GVZ
Sep 082009
 

JadeWeserPort und kein Güterverkehrszentrum?

Da sind sich selbst die Befürworter einig, ohne GVZ ist der JWP nur eine Kaikante

Von Joachim Tjaden Bisher waren sich alle einig, dass der JWP als Selbstläufer nicht nur den Hafengroden, sondern auch noch den Voslapper Groden Süd und alle anderen Gewerbe- und Industrieflächen im Raum Wilhelmshaven wie von selbst mit florierendem Gewerbe füllen wird. Die privaten Betreiber solcher ansiedlungswilligen hafenaffinen Betriebe stünden, so war immer wieder gebetsmühlenartig erklärt worden, schon Schlange.

Am 19.08.2009 musste der Rat der Stadt als Koppelgeschäft für einen Grundstücksverkauf der Stadtwerke Wilhelmshaven an das Land Niedersachsen nun eine Zusage zu einer 12 Mio.-Investition verabschieden und tat dies mit den Stimmen von SPD und CDU auch tatsächlich. Wer die beschlossene Vorlage der Verwaltung genauer liest, stellt sich nicht nur die Frage, woher die überschuldete Stadt diese 12 Mio. Euro nehmen wird, sondern auch noch eine ganz andere: Die Beschlussvorlage Nr. 206/2009 mit Datum vom 13.08.2009 lautet: Beitrag der Stadt Wilhelmshaven für Infrastrukturmaßnahmen im Zuge der Realisierung / des Betriebes des JadeWeserPort einschl. Güterverkehrszentrum (GVZ) Auf den ersten Blick sollen die 12 Mio. Euro in die Infrastruktur, also in die reine Herstellung von Flächen, gesteckt werden. In der Begründung heißt es weiter: Die Stadt Wilhelmshaven beteiligt sich, vorbehaltlich der Genehmigung der 1. Nachtragshaushaltssatzung 2009/2010 durch die Kommunalaufsicht, bis zu einer Höhe von maximal 12 Millionen Euro an den Herstellungskosten der Infrastruktur des Hafengrodens einschl. eines Güterverkehrszentrums. Nicht jedem Bürger sind die Begriffe Infrastruktur und Suprastruktur geläufig. Der Unterschied kann für den JadeWeserPort vereinfacht so erklärt werden:

Infrastruktur- Angelegenheit von Ländern, Städten oder Gemeinden:
Für eine ansiedlungswillige Firma stellt die Stadt eine Fläche zur Verfügung und schließt das Grundstück an den öffentlichen Straßenraum, das Energienetz und die Abwasserleitungen an. Auch baut die Stadt bei größeren Grundstücken die nötigen Straßen.

Suprastruktur- Angelegenheit der Firmen:
Auf diesem erschlossenen Grundstück werden von dem Betrieb die nötigen Gebäude erstellt. Auch sorgt der Betrieb für den Anschluss seiner Gebäude an Straßen, Energieversorgung und Abwasserkanal.
Eine Investition aus öffentlichen Kassen in die Suprastruktur ist ganz klar eine unerlaubte Subvention. Beim Hafengroden handelt es sich um eine Fläche, die vom Land Niedersachsen durch Aufspülung hergestellt wird. Dieser Hafengroden muss, wenn er vom Land fertiggestellt wurde, noch an das Straßennetz angeschlossen und auf der Fläche müssen Straßen und Wege hergestellt werden. Es fehlen dann noch die Anschlüsse für Strom, Wasser und Abwasserkanal. Die Kosten für diese Anschlüsse sind schon in anderen Haushalten eingestellt (etwas über eine Mio. Euro z.B. stehen für den Kanalanschluss des Hafengrodens im Haushalt der WEB). Demnach müssten, wenn die Gelder nur in Infrastrukturmaßnahmen gehen sollen, die 12 Mio. Euro der Stadt und ein etwa gleich hoher Betrag des Landes, zusammen dann 22 – 24 Mio. Euro, in die Straßenzufahrt und die Erschließungsstraße fließen. Selbst wenn man dabei sehr großzügig mit den Geldern umgeht, dürften dafür wohl 2 – 4 Mio. Euro ausreichend sein. Und spätestens jetzt muss dem aufmerksamen Bürger ein Licht aufgehen. Laut Beschluss sollen die Gelder für Herstellungskosten der Infrastruktur des Hafengrodens einschl. eines Güterverkehrszentrums verwendet werden. Ganz aktuell stellt eine Pressemitteilung die städtische Investition in den Hafengroden und ein GVZ noch weiter auf den Kopf. Die städtischen Millionen sollen bekanntlich über eine neue Gesellschaft und dann in Zusammenarbeit mit der JWP-Immobiliengesellschaft ausgegeben werden. Da gibt es aber auch noch die JadeWeserPort Logistik Zone GmbH, die sich (auch) mit der Vermarktung des Hafengrodens beschäftigt und sich nun in einer Pressemiteilung äußert. Auf dem Weg zu einem Güterverkehrszentrum (GVZ) beim JadeWeserPort ist die Logistics Zone GmbH nach der Pressemitteilung einen wichtigen Schritt vorangekommen: Seit wenigen Tagen ist das Unternehmen Mitglied in der deutschen GVZ-Gesellschaft (DGG). Außerdem verspricht sich Logistics-Zone-Geschäftsführer Jens Briese einen Vorteil bei der Vermarktung der Flächen auf dem 160 Hektar großen Hafengroden hinter dem Containerterminal. Ab 2011 soll gebaut werden.

Hat die Verwaltungsspitze davon tatsächlich auch nichts gewusst ?
Aber zurück zur Vorlage: Wer Vorlagen der städtischen Verwaltung, besonders solche aus der Kämmerei, kennt, liest hier einen ungewohnt nicht eindeutigen Text. Aber warum? Die Antwort kann ganz einfach sein: Der JadeWeserPort wird zwar gebaut, aber die angeblichen Schlangen privater Investoren gibt es nicht. Wenn aber auf dem Hafengroden gar nichts passiert, ist der JWP für jeden Bürger als absoluter Reinfall klar zu erkennen. Damit die Bürger dies nicht merken, wollen nun Land und Stadt in die Bresche springen und auf dem Hafengroden selbst ein Güterverkehrszentrum entwickeln und betreiben. Wie schon beim Bau des JadeWeserPorts, der eigentlich mindestens zu 50 % aus privaten Mitteln finanziert werden sollte und dann ein 100%-Steuergeldhafen wurde, wird jetzt in gleicher Weise aus den angeblich vielen privaten Investoren ein einziger öffentlicher Investor. Damit wird auch verständlich, warum der OB in der Ratssitzung schon einmal durchblicken ließ, dass man wohl noch eine neue Gesellschaft gründen müsste. Diese neue Gesellschaft braucht man aber nur, wenn die Gelder außerhalb des Aufgabenbereiches der schon längst gegründeten JWP-Grundstücksvermarktungsgesellschaft verwendet werden sollen. Auch das deutet mehr als deutlich darauf hin, dass die 12 Mio. nicht in Infrastruktur und Vermarktung fließen werden, sondern in Bau und Betrieb des viel gelobten GVZ. Und der Rat der Stadt Wilhelmshaven kann jetzt nicht einmal mehr Einfluss nehmen. Wenn der OB zusammen mit dem Land ein Güterverkehrszentrum plant, baut und später auch betreiben will, hat ihm der Rat der Stadt Wilhelmshaven dafür alle nötigen Beschlüsse und Gelder schon genehmigt. Wie man die Sache auch dreht und wendet, aus der Höhe der Beteiligung der Stadt, der präzise ausgedachten Wortwahl des Beschlusses und der dazugehörigen Begründung kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen. Die 12 Mio. Euro der Stadt plus 12 Mio. Euro des Landes können unmöglich nur für Infrastruktur auf der kleinen Hafengrodenfläche Verwendung finden. Sollten wir schon einmal das GVZ-Bauschild in Auftrag geben ?

IF

Das kann nicht sein? Der Schlusssatz der Begründung lautet: Es gibt zwischen Stadt und Land Überlegungen, den Betrag mit weiteren Mitteln zur Herstellung der Infrastruktur des Hafengrodens und zu ersten Planungen für ein Güterverkehrszentrum zu verwenden.

Die städtische Gesellschaft Nr. 51 wird sicher ein echter Gewinnbringer für die Stadt.
Schließlich muss man bei all dem nicht vergessen, dass hier 2700 neue (städtische) Mitarbeiter neue Arbeitsplätze finden. Und die Hochrechnungen der kommunalpolitischen Vertreter von CDU und SPD schaffen sogar mehr als 5000 Arbeitsplätze. Um die JWP-Pleite zu komplettieren, fehlt nur noch, dass die Eurogate den Betrieb des JWP im Jahr 2012 nicht aufnehmen will. Dann müsste auch hier die öffentliche Hand einspringen und das Land Niedersachsen rund 350 Mio. Euro für Umschlagbrücken und VAN-Carrier in ihren Haushalt stellen. Natürlich würde das Land dann auch gleich Terminalbetreiber des JWP.

Die Begründung des hierzu nötigen Beschlusses könnte dann wie folgt lauten: Auf Grund der Weltwirtschaftskrise kann die Eurogate nicht rechtzeitig zur Inbetriebnahme des JadeWeserPorts ab dem Jahr 2011 rund 350 Mio. Euro in die Suprastruktur des JadeWeserPorts investieren und hat von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch machen müssen. Es kann nicht im Sinne des Landes Niedersachsen sein, die Hafenflächen des Landes auf dem JWP längere Zeit ohne Umschlag ruhen zu lassen. Da es sich um ein herausragendes Projekt für das Land Niedersachsen handelt, mit welchem bis zu 5600 Arbeitsplätze verbunden sind, muss das Land Niedersachsen die Inbetriebnahme des JadeWeserPorts im Jahr 2012 mit allen Mitteln sicherstellen. Dies ist auch für die strukturschwache Region Wilhelmshaven von herausragender Bedeutung. Eine 10%ige Beteiligung der Stadt Wilhelmshaven wurde zwischen Stadt und Land vorbehaltlich der Genehmigung des Landeshaushaltes fest vereinbart.

Aber ich möchte hier nicht vorwegnehmen, was vielleicht in 2 Jahren bittere Wahrheit sein könnte.


Träume sind Schäume

In 2001/02 kauften die Stadtwerke das ca. 100 Hektar große – im Voslapper Groden Süd gelegene – Erweiterungsgelände der Raffinerie auf. Offenbar hat man sich davon versprochen, damit die im Rahmen des JadeWeserPorts (JWP) generierte Nachfrage nach Gewerbegrundstücken befriedigen zu können. Spätestens, als in einem Gutachten darauf hingewiesen wurde, dass die Ansiedlung hafenaffiner Betriebe hinter der Kaikante kein Selbstläufer sei, und seit die Landesregierung die Vermarktung des aufgespülten Hafengrodens auf die Prioritätsliste gesetzt hat, muss sich wohl die Einsicht durchgesetzt haben, dass eine erfolgreiche Vermarktung des Voslapper Grodens mit vielen Ungewissheiten verbunden sein würde. Wie eine Bombe muss seinerzeit auch die Mitteilung der EU eingeschlagen sein, dass sie beantragte Fördermittel für den JWP zurückhalten werde, solange der Voslapper Groden nicht zum Naturschutz- bzw. EU-Natura 2000-Gebiet erklärt worden sei. Da das Raffineriegrundstück auf Kredit erworben wurde, drückt jetzt die durch anwachsende Verschuldung Jahr für Jahr steigende Zinslast auf den Etat der Stadtwerke. Deshalb möchte man das Grundstück jetzt wieder loswerden. Und da weit und breit kein privater Investor in Sicht ist, hat man es beim Land Niedersachsen versucht. Doch die Landesregierung will das so nicht akzeptieren und verlangt von der Stadt, dass diese die 12 Mio. Euro, die sie im Gegenzug für den Aufkauf der städtischen Grodenfläche erhält, gleich wieder für eine Beteiligung an der Infrastruktur und einem Güterverkehrszentrum auf dem neuen Hafengroden herausrückt. Dies hat die traditionelle SPD-CDU-Koalition für großindustrielle Anlagen im seeschifftiefen Wasser im Rat der Stadt Wilhelmshaven denn auch am 19. August so beschlossen. Trotz alledem hält die Stadt Wilhelmshaven (erst jüngst wieder durch den Mund des OB Menzel) weiter an dem Ziel fest, das Naturschutzgebiet Voslapper Groden Süd in ein hafenaffines Gewerbegebiet umzuwidmen. Doch von den rechtlichen Hindernissen mal ganz abgesehen: Zunächst mal hat der Rat der Stadt Wilhelmshaven mit der Zustimmung zum Bebauungsplan 211 (Hafengroden) die Errichtung einer weiteren 2 Meter hohen Lärmschutzwand für die wertbestimmenden Vogelarten im Naturschutzgebiet Voslapper Groden Süd abgenickt. Die Wortführer des SPD-CDU-Zweckbündnisses scheinen also – ungeachtet ihrer öffentlichen Erklärungen – der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sie keine belastbaren Konzepte dafür haben, wie man hafenaffine Betriebe in einem überschaubaren Zeitraum in den Voslapper Groden locken kann.

Jochen Martin

 

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