CDU Wilhelmshaven
Apr 302003
 

Eine Provinzposse

Beim Streit in der CDU geht es um nichts als um Revierkämpfe verschiedener Platzhirsche

(hk) Hoffnungslos zerstritten präsentiert sich die Wilhelmshavener CDU derzeit. Unser Versuch, nach inhaltlichen Gründen für diese Zerstrittenheit zu suchen, verlief im Sande. Eigentlich wollen alle agierenden CDUler ein und dasselbe – man kann sich wohl einfach nur nicht riechen.

Diese Zerstrittenheit hat natürlich auch Auswirkungen auf die Politik der CDU in Wilhelmshaven. „Auf unseren Versammlungen geht es immer nur um irgendwelche Formalitäten und um persönliche Auseinandersetzungen, wir kommen gar nicht mehr dazu, richtige Arbeit für Wilhelmshaven zu machen.“ So ein CDU-Vorstandsmitglied wenige Tage nach dem Rücktritt der Kreisvorständler zum Gegenwind. Die Wilhelmshavener SPD kann sich die Hände reiben – da ist nicht viel von Oppositionspolitik zu merken.

Rückblick

Ein Blick in unser Archiv bringt es an den Tag: Die Geschichte der Wilhelmshavener CDU ist auch eine Geschichte der innerparteilichen Kämpfe, da wurde gekungelt, gemauschelt, getrickst, Stolperdrähte gezogen und Maulkörbe verordnet – das geht bis in die Zeit hinein, als Eberhard Schodde noch CDU-Fraktionsvorsitzender war.
Einen Höhepunkt dieser CDU-Eigenart gab es unter der Herrschaft von Erich Maaß. Da rollten dann richtig die Köpfe und die Chefkommentatoren der Wilhelmshavener Zeitung schrieben sich die Finger wund über die durch die Grabenkämpfe oppositionsunfähige Partei.
Im August 2000 trat Dr. Uwe Biester dann die Nachfolge von Erich Maaß an. Biester ortete damals „eine stärker werdende Gruppe, die sich ausgegrenzt fühlt.“ Er sähe als seine Aufgabe an, hier integrierend zu wirken.

Sachstand

Das alles ganz anders kam, beweisen die letzten Monate der Wilhelmshavener CDU. Keine 20 Monate nach seiner Wahl zum Kreisvorsitzenden legte Biester dann im Februar 2002 sein Amt nieder. Titelzeile des WZ-Kommentars dazu: ‚CDU Wilhelmshaven im Tief’. Wie tief die Gräben in der Biester-Zeit aufgeworfen wurden, lässt sich an den Umständen seiner Nominierung zum Landtagskandidaten ablesen: Ganze 54 Mitglieder waren erschienen, und mit kläglichen 39 Stimmen wurde Biester dann wieder Landtagskandidat seiner Partei. Biester tobte! Von diesem Zeitpunkt an zog sich Dr. Biester immer mehr aus den bestehenden CDU-Strukturen zurück, im CDU-Büro im Postgang sah man ihn kaum noch. Auch auf die ansonsten monatlich eintrudelnden Spendenschecks wartete man dort vergeblich. Dr. Biester scharte ein erkleckliches Häuflein von Mitstreitern um sich, sein Büro in der Nordseepassage wurde kurzerhand zum neuen Partei-Hauptquartier.

Haushoher Sieger

Dann kam die Überraschung: Dr. Uwe Biester schwemmte den SPD-Lokalmatadoren Wilfrid Adam aus dem Landtag und gewann das Direktmandat in seinem Wahlkreis. Und jetzt sah man die Zeit gekommen, in Wilhelmshaven Nägel mit Köpfen zu machen. Die ca. 30-köpfige Wahlkampfmannschaft Biesters und ein Großteil der CDU-Ratsmitglieder präsentierten eine Liste mit 110 Unterzeichnern, die die Neuwahl des Kreisvorstandes forderten. Als ihren Wunschkandidaten schlugen sie Dieter Wohler vor.
Biester-Nachfolger Joachim Ender warf Biester daraufhin schmutziges Handeln und einen Vertrauensbruch vor.
Der Kreisvorstand nahm die Forderung nach einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Kenntnis und spielte erst einmal auf Zeit. Man müsse die Unterschriften prüfen und auch rechtlich sei noch einiges zu klären. Dem Wind, der Ender aus Richtung des neuen CDU-Hoffnungsträgers ins Gesicht blies, konnte dieser nicht standhalten – Anfang März trat Ender von seinem Vorstandsposten zurück. Ihm folgten wenige Tage später weitere 7 Vorstandsmitglieder – die Partei war jetzt wirklich kopflos.
Nun hatten die „Erneuerer“ freie Bahn und legten den Termin für die Mitgliederversammlung auf den 26. März fest. Gegen die zurückgetretenen Ratsmitglieder Ender und Homann wird ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet – beide dürfen damit nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen. Kurz vor der Mitgliederversammlung meldet auch Gerhard Bork seine Kandidatur für das Amt des Kreisvorsitzenden an.
Die Versammlung verlief dann so, wie es sich Biesters Mannen gewünscht hatten. Dieter Wohler wurde mit großer Mehrheit zum neuen Vorsitzenden gewählt. Stellvertretende Vorsitzende wurden Ursula Biester und Carsten Dietz. Klaus Friedrich, für den Biester schon so manchen Trick aus dem Hut zauberte, gehört dem Vorstand ebenfalls an. Da bleibt im Grunde nur die Hoffnung auf einige neue Gesichter im Kreisvorstand – z.B. Sabine Amandi und Monika Vergin.
Der mit nur 14 Stimmen abgestrafte Gerhard Bork warf der Partei Wahlmanipulation vor (sein Name war nicht auf den vorbereiteten Stimmzetteln vermerkt) und trat Anfang April aus der Partei aus.
Ebenfalls kandidiert hatte Dr. Wolf-Dietmar Milger (1 Stimme), der am Tag nach der Mitgliederversammlung das Parteigericht anrief und die Annullierung der Wahlen forderte.

Ausblick

Ob dieser neue CDU-Kreisvorstand in der Lage sein wird, die Wilhelmshavener SPD das Fürchten zu lehren, wird sich in den nächsten Monaten erweisen. Momentan sieht es eher so aus, als wäre der gesamte CDU-Kreisvorstand in einen vorgezogenen Sommerurlaub gegangen.

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