Rechnung.

Zeichnung: Erwin Fiege

Zeichnung: Erwin Fiege

Gegenwind: Für uns ist diese Rechnung im Bereich des Utopischen angesiedelt. In Wilhelmshaven gehören Sie zur Bürgerschaftsgruppe – und die Bürgerschaft ist ja früher auch mal mit grünen Zielen angetreten. Werden Sie als Gewinner des Direktmandates im Bundestag ähnliches tun?
Hofmann: Nein! Für die Region habe ich die Bereitschaft, mit jeder Gruppierung zusammenzuarbeiten, das ist ganz wichtig. Das ist ja auch der Vorteil. Ich kann ja mit jeder Partei zusammenarbeiten.

Gegenwind: Wie werden Sie den Wahlkampf führen?
Hofmann: Ich habe ein Wahlkampfteam von 12 Leuten – das ist ja nicht so einfach alles aus dem Hut gezaubert. Ganz allein kann man das natürlich auch nicht bewerkstelligen. Ich habe ein klares Programm, klare Arbeitsschritte. Das ist alles getimed. Im Grunde haben Sie ja eine prima Eingangsfrage gestellt – das alles wäre eine Ente oder ein Spaß …
Gegenwind: …ein Ulk –
Hofmann: – aber irgendwie müssen doch alle merken, daß ich nach und nach alles ganz sauber durchziehe. Oder nicht?
Gegenwind: Viel haben wir davon noch nicht gemerkt!
Hofmann: Ich will mal so sagen, mit der WZ ist das auch noch ein bisschen schwierig, da habe ich bald ein Gespräch. Wenn man das Jeversche Wochenblatt oder den Harlinger Anzeiger anschaut – dann ist das doch schon etwas mehr Publicity. Es gehört auch dazu, daß man von der Presse gleichberechtigt berücksichtigt wird und das erkenn ich eben noch nicht.

Gegenwind: Sie sagten, sie haben ein Wahlkampfteam von 12 Leuten – die wollen doch auch bezahlt werden.
Hofmann: Nein, alles ehrenamtlich und, ganz wichtig, keine „Partei“freunde sondern das sind Freunde, persönliche Freunde. Die machen das, weil die daran Spaß haben, mit mir diese Sache durchzuziehen. Das ist ein ganz anderes Verhältnis.
Gegenwind: Sie gehen wirklich davon aus, daß es für Sie möglich ist, ein Direktmandat zu erringen, oder ist das nur eine Breitseite gegen Maaß oder ist es eine Eulenspiegelei, um dem herrschenden Parteiengefüge den Spiegel vorzuhalten?
Hofmann: Das mit der Eulenspiegelei ist ja nicht auszuschließen. Im Gegenteil, daß ist, ja ich möcht fast sagen, ein positiver Volksbildungsprozeß. Mir wurde auch schon gesagt ‚Das ist ja super, daß wir nun eine echte Alternative angeboten bekommen‘.

Gegenwind: Nehmen wir mal an, Sie gewinnen den Wahlkreis. Ist das dann auch Ihr Abschied aus der Kommunalpolitik?
Hofmann: Auf keinen Fall. Dann würde ich ja die Nähe zu diesem Wahlkreis verlieren, eben das, was ich den anderen vorwerfe, daß sie die Nähe gar nicht haben.
Gegenwind: Also Stadtrat und Bundestag – Sie meinen, daß Sie das auf die Reihe kriegen?
Hofmann: Das krieg ich auf die Reihe!

Gegenwind: Wir danken für dieses Gespräch

Sprüche aus seiner Pressemappe:

  • In diesem Zusammenhang ist allerdings der Mitbewerberin, Frau Gabriele Iwersen, dringend zu raten, sich auf der Landesliste ihrer Partei absichern zu lassen.
  • Letztlich müssen alle Parteien-Bewerber um ein Bundestagsmandat die Kandidatur eines wirklichen Lobbyisten der Region unterstützen, wenn sie es ernst meinen, die Position für diesen Wahlkreis in Bonn/ Berlin zu stärken.

 

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