Banter See
Aug 012009
 

Ein schwieriger See

Am Banter See geschieht weiterhin nichts

(hk) Alle Jahre wieder …. Der See blüht und alle tun so, als müssen jetzt erst einmal Heerscharen von Wissenschaftlern her, um Ursachenforschung zu betreiben. Dabei sind die Probleme bekannt, die Ursachen sind bekannt, und die Lösungsmöglichkeiten sind es ebenfalls.

b246031Im Folgenden beziehen wir uns u.a. auf einen Bericht über eine Veranstaltung des Club zu Wilhelmshaven im Jahre 2007 mit dem Oldenburger Professor Schuller, der bis zu seiner Pensionierung an der Universität Oldenburg im Fachgebiet Umweltanalytik und Ökochemie tätig war.

Prof. Schuller befasst sich seit 1987 mit der Problematik des Banter Sees – „ein schwieriger See“, wie Schuller gleich einleitend klarmachte. Schwierig ist der Banter See, weil er eigentlich kein richtiger See ist. Entstanden ist er bekanntlich als zum Kriegshafen gehörendes Hafen- und Werftbecken. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Hafenbecken vom Großen Hafen und damit vom Austausch mit über die Schleusen in den Hafen gelangendes Salzwasser abgetrennt.
Es entstand ein See, der mit einem natürlichen See nichts gemein hat. „Der Banter See ist ein künstlicher See, missbraucht und geschunden“, so Prof. Schuller. An Stelle der schilfbestandenen Uferbereiche (Litoralzone) wird der Banter See von Kaianlagen begrenzt, die eine ‚normale’ Entwicklung des Sees behindern.
Während der jahrzehntelangen Nutzung als Hafenbecken wurden die Fäkalabfälle der Betriebe und Schiffe in den See geleitet. Die technischen Prozesse in dem Militärhafen, die Korrosionsschutzanstriche der Schiffe – alles Quellen des hohen Phosphorvorkommens. Bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gab es auch noch keine Kläranlagenpflicht für die am See angesiedelten Klein- und Freizeitgärtner. So hat sich nach Meinung von Prof. Schuller eine ordentliche Sedimentschicht mit dem entsprechenden Phosphatgehalt bilden können – eine mögliche Ursache für die Blaualgenblüte, die beinahe in jedem Jahr zu Badeverboten im See führt.
Doch das allein kann nicht die Ursache für das massenhafte Auftreten der Blau- oder Cyanobakterien sein. Prof. Schuller schilderte den Vorgang, wie es zur Entstehung der sogenannten Sprungschicht kommt und was diese mit der Entstehung der Cyanobakterien zu tun hat. Es findet keine Durchmischung der unteren Wassermassen mit dem sauerstoffreichen Oberflächenwasser statt. Eine Zirkulation findet nur noch in der oberen, über der Sprungschicht liegenden Deckschicht statt.
Und die Konsequenz daraus? Ins Tiefenwasser sinken alle ‚Leichen’ – von Phytoplankton bis zum Fisch, herab – und werden bakteriell abgebaut. Dazu ist Sauerstoff nötig, der aber wegen der Sprungschicht nicht so schnell von oben nachgeliefert wird. Dadurch werden das Tiefenwasser und das Sediment sauerstoffarm bis -frei. In Folge löst sich das bisher als Eisenphosphat gebundene Phosphat im Wasser und ‚befeuert’ so die nächste Blüte. Da dazu aber Nitrat und Phosphat in bestimmten Verhältnissen benötigt werden, aber im Sommer kaum noch freies Nitrat verfügbar ist, können in dieser Situation nur Blaualgen florieren, da sie den nötigen Stickstoff nicht aus dem Nitrat holen (es gibt ja kaum welches), sondern aus aus der Luft gelösten Stickstoff.
Ein Alleinstellungsmerkmal, das eine konkurrenzlose Stellung ermöglicht. Deshalb baut man als Kleingärtner Gründüngung wie Senf etc. an, da diese in Symbiose mit Knöllchenbakterien leben, die dieses ebenfalls können – eine Düngung des Gartens ist die Folge.

Sommerliche Stagnation

Nach Meinung von Prof. Schuller findet nur dann eine Vermehrung der Cyanobakterien statt, wenn es zu der oben beschriebenen ‚sommerlichen Stagnation’ kommt. Der geringe Salzgehalt von ca. 1 Prozent (Nordsee: 3,5%), die bereits erwähnte hohe Phosphordichte, Wasserverhältnisse, die eine Konkurrenz anderer Organismen ausschließen, der Lichteinfall, die Wärme – das Zusammenspiel all dieser Faktoren begünstigt das massenhafte Auftreten der giftigen Cyanobakterien.
Prof. Schuller empfahl „bei Beachtung aller technischen Möglichkeiten, der am Banter See vorliegenden Randbedingungen und der Kostenfrage“, einen Schwerpunkt der Maßnahmen auf die Sanierung des Umfelds des Sees – unter besonderer Berücksichtigung der Verbesserung seiner Litoralzone – zu legen.
Des weiteren empfahl er, den Versuch zu unternehmen, die „Phosphatbindung im Sediment aus der Abhängigkeit von der Eisenbindung zu lösen“. Dafür könnte, so Schuller, „eine wiederholte Anwendung einer Calcitaufspülung, auch eine Kombination einer Behandlung mit Aluminiumsalzen und Kalkdotierung erprobt werden“.

Freistrahlverfahrenb246032

Dabei geht es auch um das „Durchstoßen“ der oben beschriebenen Sprungschicht. Damit sollen die sauerstoffarmen Bodenschichten beseitigt werden; dass dadurch  gleichzeitig im Sediment vorhandene Nährstoffe freigesetzt werden, ist nicht unwahrscheinlich. Taucher berichteten, dass unterhalb der Quirle die Wassertiefe zugenommen hat, da die leichten Sedimente  „davongeweht“ sind. Nach Meinung von Prof. Schuller würde damit allerdings das Problem, nämlich der hohe Phosphorgehalt, nicht beseitigt, sondern es sei nur als symptomatische und nicht nachhaltige Maßnahme zu betrachten.
Alle technischen und chemischen Vorschläge können die Phosphatgehalte nicht aus dem See entfernen, allenfalls den Übergang des Phosphats vom Sediment ins Wasser behindern. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Wilhelmshaven (BUW) hat 1990 u.a. den Vorschlag gemacht, Nährstoffe aus dem See zu entfernen, indem man sie eingebaut in Organismen aberntet.  „Im Banter See spielen Fische keine entscheidende Rolle, dagegen aber Mies-, Sandklaff- und Herzmuscheln als Großfiltrierer von Phytoplankton. Eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse durch z.B. vermehrte feste Besiedlungsflächen für Miesmuscheln (Pfähle etc.) und ihr regelmäßiges Abernten würde zur Reduzierung der Nährstoffmengen führen“ (Zitat aus einem Offenen Brief an den Rat und die Verwaltung der Stadt Wilhelmshaven – Überlegungen zur Eutrophierung des Banter Sees und Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung – vom 5.6.1990).
Und um die Lebensbedingungen der Muscheln zu verbessern, müsste man eben eine Rohrleitung zur Nordsee bauen und dann in einem langfristigen Prozess den Salzgehalt des Sees erhöhen. Muschellarven etc. kämen von alleine in den See und würden überdauern, weil sich der Salzgehalt langsam erhöht. Dann später zusätzliche Siedlungsflächen anbieten (wie die Muschelkulturen in der Jade) und regelmäßig Ernten wäre eine wirklich nachhaltige Lösung.
Schade, dass seit 1990, nach der ersten stinkenden Blaualgenblüte, fast zwei Jahrzehnte nichts passiert ist. Rechtzeitig begonnen, hätten wir jetzt sicherlich andere Zustände.

Hat sich überhaupt etwas getan?

Natürlich gab es wieder die obligatorischen Algenblüten, und das Freistrahlverfahren ist inzwischen in Betrieb, konnte allerdings die diesjährige Algenblüte auch nicht verhindern. Pünktlich zum ersten Ferientag wurde ein Badeverbot (siehe Kasten) ausgesprochen, das allerdings schon kurze Zeit später wieder aufgehoben wurde.

  •       Nichts getan wurde zur Reduzierung der Schadstoffeinträge, nicht einmal Untersuchungen hierzu sind bekannt geworden.
  •       Keine bekannten Erkenntnisse gibt es über die Belastung der Sedimentschicht, keine Aktivitäten gibt es, um den Salzgehalt des Banter Sees z.B. durch eine Rohrverbindung zum Jadebusen zu erhöhen.
  •       Es gibt auch keine Untersuchungen über die von Prof. Schuller vorgeschlagene Calcitaufspülung;
  •       auch die Schaffung von Uferzonen und die Verbesserung des Seeumfeldes wurden noch nicht in Angriff genommen.

b_banterseeNoch schlimmer ist der Vorschlag zu sehen, den Grodendamm zu öffnen bzw. durch einen Durchstich den Banter See mit dem Kanal zu verbinden. Hier würde sich zum einen der Salzgehalt weiter verringern (Zufluss von Süßwasser aus dem Kanal), die entstehende Trübung des Banter See-Wassers würde vielleicht dafür sorgen, dass die Blaualgenblüte reduziert wird – doch der Banter See wäre um eine Attraktion ärmer: klares Wasser. Was getan wird (Freistrahl) ändert nichts am Entstehen der Blaualgen, sondern bekämpft nur die Symptome. Es geht beim Banter See aber darum, nachhaltige Maßnahmen zu realisieren.
Und da sollte die Initiative der SPD-Ratsmitglieder Norbert Schmidt, Hans-Jürgen Kempcke und Holger Barkowsky, umgehend die einzuleitenden Maßnahmen an einem Runden Tisch zu benennen, schleunigst aufgenommen werden. Wir schließen uns der Aussage Norbert Schmidts an: „Wir sind nicht die Experten, die die Erfolgsaussichten der einzelnen Vorschläge beurteilen können. Aber wir sollten mit Experten einen Maßnahmenkatalog erarbeiten.“
Irgendwann wird es sonst wohl keine Rettung für das letzte Freizeitgebiet Wilhelmshavens mehr geben.


An die Stelle des allgemeinen Badeverbotes ist jetzt ein Aufruf der Stadtverwaltung getreten, doch gefälligst selbst aufzupassen:

Badende sollten selbst darauf achten, wie das Wasser aussieht, in das sie (oder ihre Kinder) gehen. Da Blaualgen hautreizend oder giftig wirken können, sollte man nicht ins Wasser gehen, wenn bereits im knietiefen
Wasser Algen im Wasserkörper oder Schlieren auf dem Wasser sichtbar sind.
„Achten Sie darauf, kein Wasser zu schlucken; denken Sie daran, dass auch Kinder und Kleinkinder gefährdet sind“, warnt die Stadtverwaltung.
„Lassen Sie aus Vorsorgegründen bei einer Blaualgenblüte Kinder nicht mehr im Wasser baden oder am Ufersaum plantschen und spielen.
Insbesondere bei Hunden könne die orale Aufnahme blaualgenhaltigen Wassers zum Tod führen. Hundehalter sollten deshalb ihre Tiere davon abhalten, ihren Durst im See zu löschen oder nach dem Baden ihr Fell und ihre Pfoten zu lecken. Wenn das Wasser klar sei, könne man aber gefahrlos baden.
Es ist unverantwortlich von der Stadt, wenn sie sich mit einem ausgesprochenen Badeverbot aus der Verantwortung stiehlt, ohne dieses auch zu kontrollieren und durchzusetzen. Während des Badeverbotes konnten wir bei Klein Wangerooge Leute baden und Kleinkinder plantschen sehen. Was nützen Verbote, wenn man ihre Einhaltung nicht kontrolliert – dann braucht man keine. Es sei denn, die Stadt will sich nur vor Klagen Geschädigter schützen, statt die Gesundheit ihrer Einwohner im Auge zu behalten.


Gegenwind 246 – Juli/August 2009

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